Kapitel 8

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"Ok lasst uns anfangen", meinte Domenik und lächelte fröhlich, etwas zu fröhlich für meinen Eindruck. Larissa und Domenik begannen, das Programm und ein paar Regeländerungen für das neue Schuljahr vorzustellen. Es wurde viel diskutiert, da fast jeder eine andere Meinung hatte. Trotzdem wurden einige Kompromisse geschaffen und Regeln festgelegt. Nach etwa neunzig Minuten war das Treffen beendet. "Bis morgen", verabschiedete sich Kevin von mir. "Tschüss", sagte ich hastig. Ich musste Domenik erreichen, am besten ohne Larissa. Alle zwängten sich durch die enge Tür. War Domenik schon raus gegeangen? Panisch sah ich mich um, aber ich konnte ihn nirgends sehen. Ich musste ihn im Gang suchen. Aber in welchem? Verzweifelt streunte ich durch die Schule, einmal links, dann wieder rechts, um zwei Ecken, bis ich mich schließlich verzweifelt gegen eine Wand lehnte. Vermutlich war er schon in einem Zimmer, genau wie Kelly, die wahrscheinlich sich tausende Situationen ausdachte, warum ich noch nicht da war. Sie mochte zwar immer hübsch und modern gestylt sein, aber in solchen Situationen ähnelte sie einer achtzigjährigen Oma.

"Wer ist es?", hörte ich eine Stimme. "Sag es, du weißt es doch! Wer kann das wissen?", fauchte eine Stimme, "Du musst ihn kennen!" Ich presste mich mit dem Rücken gegen die kalte Wand und ging langsam in Richtung Ende des Gangs. Die unbekannte Person redete weiter:"Warum kommst du dann her? Warum? Warum musst du alles so kompliziert machen?!?" Ich hielt die Luft an. Wer auch immer hier redete, schien sehr aufgewühlt und wütend zu sein. Kein guter Zeitpunkt für Lauscher wie mich. Was machte ich überhaupt hier? Ich sollte Domenik finden. Vielleicht war das sogar Domenik, aber auf die Entfernung konnte ich das nicht sagen. Ich brauchte einen Plan. Weiterschleichen? Keine schlechte Idee, aber der Gang war nur mehr einen Meter lang. Einfach so weiterapazieren und in die Konversation hineinplatzen? Sehr riskant, zu riskant für eine Schülerin wie mich. Aber hatte ich eine andere Wahl? Einen passenden Zauberspruch hatte ich nie glernt und viele andere Möglichkeiten blieben mir nicht. Ich holte tief Luft, straffte meine Schultern und schlenderte bewusst locker zum Ende des Gangs und bog um die Ecke. Wer saß da? Niemand geringerer als Domenik und das seltsame, durchsichtige Mädchen.

"Ich..ich habe dich gesucht. Die Stimme..du..du hast sie auch gehört, nicht wahr?", stotterte ich. "Welche Stimme meinst du? Ich habe nichts gehört!", meinte er entschlossen, doch ich erkannte, dass er verkrampft auf seine Wange bis. Ein eindeutiges Zeichen. Ich entlarvte seine Lüge:"Du lügst. Ich kenne dich." Er sah mich erschrocken an und fragte mit zitternder Stimme:"Du kennst mich?" "Das ist nicht witzig Domenik", gab ich genervt zurück, "Natürlich kenne ich dich. Vom Schulhof, die Begnung im Gang und schließlich bist du Schulsprecher, also kennt dich die ganze Schule." "Schon gut", sagte er bedrückt, "ich dachte du verstehst Spaß." Er lächelte gequält. Was wollte er damit bezwecken? Viele sagten, Frauen seien kompliziert, aber aus Domenik einfach nicht schlau. Doch zurück zu meinem geplantem Vorhaben.

"Du hörst diese Stimme also auch. Seit wann und wie oft hast du sie schon gehört?", stellte ich ihn zu Rede. "Zwei Mal.", sagte er leise, während das durchsichtige Mädchen ihn immer noch musterte. "Einmal bei der Schulsprecherwahl und heute beim Klassensprechertreffen." Er hatte sie also erst zwei Mal gehört und immer nur dann, wenn ich in der Nähe war. Das Mädchen wirkte besorgt. "Willst du eigentlich hier bleiben und dieses unnütze Gerede von uns anhören?", fragte ich etwas genervt. "Wenn es euch stört, kann ich gerne gehen. Ich dachte ihr würdet mich brauchen, aber das tut ihr nicht. Ihr seid selbstständig." Wieder hörte sie sich wie eine Erwachsene an. Ich seuftze. Offensichtlich hatte ich sie gekränkt. "Hör mal", entschuldigte ich mich, "So war das nicht gemeint. Du kannst gerne bleiben, außerdem hast du mir geholfen. Es tut mir leid." Sie lächelte und meinte:"Kein Problem. Aber meine Zeit ist um." Dann wandte sie sich um und ging. Während sie weiterging, kam es mir vor als ob sie immer blasser und durchsichtiger wurde. "Hab ich...?", fragte ich Domenik. "Alles ok. Du hast sie nicht gekränkt", erklärte er mir, "außerdem würde sie dir sowieso nicht böse sein." Ich war etwas verwirrt:"Kennst du sie? Ist sie deine imaginäre Freundin?" "Nein", meinte er und lächelte traurig, "sie ist ein Geist, ein verjüngte Erinnerung an eine Person, die mir sehr viel bedeutet." Tränen sammelten sich in seinen Augen, doch er biss die Zähne zusammen und lächelte gezwungen. "Wie oft hast du die Stimme gehört?", lenkte er ab. "Schon öfter", gestand ich. Jetzt war ich diejenige, der die Tränen in die Augen stiegen. Ich wusste nicht warum, aber plötzlich war es als ob sich ein Ventil in mir geöffnet hätte und alles aus mir heraussprudelte. Ich erzählte Domenik alles von der Stimme. Der Albtraum, wie sie lachte, wie ich immer mehr Angst hatte und dass sie mich offensichtlich sehen konnte. Ohne es zu merken war ich zu Boden gesunken. "Es macht mich fertig", schluchtze ich und meine Stimme versagte. Domenik legte seine Arme um mich. Ich kannte ihn kaum, so gut wie gar nicht, aber mein Gefühle sagte, dass es in Ordung, sogar sehr gut war. Unkontrolliert flossen mir die Tränen über die Wangen, doch in seiner Umarmung fühlte ich mich geborgen, wie ein kleines Kind. "Alles wird gut Amelya", flüsterte er sanft, während er mich immer noch in seinen Armen hielt, "es hätte schlimmer kommen können. Das Schicksal war gnädig. Alles wird gut. Alles. Vertrau mir..."
Ich fühlte wie mein Herzschlag ruhiger wurde, meine Tränen versiegten und ich begann ruhig zu atmen. Seine Umarmung hatte so eind wundervolle Wirkung, als ob mich jemand vertrautes umarmen würde, den ich Ewigkeiten kannte.Eine Träne tropfte auf mein Schuluniform T-shirt. "Was ist los?", hauchte ich. "Ich bin glücklich und traurig. Beides. Aber mehr bin ich einfach nur froh." Ich drückte Domenik fester. Er seuftze. Aus dem seltsamen Jungen aus dem Gang, Schulschwarm und Schulsprecher Domenik Cort war ein guter Freund geworden.

Die Dornen - Black Roses Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt