Kalia

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Am nächsten Morgen wachte ich mit schrecklichen Kopfschmerzen auf. Diese Nacht hatte ich weniger gut geschlafen, weshalb ich mich nur an wirres Zeug erinnern konnte. Ausnahmsweise hatte ich keinen Klartraum gehabt, was mich wunderte, da mein ,,trüber" Traum wirklich verrückt gewesen war:

Ich sitze zusammen mit Selene auf einem orange-gelb gestreiften Lama, das eine Latzhose trägt. Das Lama breitet seine Flügel aus und erhebt sich in die Lüfte. Ich klammere mich an seinem Hals fest, damit ich nicht herunter falle. ,, Wuhuu!", schreit Selene freudestrahlend. ,, Ich liebe es auf einem Lama zur Schule zu fliegen! Das hat Style!" Ich muss kichern: ,, Das müssen wir ab sofort jeden Tag machen! Kann das Lama uns auch wieder abholen?" ,, Leider nicht. Da müssen wir uns wohl oder übel mit dem blauen Frosch begnügen!", erwidert Selene mit einem bedauernden Unterton. ,, Ein blauer Frosch?! Igitt! Da nehm ich lieber doch den Bus!", rufe ich entrüstet.

Als ich mir meinen Traumtagebucheintrag nochmals durchlas, musste ich unwillkürlich anfangen zu lachen, was mich meine Kopfschmerzen beinahe vergessen ließ. Trotzdem nahm ich eine Aspirintablette mit einem Schluck Wasser zu mir, damit ich den restlichen Schultag schmerzfrei überstand.

In der Schule begann mein Tag mit zwei entspannenden Stunden Kunst. Ich hatte einen netten Fensterplatz, von dem aus man Blick auf fast den gesamten Pausenhof hatte. Ein Mädchen namens Cynthia mit kurzen rot gelockten Haaren saß rechts neben mir und schien in ihr Bild vertieft zu sein. Da unser Kunstlehrer Mr. Mikael uns kein Thema gegeben hatte, durfte jeder malen, was er wollte. ,, Ihr müsst die Kunst fühlen, um sie auf ein Blatt Papier übertragen zu können!", wies er uns an. Zugegebenermaßen war Cynthia ziemlich talentiert. Sie zeichnete einen Blitz umgeben von dunklen Gewitterwolken, die sich über dem stürmischen Meer befanden. Es bestand kein Zweifel, dass sie die Kunst fühlte. ,, Du kannst echt gut zeichnen", bemerkte ich und schaute auf mein Blatt, das bis auf ein paar Blumen noch ganz weiß war. ,, Danke", sie strich sich lächelnd eine ihrer Locken aus dem Gesicht. ,, Kunst ist mein Lieblingsfach und so ziemlich das einzige Fach, das ich nie schwänze." ,, Kann ich verstehen. Ich hätte lieber den ganzen Tag Kunst, wenn ich dafür zwei Stunden Mathe entgehen könnte", antwortete ich lachend. Kurz darauf kündigte die Schulklingel das Ende der Stunde an und ich sah zu, wie sich Cynthia hastig aus dem Staub machte. Mein Blick fiel auf ihr schwarzes Federmäppchen, das noch auf ihrem Platz lag und in dem sich all ihre Zeichenstifte befanden. ,, Cynthia, warte!", rief ich ihr nach, aber sie war schon aus dem Kunstsaal verschwunden. Ich beschloss es für sie aufzubewahren und es ihr in der nächsten Kunststunde mitzubringen. In der Mittagspause gesellten sich wieder Selene und Riley zu mir. Ich fand, dass die beiden ein süßes Paar abgeben würden, verkniff mir aber einen Kommentar darüber. ,, Wollen wir uns noch ein bisschen draußen hinsetzen und das schöne Wetter genießen?", fragte uns Selene lächelnd, als wir aufgegessen hatten. ,, Ja, gute Idee", ich schnappte mir meine Tasche und zu dritt suchten wir uns einen sonnigen Platz auf dem Pausenhof. ,, Was für ein traumhaftes Wetter!", rief ich und genoss die angenehm wärmenden Sonnenstrahlen auf meiner Haut. ,,Wer weiß wie lange wir das noch genießen können, bis es kälter wird", fügte Riley nachdenklich hinzu. Auf einmal sah ich Cynthia mit schnellen Schritten über den Hof laufen. ,, Cynthia hat ihr Mäppchen in Kunst vergessen, ich bring es ihr kurz!", erklärte ich meinen Freunden. ,, Cynthia?!", riefen Selene und Riley wie aus einem Munde und starrten mich entsetzt an. ,, Ihr Ruf hier an unserer Schule ist nicht gerade der Beste. Sie hängt immer mit den Badboys herum und schwänzt andauernd den Unterricht. Glaub mir, es wäre besser, wenn du dich von ihr fern hältst", riet mir Selene. ,, Danke für den Rat, dann sollte ich ihr so schnell wie möglich ihr Eigentum zurückgeben." Mit diesen Worten rannte ich in die Richtung, in die Cynthia gerade verschwunden war. In einer dunklen Ecke entdeckte ich schließlich ihren Rotschopf. Sie lehnte neben einem dunkelhaarigen Jungen an einer Wand und war gerade dabei sich eine Zigarette anzuzünden. Plötzlich überkam mich ein ungutes Gefühl bei der Sache und ich überlegte besser umzukehren. ,, Hey! Was willst du hier?", stellte mich der dunkelhaarige zu Rede. Jetzt war es zu spät, um wegzulaufen. Langsam kam ich auf die beiden zu, während ich in meiner Tasche nach Cynthias Mäppchen kramte. ,, Das hast du bei Kunst vergessen", sagte ich unsicher und hielt ihr ihr Eigentum entgegen. ,, Oh, danke. Nett, dass du extra hierher gekommen bist, um es mir zu bringen", bedankte sie sich und nahm mit einem freundlichen Lächeln ihr Mäppchen entgegen. ,, Kein Problem", antwortete ich gelassener und wollte die beiden wieder allein lassen. ,, Warte mal! Wie heißt du eigentlich? Am Anfang des Schuljahres hab ich irgendwie nicht aufgepasst", fragte sie mich mit einem entschuldigendem Lächeln. ,, Kalia", antwortete ich knapp. ,, Dann noch Mal Danke, Kalia."

Als ich zu Selene und Riley zurück kam, bedachten mich beide mit einem neugierigen Gesichtsausdruck. ,, Wir waren gerade dabei eine Wette abzuschließen, ob dich Cynthia auffrisst, aber offenbar hast du überlebt", witzelte Riley. ,, Eigentlich ist Cynthia gar nicht so schlimm. Allerdings hat mir ihr Freund ein bisschen Angst eingejagt", gab ich zu. ,, ALLE Freunde von Cynthia sind angsteinflößend", versicherte mir Selene. ,, Da möchte ich ihre anderen Freunde lieber nicht kennenlernen", antwortete ich, woraufhin wir drei lachen mussten. Auf meinem Nachhauseweg sah ich wie Cynthias Badboy-Freund auf seinem roten Motorrad davonbrauste. Einen Typen wie ihn sollte man besser nicht verärgern. Ich beschloss Selenes Rat zu befolgen und mich fürs erste von Cynthia außerhalb des Kunstsaals fernzuhalten. Schließlich wollte ich mir an meiner neuen Schule keine Feinde machen. 

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 11, 2015 ⏰

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