Teil 2

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Ich höre auf mir die Haare zu kämmen und schaue auf die Leiche zu meinen Füßen. Er hieß Serge. Ich war ein Freund meines Vaters. Ich wollte ihn nicht heiraten. Mein Vater zwang mich dazu.

Vor knapp einem halben Jahr belauschte ich ein Gespräch zwischen den beiden. Ich stand oben im Flur. Sie waren im Wohnzimmer.

"Ich will jetzt endlich mein Geld!", Serges Stimme klang wütend und fordernd, "Die Frist ist abgelaufen!". Mein Vater schien auch bei ihm Schulden zu haben. Wie eigentlich bei jedem aus der Stadt. Damals wusste ich nicht genau mit wem mein Vater sprach. Die Stimme kam mir bekannt vor, doch seine Freunde sah ich nur selten. Vielleicht einmal im Jahr, wenn überhaupt. Er hielt sie so gut es ging fern von mir. Die Männer finden mich schön. Das weiß ich. Wäre ich ein Mann würde ich es vermutlich auch tun. Ich hab schwarzes langes Haar, welches mir in Wellen um die Schulter fällt, leuchtend blaue Augen, eine schlanke Figur und feine Gesichtszüge.

Ich weiß nicht ob er sie fern hielt um mich zu beschützen oder aus Angst, dass er irgendwann niemanden hat der seinen Haushalt schmeißt. Ich vermutete eher letzteres.

"Ich hab dein Geld nicht. Gibt es nicht irgendetwas anderes was ich tun kann um meine Schulden zu begleichen? Ich könnte sie in deiner Kneipe abarbeiten oder..."

"Du? Arbeiten? Das ist doch ein Witz. Du wärest mir nur ein Klotz am Bein und würdest meine Bar leer saufen!"

„Bitte Serge! Irgendetwas muss es doch geben!" Ich hatte meinen Vater noch nie betteln gehört. Ich fand es auf eine merkwürdige Art befriedigend ihn mal in der Rolle des Schwächeren zu erleben.

Serge ging nicht darauf ein. Er sagte nur: „ Du hast eine wirklich schöne Tochter. Weißt du das? Sie sieht ihrer Mutter wirklich zum verwechseln ähnlich."

„Ich weiß", sagte mein Vater mit zusammengepressten Zähnen.

„Wie alt ist sie jetzt? 18? 19?"

„18! Warum?", fragte mein Vater.

„Ach, war deine Frau nicht auch so alt als du sie geheiratet hast?"

„Ja. Serge! Worauf willst du hinaus?", mein Vater wurde ungeduldig. Er hasste es wenn Leute nicht direkt sagen was sie vom ihm wollen.

„Hach, du weißt ja, ich habe meine Herzensdame noch nicht gefunden. Und ich werde ja schließlich auch nicht jünger. Deine Tochter hat mir schon immer gut gefallen", sagte Serge lüstern.

„Ist das dein Ernst? Du bist mindestens dreimal so alt wie sie! Sie ist noch nicht alt und reif genug für eine Hochzeit!"; rief mein Vater aufgebracht. Ich wusste nicht ob er so wütend war, weil ich ihm wirklich wichtig war oder will er sonst die Person verlieren würde, die sich um ihn kümmerte.

„Findest du nicht du solltest deinen Ton mir gegenüber etwa zügeln? Immerhin liegt deine gesamte Existenz in meiner Hand!", antwortete Serge seelenruhig, aber mit einem gefährlichen Unterton, Mein Vater gab keine Antwort.

„Die paar Jahre machen doch kaum einen Unterschied"; sagte Serge lüstern, „sie wird mich jung halten und es wird ihr sehr gut bei mir gehen!"

Mein Vater willigte ein. In mir regte sich nichts. Ich hatte es nicht anders erwartet.

Am nächsten Tag kam mein Vater in mein Zimmer um mir von meiner bevorstehenden Hochzeit zu erzählen. Ich wollte protestieren. Ich wollte nicht heiraten. Vor allem niemanden den ich kaum kannte und nicht unter diesen Umständen.

"Keine Wiederrede!", sagte mein Vater drohend.

Ich schwieg. Mein Vater nickte, drehte sich um und wollte den Raum verlassen.

"Warte!", sagte ich kurz bevor er durch die Tür war. Er drehte sich nochmal um.

"Ich werde ihn heiraten. Aber nur unter einer Bedingung!"

Mein Vater nickte zögernd.

"Ich will so heiraten, wie meine Mutter es mir früher versprochen hat", bei den Worten 'Meine Mutter' zuckte er zusammen, "ich will ihr Kleid tragen. Ihren Schmuck und in Besucher Kirche soll es stattfinden!"

Er sagte nichts. Ich wusste dass ich ihn damit klein kriegen würde. Wir haben seit Jahren nicht mehr über sie gesprochen. Sie nicht mal erwähnt. Es hat ihn verletzt und genau das wollte ich bezwecken.

Die HochzeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt