Kapitel 2

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Scarletts POV

Mein Mund stand offen. Warum war Dad jetzt schon da? Obwohl ich mir Sorgen machte, was er zu meinem Schlagzeug sagen würde, rannte ich auf ihn zu und schlang meine Arme um ihn. Seit einem Jahr hatte ich ihn nicht mehr gesehen.

"Hallo Scarlett.", lachte Dad, ehe ich auf den Fußweg fiel, weil Ale mich zur Seite schubste und ihn umarmte.

"Hallo Alexa.", lachte Dad auch diesmal, ehe er uns ins Haus folgte und uns Essen vorbereiten ließ, während er meine Mum im Arbeitszimmer besuchte.

"Warum ist er jetzt schon da?", flüsterte ich Ale zu.
"Weiß nicht", antwortete sie nur. Ich zuckte die Schultern und holte Teller aus dem Schrank.

Als wir alle am Tisch saßen, rang ich mich endlich durch, zu fragen: "Dad, warum bist du heute gekommen? Wir haben erst morgen mit dir gerechnet."

"Ich habe glücklicherweise einen Flieger eher bekommen. Ich wollte meine liebe Familie nicht noch länger warten lassen.", sagte Dad und lächelte.

Wir lächelten auch alle und es trat betretenes Schweigen ein, bis...

"Wie sieht es eigentlich mit eurer musikalischen Bildung aus?"
"Ich habe jetzt das vierte Jahr Musiktheorie erfolgreich abgeschlossen...", sagte ich.
"Ich auch. Klavier und Gesangsunterricht geht voran.", sagte Ale.
"Ich spiele nachwievor Saxophon im Orchester, und jetzt neuerdings auch Schlagzeug."

"Scarlett...", begann Dad.

"Dad, das ist ihr Traum", unterstützte Ale mich, "außerdem hast du immer gesagt, wie wichtig Rhytmus ist! Nur mit ihrer Hilfe habe ich die Mondscheinsonate auf dem Klavier hinbekommen!"

"Okay, okay, ich sehe ein, ich sollte euch machen lassen, was ihr wollt.", gibt Dad bei.

"Da ist nochwas, Dad...", sagte ich vorsichtig.
"Wir haben mit drei Freunden...", fuhr Ale fort.
"...eine Band gegründet.", beendete ich den Satz.

"Das ist doch okay, ihr macht eure Musik, lernt ein bisschen was und sobald es soweit ist, studiert ihr Musik. Klassik, natürlich.", sagte Dad, auch wenn es nicht so ganz überzeugt klang. Es wäre ihm lieber, wenn wir im Orchester spielen würden. Aber...

Ich blickte Ale suchend an. Was sollten wir tun?

"Aber Dad, das ist unser Traum! Das ist nicht nur Freizeit, das ist Leben, Schicksal, Bestimmung! Dad, bitte, sieh ein, dass wir nicht Klassik studieren werden! Wir leben hier und jetzt in dieser verdammten Band!"

Stille. Dad sagte nichts. Er sah mehr als nur enttäuscht aus... verärgert. Ale blickte mich verzweifelt an, was ich durchaus verstehen konnte.

"Lasst mich und eure Mutter bitte kurz alleine.", sagte Dad und wir standen auf. Dad würdigte uns keines Blickes. Wie auch, wenn wir seine Hoffnungen auf erfolgreiche Kinder zerstört hatten? Wir würden zwar erfolgreich werden, aber anders...


Ale und ich trotteten die Treppe rauf. Als wir in unserem Zimmer ankamen, sackte ich auf meinem Bett zusammen.

"Scheiße, scheiße, scheiße...", murmelte ich.

"Kacke!", schrie Ale und sprang im Zimmer rum. Ich stand auf und verließ den Raum wortlos. Ich wollte zu meinem Schlagzeug.

Kaum hatte ich die Sticks in der Hand, legte ich los und überstieg garantiert den geduldeten Lärmpegel, aber wie sollte ich meinem Frust sonst Luft machen?

Ale kam rein und formte mit ihren Lippen das Wort "Tom". Ich nickte. War klar, dass sie zu Tom gehen würde. Ich fragte mich langsam, ob die beiden wirklich nur beste Freunde waren oder ob da mehr war... was in diesem Alter echt beschissen wäre. Egal. Ich war Ales Schwester und das ging mich einen Scheißdreck an.

Can we survive?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt