Fremde Jacken

275 16 3
                                    

Den nächsten Tag verbrachte ich wieder in der Schule. Miles fuhr mich ausnahmsweise zur Schule, aber auch nur weil ich den Bus verpasste. Ja, netter Kerl.
Ich hatte nur bis 12 Uhr Schule und konnte Miles mit einem Snickers bestechen, im Gegenzug fuhr er mich wieder nach Hause. Mom hatte den Rest der Lasagne aufgewärmt und sass schon wartend am Küchentisch als wir herein spazierten. Irgendwas stimmte nicht. "Mom, was ist hier faul?" Fragte Miles und wir blieben beide auf halbem Weg zum Tisch stehen. "Setzt euch doch erst Kinder." Sie lächelte nervös und begann am Tischtuch zu fummeln. Als wir sassen fuhr sie fort: "Wie ihr wisst, wollten wir in den Herbstferien an die Westküste. Naja, nun hat mir mein Boss die Ferien gestrichen." Ich keuchte entsetzt auf und Miles schlug mit der Faust auf den Tisch. "Beruhigt euch. Ihr wisst dass ich euch die Ferien nicht vorenthalten könnte. Deshalb hab ich mit Clara geredet. Sie fahren ans Meer, Malibu! Und ihr könnt mit ihnen und der Familie Kurtis mitgehen!" Miles jubelte und Mom lächelte zufrieden. Ich zwang mir mein Lächeln auf. Das Problem: Clara ist Charlie's Mutter. Ich war schon oft mit ihnen in den Ferien und das war immer super. Aber, Kurtis ist Noah's Familie. Noah mit inbegriffen. Super. "Verdienst du dann wenigstens fette kohle wenn du schon in den Ferien schuften musst?" Fragte Miles mit vollem Mund. "Klar. Übrigens, du bist ein Schwein." Antwortete unsere Mutter nachdem sie geschluckt hatte. "Was habt ihr heute noch so vor?" Fragte unsere Mutter interessiert während ich gedankenverloren in meinem Essen stocherte. "Ich treff mich mit meinen Freunden." Sagte Miles. "Und du?" Er drehte sich zu mir und grinste mich verschmitzt an. "Ich wollte zu Finn in den Laden gehen und ihn fragen ob ich mehr arbeiten könnte." Mom sah mich prüfend an. "Mehr arbeiten? Sag mir nicht es ist wegen Pie-" "Nein Mom! Gott! Ich hab nur nichts zu tun, ausser lernen." Ich verdrehte wieder meine Augen und fing an zu essen. "Sag ich's doch. Pieter." Genervt erhob ich mich vom Tisch. Ich schnappte mir mein Skateboard und eine Jacke von Miles. Meine lag in meinem Zimmer und ich war zu faul sie zu holen.
Das Glöckchen ertönte als ich den kleinen Laden betrat, es war einer unserer Stammkunden da und hörte sich die neusten Platten an und emand anderes kramte in den CD's. Ich begab mich in einen der hinteren Räume, Finn's Büro. Ich entdeckte ihn zwischen ein Paar Kisten neuer Lieferung und hohen Papiertürmen. Ich hatte ihm einmal versprochen mit ihm zusammen aufzuräumen und den Kram auszumisten doch er fand immer eine ausrede. Irgendwann würde er hier ersticken. Oder begraben werden.
"Hey Finn?" Er wirbelte herum und sah mich erschrocken an. "Oh hey Roxy! Was machst du denn hier? Du arbeitest doch erst morgen?" Er kam zu mir rüber und wischte sich erstmal den Staub von der Hose. "Ich wollte fragen ob ich hier öfter arbeiten kann?" Er sah mich überrascht an, musste jedoch schmunzeln. "Ich wusste du würdest mich das irgendwann mal fragen!" Wir verliessen das Büro und gingen stattdessen in die kleine Garderobe, wo ich meine Sachen in einem der zerbeulten Spinde deponierte. "Du erleichterst mir damit mein Leben! Weisst du, ich muss ab jetzt viel öfter in meinem Laden in der third Avenue arbeiten und um da noch mehr Leute anzustellen hab ich sowieso nicht genug Kohle." Ich nickte verstehend. "Fang doch gleich an!" "Cool! Danke!" Dass das so einfach klappt? Das hätte ich mir nicht gedacht.
Ich stand an der Kasse, einige Leute hatten schon etwas gekauft, gesucht oder bestellt. Das Geschäft lief gut, keine frage. Gerade stöberte ich in einer der Kisten, als ER den Laden betrat. Noah. Ich zog mir die Kapuze über den Kopf und drehte mich wieder zu den Kisten, in der Hoffnung er würde mich nicht entdecken. "Entschuldigung?" Mist! Er suchte etwas! Warum kann er denn nicht einfach wieder gehen? "Entschuldigung?" Ich drehte mich mit einem Lächeln zu ihm und streifte mir unauffällig die Kapuze vom Kopf. "Oh hey Noah?" "Oh hi Roxy! Arbeitest du hier?" Ich konnte die Nervosität die zwischen uns herrschte spüren. Es war nicht mehr so wie früher. Nicht mehr locker, unbeschwert. Angespannt. "Ehm ja das tu ich. Genau." Er liess seinen Blick durch den Raum gleiten, "Das ist cool! Ich bin grad auf Erkundungsgang in der Stadt. Es hat sich viel verändert." "Mhhm." Seine Augen trafen meine bevor sie weiter unterhalb Hängen blieben. "Ist das meine Jacke?" Ich sah an mir runter und bemerkte beschämt dass Miles keine solche Jacke besass und Noah Charlie doch gestern sogar noch informierte als ich mit ihr telefonierte. "Oh ich dachte die gehört Miles. Tut mir leid ich hätte sie dir heute geben sollen." Ich entledigte mich sofort von ihr und streckte sie ihm entgegen. "Ach halb so schlimm! Kann einem doch passieren." Er streckte seinen Arm um sich seine Jacke zu nehmen, doch auf halbem Weg stoppte er und macht stattdessen eine wegwerfende Handbewegung. "Weisst du was? Behalt sie noch, heute ist es so frisch draussen. Wir wollen doch nicht dass der Dino friert." Mein Herz setzte für eine Sekunde aus und auch er sah so aus als würde er gerade über seine Worte nachdenken. Der Dino. Das hatte er früher oft gesagt. "Uhm, was suchst du?" Er setzte wieder sein Grinsen auf und sagte mir was er brauchte. Ich musste es für ihn bestellen und er sah sich noch ein wenig im Laden um. Mein Blick huschte immer wieder zu ihm rüber und ich konnte es nicht zügeln. Er hatte sich wirklich verändert. Äusserlich aber auch innerlich. "Ist das dein Board?" Er hatte mein Skateboard hinter der Theke entdeckt und musterte es interessiert. "Ja er gehört mir." "Ach stimmt. Die Boards haben Namen. Wie heisst Er denn?" Es war ihm deutlich anzusehen dass er sich sehr darüber amüsierte, doch ich wusste er zog es nicht ins lächerliche. "Billie. Billie Joe Armstrong." Sagte ich mit einem Grinsen und sah zu meinem Board rüber. "Gibt es hier denn in der Nähe einen guten Skaterladen?" Verwundert zog ich eine Augenbraue hoch. "Du Skatest wieder?" Schon nur die Vorstellung machte mich nervös. Er war ein begehrter Skater gewesen, doch als er in die Klinik kam musste er damit aufhören und nach Charlie's Erzählungen hatte er auch nie wieder damit angefangen. "Ich beginne wieder." Er zwinkerte mir zu und ich schüttelte lachend den Kopf. "Burn Out, in der second Street, gleich in der Nähe des Parks. Ich schreib dir die Adresse auf." "Cool, danke." Ich kritzelte die Adresse auf einen Block und drückte ihm den Zettel in die Hand. "Deine Bestellung wird in etwa drei bis vier Tagen hier sein." "Okay! Tschau Roxy." Er lächelte mich noch einmal an, bevor er sich zur Tür drehte und sie öffnete. "Danke für deine Jacke!" "Kein Problem!" Die Klingel ertönte und nun war ich alleine.

Oh NoahWo Geschichten leben. Entdecke jetzt