The Alpha

Kapitel 2 - Der verbotene Wald

Mr. Sonlig, unser Sportlehrer, hatte heute einen besonders "originellen" Plan: Ausdauerlauf. Nicht auf der Bahn, nicht über den Schulhof. Sondern quer durch den Wald.

Bevor wir losliefen, wiederholte er seine Standardwarnung: „Verlasst unter keinen Umständen den Weg.“
Er sagte es laut. Eindringlich. Viel zu oft.

Ich verstand nie, warum er sich damit so ernst nahm. Ich war offenbar die Einzige.

Mir und den beiden anderen Menschen in unserer Klasse gab er zehn Minuten Vorsprung. Ein höflicher Versuch, Fairness zu simulieren.

Kaum war die Zeit um, stürmten die Werwölfe los – und überholten uns innerhalb weniger Sekunden.

Ich sah noch, wie Akki und fünf seiner Rudelgefährten sich mitten im Lauf verwandelten. Mühelos, ohne Zögern – dann verließen sie den Weg. Einfach so.

Sie verschwanden im Unterholz. Richtung Norden.

Es war kein Versehen. Es war Absicht.

Fast eine Stunde später kam ich keuchend am Ziel an. Meine Lungen brannten, meine Beine zitterten – aber das interessierte niemanden.

Etwas stimmte nicht.

Die Gruppe war unruhig. Geflüster, angespannte Körperhaltungen, angestrengtes Schweigen.

Ich ging direkt zu Tatia. „Was ist los?“

Sie wich meinem Blick aus. Dann hob sie den Kopf. Ihre Stimme war leise.

„Akki ist mit seinem Rudel in den verbotenen Bereich gegangen.“

Ich runzelte die Stirn. „Der verbotene Bereich?“

Ich hatte von Grenzen gehört, von alten Revierlinien, von Waldgebieten, in die man besser nicht ging – aber das alles war für mich nie real gewesen.

„Jedes Rudel hat sein Revier. Das weißt du“, sagte Tatia. Ich nickte.

„Aber tief im Wald liegt ein Gebiet, das keinem Rudel gehört – zumindest offiziell. Die Geschichten sagen etwas anderes. Sie sagen, es gibt ein Rudel, das sich dort zurückgezogen hat. Alt. Wild. Unberechenbar. Und gefährlich.“

„Und was ist passiert?“

„Zwei Wölfe haben Akki und die anderen abgefangen. Sie haben sie gewarnt – eindringlich. Wenn sie das Gebiet noch einmal betreten, werden sie nicht mehr lebend zurückkehren.“

Ich starrte sie an. „Aber sie sind doch alle heil zurück, oder?“

„Ja. Noch. Aber das ist nicht der Punkt.“ Sie senkte die Stimme. „Bis heute dachten wir alle, das Rudel sei ein Märchen. Eine Schreckgeschichte, um die Jungen von dummen Ideen abzuhalten. Aber es ist real. Und jetzt hat Akki beschlossen, sie herauszufordern.“

Sie sah sich kurz um. Die anderen Schüler gingen bereits Richtung Umkleiden.

„Er ruft sein Rudel zusammen. Noch heute Abend."

Den Rest des Tages lag ein elektrisches Flüstern über der Schule. Jeder schien etwas zu wissen, aber niemand sprach es offen aus.

Ich hielt mich raus.

So wie immer.

......

Am Abend, als ich gerade den Schlüssel in der Hand hielt, riss sich die Haustür mit einem Knall auf.

Tatia stand vor mir. Blass. Aufgewühlt. Ihre Augen glänzten. „Er zwingt uns. Alle. Niemand darf sich entziehen. Wer es versucht, wird bestraft.“

„Was heißt das?“