Ich stehe im Obduktionssaal vor einem kleinen silbernen Tisch und sortiere verschiedene Arten von Skalpellen. Dabei summe ich ein Lied und als ich gerade ein besonders großes, langes in der Hand genauer angucke, höre ich von draußen vom Nebenflur laute Rufe, rennende Leute und das Geräusch der kleinen Gummirädern unter einem dieser Notfalltragen.
Neugierig mache ich eine der Schwingtüren einen Spalt weiter auf und spähe in den Flur.
Ich sehe vier Ärzte, die wild durcheinanderrufen und eine Trage mit einem sich windenden jungen Mann darauf. In dem Moment biegen sie in einen Seitenflur ein und ich verliere sie aus den Augen.
Wilma ist gerade in der Mittagspause... Aber will ich wirklich sehen, was da los ist?
Die Antwort lautet Ja.
Ich stoße die Tür auf und laufe betont lässig in den Seitengang, von dem ich glaubte, dass die Ärzte darin verschwunden sind.
Ich werde zwar angestarrt, aber alle, die das eben mitbekommen haben, sind noch zu durcheinander, als dass sie irgendetwas sagen könnten.
Der Flur führt zu einem OP-Saal. Die Tür hat ein kleines Glasfenster. Es ist gerade tief genug, dass ich problemlos hindurchschauen kann.Zuerst kann ich nur die Rücken der Ärzte sehen, doch dann bemerke ich ihn:
Ein junger Mann mit schneeweißer Haut und ohne Haare liegt auf dem OP-Tisch.
Seine Augen sind geschlossen, der Mund ist zusammengekniffen und man kann die Lippen nicht richtig erkennen. Er ist an zahlreichen Geräten angeschlossen, darunter auch an einem Pulsgerät, das leise und gleichmäßig hohe Töne von sich gibt. Das schlimmste aber an ihm ist die Nase: Es sind keine Nasenlöcher zu sehen, anscheinend ist die Haut an dieser Stelle zusammengewachsen oder etwas in der Art. Sein ganzes Gesicht scheint von Narben übersäht zu sein.
Die Ärzte murmeln leise vor sich hin, doch ich kann nicht verstehen, was sie sagen. Verschiedene Werkzeuge werden hin-und hergereicht, einer der Ärzte wischt sich den Schweiß von der Stirn.Dann. Ein durchgehender hoher Piepton durchbricht die Arbeit der Chirurgen.
Der Patient ist Tot. Die Ärzte schalten den Piepton aus und drehen sich zur Tür.
Ich springe auf und spurte zurück in den Obduktionssaal, bevor mich jemand entdeckt.
Ich tue so, als ob ich wieder die Skalpelle sortiere, aber ich schiebe sie nur sinnlos umher.
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Ihr Kinderlein kommet
TerrorWankend laufe ich die Leichenhalle entlang, die Deckenlampe flackert einmal, rechts und links von mir die Fächer mit den Toten. Ich kann ihr Gewimmer und Gestöhne einfach nicht mehr aushalten! Mit einem leisen Zischen geben die Deckenlampen ganz ih...