Kapitel 1

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Alexas POV

Es war ein sonniger Augusttag, um genau zu sein Donnerstag, der sechste August. An sich nichts Besonderes, würde nicht morgen Dad wiederkommen. Ich hatte ihn jetzt mehr als ein Jahr nicht mehr gesehen, aber dieses Mal würde es kritisch werden. Denn sein Arbeitszimmer war unser Bandraum geworden.

Die Band ForTune, bestehend aus den fünf unzertrennlichen Freunden Liam, Tom, Mary, meiner Zwillingsschwester Scarlett und mir, gegründet am 21. August vor fast einem Jahr, wurde von unserem gemeinsamen großen Traum zusammengehalten: Wir wollten berühmt werden. Wir träumten nicht nur davon, wir glaubten fest daran. Es war schwer, in unserem Alter so etwas durchzuziehen, aber wir waren dazu geeignet. Ein Grund mehr, weshalb wir berühmt werden würden. Ich war mir da sicher. Aber morgen würde ein weiterer bedeutender Tag in der Geschichte von ForTune werden: Scarlett und ich würden unserem Vater mitteilen, dass wir in einer Band spielten.

Unser Dad war ein berühmter Dirigent, ständig irgendwo unterwegs und selten zu Hause. Er war begeisterter Verfechter der klassischen Musik, weshalb er uns auch dazu erziehen wollte. Doch irgendwie strebten wir nicht in seine Richtung. Wir wollten keine Oma-Musik machen, wir wollten Songs schreiben und performen. Nun ja, ich erhielt Klavier- und Gesangsunterricht, konnte auch auf dem Klavier einiges von Chopin, Mozart und Beethoven vorspielen, sang einige Arien, aber in Wirklichkeit übte ich mehr Improvisation, Akkordspiel oder spielte Rockballaden, sang moderne Sachen und ging nicht mehr in den Chor. Okay, das ist schon lange her, aber naja. Dad glaubte, ich würde brav Klavier spielen und singen, doch ich, naja, tat es halt nicht. Bei meiner Schwester Scarlett war das komplizierter: Scar spielte Saxophon, widerwillig im Blasorchester, und schlug damit schon viel zu wenig den klassischen Weg ein, wie Dad meinte, aber er wusste noch nicht, dass Scar seit zwei Jahren Schlagzeug spielte. Als er letztes kam, hatten wir das Schlagzeug abgebaut und zu Tom, meinem besten Freund, gebracht, damit er es nicht sah, aber dieses Mal ging das nicht. Saxophon war ein typisches Jazzinstrument, und nicht so typisch in der Klassik, aber Dad wollte es einfach nicht wahrhaben. Nun ja, und dieses Mal würde er erfahren, dass seine noch zehnjährigen Töchter in einer Band spielten und überhaupt nicht nach ihm kamen, sondern ihren eigenen Willen durchsetzen wollten. Mir graute jetzt schon vor seiner Reaktion. Mum, Geschäftsfrau, wollte, dass wir ihre Laufbahn einschlagen würden, aber solange unsere Schulnoten okay waren, wollte sie uns alles gönnen, was wir wollten. Sie finanziere unseren Unterricht und unsere Instrumente und duldete, dass die ganze Rasselband von ForTune in unserem Haus probte.

Ich blickte mich in unserem Probenraum um. Überall waren Kabel verlegt, um Lautsprecher, Verstärker, Mischpult, Mikro und die Instrumente zu verbinden. Puh, das würde lange dauern, das wegzuräumen, aber ich machte mich an die Arbeit. Dad sollte nicht gleich einen Schock erhalten, wenn er reinkam. Mum arbeitete in ihrem Büro und Scar war bei Mary, die beiden spielten irgendwie Saxophon und Klavier mal zusammen und damit ich aufräumen konnte, waren sie zu Mary gegangen. Jetzt räumte ich ganz alleine auf. Na toll. Ich stöpselte alle Kabel ab und verstaute sie in Kisten und Kartons im Schrank. Dann sammelte ich die herumliegenden Noten ein. Besonders Liam schien keine Lust zu haben, zu Hause zu üben. Na gut, er zockte sowieso nur und Bassisten sind ja angeblich immer so eine Sache... Ich tat alle Noten in eine Mappe und verstaute diese in den Tiefen meiner Notentasche. Dann drehte ich mich um und sah ein großes Poster an der Wand.

„ForTune" stand mit riesigen Buchstaben dort und dann waren da überall Fotos von uns.

„21. August, Gründung" stand unter einem Foto, auf dem Liam, Tom, Scar und ich breit in die Kamera grinsten. Verdammt waren wir damals noch klein und kindisch. Im Hintergrund sah man nur die verdunkelten Fenster und die Sitzkissen von damals... das waren gute Zeiten. Das nächste Foto war zwei Wochen später geschossen worden, darauf war Mary zu sehen, wie sie ihren Schwur leistete. Von sämtlichen Proben und auch unseren ersten kleinen Konzerten waren Fotos. Ein anderes Foto zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Man sah Tom, Mary, Scar und mich um den Computer sitzen, mit Webcam und Mikro ausgestattet (Liam hatte fotografiert) Ich musste in Gedanken an diesen Tag lächeln...

Can we survive?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt