Die Bekkers

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30.Dezember 2099

Luna Bekker fiel es schwer auf die Arbeit zu konzentrieren. Sie war einfach nicht bei der Sache. Schnaubend schloss sie den Plan auf ihren Laptop und fuhr ihn herunter. Sie würde erst in ein paar Tagen das neue Projekt in Rostock vorstellen, bis dahin würde sie mit den Plänen fertig sein. Sie stand auf und schaute in den Spiegel an der Wand gegenüber. Man sah ihr an, dass sie letzte Nacht geweint hatte, dabei sollte sie sich eigentlich für ihre Tochter freuen...

Sie fuhr sich durch die kurzen schwarzen Haare und trug nochmal schnell etwas Make-up auf. Sie verließ ihr Zimmer und ging auf das Kinderzimmer zu. Aus dem Raum drangen dumpfe Geräusche. Vor der Tür blieb sie kurz stehen und schnaufte erst einmal durch. Dann klopfte sie an die Tür.

„Ja?"

Sie trat ein.

Neea saß in ihren Hängestuhl am Fenster und fütterte Joel. Ihr gegenüber saß Lunas Schwester Elif, mit Esmilla auf dem Schoß und beäugte mit mütterlicher Sorge ihren kleinen Sohn und ihre Nichte.

„Morgen meine Lieben.", begrüßte Luna ihre Familie.

Neea sah auf und lächelte ihre Mutter mit strahlenden Augen an: „Morgen Ma. Ist Joel nicht niedlich."

Luna fühlte wie sich ihr Herz verkrampfte: „Doch, doch sehr niedlich."

„Mama?", wandte sich nun ihre zweite Tochter an sie.

„Ja Esmilla, Schätzchen?"

„Kann ich rüber zu Silke spielen gehen."

Luna zwang sich zu einem Lächeln: „Aber natürlich Liebling."

„Yippee.", freute sich die Kleine und sprang auf, „Ich bin zum Mittagessen wieder da."

Luna glaubte nicht das die Siebenjährige noch etwas von dem „Ist gut Schatz" mitbekommen hatte, so schnell war sie schon in ihren Wintersachen gewesen und abgezischt.

Es war gut das Esmilla gegangen war, so konnte sie endlich ungestört mit ihrer Großen und ihrer Schwester sprechen.

Neea gab das Baby wieder an Elif ab, die es freudig entgegen nahm. Luna setzte sich neben ihre Schwester.

„Du siehst müde aus.", meinte Neea und sah ihre Mutter besorgt an.

„Bin ich auch."

„Du solltest wirklich nicht so viel arbeiten.", warf nun auch Elif ein.

Luna seufzte: „Nein im Gegenteil Eli ich muss noch viel mehr arbeiten. Seit Tom...Du weißt...Das Geld..."

Sie hörte auf zu reden. Sie sah wie sich die Gesichtszüge ihrer Tochter verhärteten. Neea sprach nicht ungern über ihren toten Vater und noch weniger gern über Geld. Elif jedoch ignorierte die Blicke ihrer Nichte einfach und sah Luna durchdringend an: „Du brauchst mal Zeit über all das hinweg zu kommen."

Luna erwiderte den strengen Blick ihrer Schwester nur un-gern:„Ich weiß nicht Eli...Ich kann doch die Kinder..."

„Gott Mama!!", ihre Tochter war nun sichtlich genervt, „Wir haben doch das schon mindestens tausendmal besprochen. Du fährst nach Rostock gibst dieses Projekt ab und spannst ein wenig aus. Derweil bleibt Esmilla bei Tante Elif und ich geh auf die Uni..."

Luna wischte sich die Tränen weg, die erneut anfingen zu fließen:„Ich finde nur, dass wir das alles nur viel zu schnell beschlossen haben..."

Elif legte ihr eine Hand auf die Schulter: „Es ist für uns alle wie ein kleiner Neuanfang."

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Neea war nach draußen gegangen. Wütend stieß sie gegen das schneebedeckte Balkongerüst. Ein Stück der weißen Pracht löste sich und machte sich auf den Weg nach unten. Sie zog einen Umschlag aus ihrer Tasche. Ein Brief um genauer zu sein. Neeas größter Schatz, oder wie Tante Elif es so schön genannt hatte ihr „kleiner Neuanfang". Der Brief an und für sich war schon eine Rarität, denn normalerweise wurden Nachrichten nur noch per Internet versendet...

Aber noch viel wichtiger war, war das was in den Brief ge-schrieben stand...

Es war das Ticket in eine bessere Zukunft. Ein Stipendium um genau zu sein. Ein Stipendium an DER Eliteuniversität schlechthin. Naja das war vielleicht ein bisschen übertrieben. Aber mit Oxford, Yale und wie sie alle hießen, stand sie ganz oben auf der Liste der Top-Universitäten international...

Die Goldstein-Universität war eine von fünf neumodernen Uni-versitäten in Zentral-Finnland, die von dem österreichischen Wissenschaftler Fredrick Goldstein vor zehn Jahren gegründet wurden. Goldsteins Ziel war es gewesen, die alteingebürgerten Universitäten zu reformieren und sie mit neuer Technik auszustatten. Er legte dabei großen Wert auf Forschung und neue Lehrmethoden. Seine Idee fand großen Anklang überall auf der Welt und nach zwei Jahren war sie der Geheimtipp schlechthin unter den Leuten die genug Geld hatten um ihre Kinder dort hin zu schicken. Erst nach zwei weitere Jahren wurde es auch den Ottonormalbürger möglich die Uni zu besuchen, auch wenn dieser „Ottonormalbürger" schon einen übernatürlichen Notenschnitt haben musste...

Und Neea hatte es tatsächlich geschafft, eines dieser begehrten Stipendien zu bekommen, zwar mit Mühe und Not, aber immerhin, geschafft ist geschafft. Sie verstand ihre Mutter einfach nicht... Das war ich ihre Chance, endlich was von der Welt zu sehen und aus diesen trostlose Gefängnis namens Zuhause auszubrechen. Sie könnte endlich tun was sie wollte... Endlich sich selbst verwirklichen... Und was wollte ihre Mutter? Sie wollte sie nicht gehen lassen!!!

Sie stieß erneut wütend gegen das Gerüst und wieder fiel ein Stück kaltes gefrorenes Wasser in den Hof hinunter. Die Bal-kontür der Nachtbarwohnung knarzte und ein riesiger weißer Hund tapste auf den Balkon. Er entdeckte sie und streckte neugierig seine Schnauze zwischen das Gitter was die jeweiligen Balkone voneinander trennte. Neea lächelte und streichelte den Hund sanft: „Hallo Snowball."

Der Hund winselte leise und legte den Kopf schief. Neea lachte zart: „Na freust du dich?"

Der Hund winselte wieder, diesmal etwas lauter.

„Snowball aus!", kam es von der Tür und ein Mann Ende vierzig, lächelte Neea entgegen: „Guten Morgen Neea."

„Morgen Mr. Sullivan.", begrüßte sie ihren Nachtbarn freund-lich.

„Wie geht es dir, du siehst müde aus.", die Augen ihres Nachtbarn blickten sie vorwurfsvoll an. Er kannte sie gut, was ja auch nicht verwunderlich war, immerhin war sie mit seiner Tochter über mehr als zehn Jahre schon befreundet. Deswegen lächelte sie und nickte.

„Ein wenig müde bin ich schon...", gab sie zu, „Hab in letzter Zeit nicht viel geschlafen."

Der Mann fuhr sich kurz durch die graumelierten Haare:

„Ist ja auch noch reichlich früh heute..."

Neea lachte:

„Du kennst ja meine Schwester, wenn sie aufsteht, muss das ganze Haus aufstehen."

Bis auf Mutter, dachte sie sich. Ihre Mutter arbeitete die letzte Zeit immer die Nächte durch um mit den Projekt für Rostock fertig zu werden... Sie sah überhaupt nicht gesund aus und in letzter Zeit, dachte sie auch immer wieder an ihren verstorbenen Ehemann, dass sah Neea ihr an. Sie selbst hatte in letzter Zeit auch wieder viel an ihren Vater gedacht, vor einer Woche war es genau ein Jahr her gewesen, dass ihr Vater seinem schwachen Herzen erlegen war. Aber er wäre jetzt stolz auf sie, dass wusste sie...

„Papa?!", tönte eine weibliche Stimme vom Hof zu ihnen herauf. Von hier oben und wegen dem Schnee konnte man nur eine dunkle Silhouette erahnen, aber Neea wusste auch so wer da unten stand und schlagartig war sie wieder aller guten Dinge. Ihr Nachbar ließ ihr den Vortritt zu antworten:

„Hey Linea was willst du?"

Die Stimme lachte:

"Ist mein Dad auch da?"

„Ja!"

„Dann sag ihn er soll dir Snowball mit hinunter geben, wir gehen jetzt ein bisschen spazieren..."

Neea lächelte: „Oke, bin gleich da."


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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 12, 2018 ⏰

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