Aishiteru, Naruto

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Er konnte es nicht. Er konnte es einfach nicht.

Nun war er schon so weit gekommen und doch schaffte er es nicht, es zu beenden. Er hatte sein Juin aktiviert, war bereits auf dem zweiten Level. Naruto war noch immer von rotem Chackra umgeben. Er wusste, dies würde für beide der letzte Zug sein, die letzte Attacke, das Ende des Kampfes.

Aber ... er wollte es nicht beenden. Er konnte es einfach nicht. Er konnte diesen Jungen einfach nicht töten. Es viel ihm schon schwer ihn zu verletzten... Wie, wie sollte er ihn da umbringen können?

"Alles was du tun musst ... ist einen Freund zu verraten."

Wie? Sein Bruder hatte leicht reden. Mochte ja sein, dass Itachi es geschafft hatte, aber er würde es nicht über sich bringen. Nicht bei Naruto. Nicht bei dem einzigen Menschen, der seine Einsamkeit verstand. Den er zu respektieren gelernt hatte, der ihn schon einmal gerettet hatte. Nicht bei ihm, den er ... zu lieben gelernt hatte.

Ohne auf Naruto zu achten stoppte er, blieb stehen wo er war, zog das Chakra aus seiner Hand zurück und deaktivierte gleichzeitig das Juin und sein Sharingan.
Er wusste, wie es ausgehen würde. Schon früher im Kampf, waren er und Naruto mit Rasengan und Chidori auf einander losgegangen. Es würde genauso ausgehen - nur würde die Druckwelle diesmal sehr viel stärker sein.

Aber er brachte es plötzlich nicht mehr über sich, den blonden Jungen vor ihm zu töten. Er machte sich nichts vor, er würde Naruto nie besiegen, er würde es nicht wollen, nie.
Stattdessen sah er zu, wie Naruto immer näher und näher kam, ohne zu realisieren, dass sein Gegner nicht mehr kämpfen wollte. Oder bemerkte er es doch? Bei der Geschwindigkeit, würde es nur noch Sekunden dauern, bis das Rasengan ihn traf. Naruto würde nicht mehr rechtzeitig anhalten können, selbst wenn er es wollen würde. Aber vielleicht war es ja wirklich besser, wenn es so enden würde? Dann könnte er endlich seinen Frieden haben - mit sich selbst.

Ein leichtes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, als er sah, dass Naruto nur noch wenige Meter entfernt. Nah genug, um es zu beenden. Er schloss die Augen, dachte zurück an seinen Clan, seine Familie, seinen Bruder. An die Zeit vor dem Clanmord. An jenen Nachmittag, da Itachi ihn nach Hause getragen hatte. Ja, mit dieser Erinnerung würde er den letzten Weg begehen. Mit dieser Erinnerung, würde er bereitwillig in den Tod gehen. Solange dieser Tod von Naruto kam, seinem besten Freund, seinem geliebten Bruder ... der Person, die wohl nie akzeptieren würde, was Sasuke für ihn empfand...

Er wartete auf den Schmerz, der nun jeden Moment auf ihn einströmen würde. Auf den Moment, da er zum letzten mal das Bewusstsein verlieren und nie wieder aufwachen würde.
Er wartete und öffnete überrascht die Augen, als ihm ein Luftzug die Haare nach hinten wehte, aber sonst nichts geschah.

Ungläubig sah er, dass vor ihm niemand war. Er selbst stand noch an derselben Stelle - nur Naruto war aus seinem Sichtfeld verschwunden. Was war passiert? War er etwa schon tot, ohne es bemerkt zu haben? Aber warum stand er dann noch immer in diesem Tal? Was sah man überhaupt, wenn man Tod war? Den Ort, an dem man gestorben war? Nun ... vielleicht. Wer konnte es schon wissen?

Erst als er von rechts ein Geräusch hörte, drehte er sich um und sah ... Naruto. Der Blonde stützte sich schwer atmend auf seine Knie und starrte ihn ungläubig an.
Das Naruto auch hier war, bedeutete also, dass er noch am Leben war und es tat gut, zu sehen, dass sein Teamkollege auch noch unter den Lebenden weilte. Aber gleichzeitig bedeutete das auch, dass er versagt hatte. Wieder versagt hatte. Und obwohl er froh war, dass es vorbei war, hasste er sich zugleich dafür.

"Alles was du tun musst ... ist einen Freund zu verraten."

Ja, aber es klang so viel einfacher, als es wirklich war. Und er konnte es nicht, er brachte es einfach nicht übers Herz, diesen Jungen zu töten. Und er hasste sich dafür. Er war noch immer zu schwach. Zu schwach für Itachi. Zu schwach, um seinen Clan zu rächen. Zu schwach, um seinen Bruder zu töten, den er trotz allem noch liebte.

Er sank auf die Knie, hatte plötzlich nicht mehr die Kraft zu stehen. Tränen standen in seinen Augen. Er konnte einfach nicht mehr. Immer war er zu schwach gewesen. Immer hatte er versagt. Es war nie genug gewesen, er war nie genug gewesen. Immer hatte er gekämpft, trainiert, alles gegeben. Und immer, immer war es zu wenig gewesen.
Ohne zu wissen warum, ohne zu wissen, welchen Sinn es hatte, sprach er aus, was er dachte.

"Ich war nie gut genug. Itachi hier, Itachi da ... mein Bruder war perfekt. Der Stolz des Clans. Er hat jede Anerkennung bekommen, während ich ... selbst um die kleinste Bestätigung kämpfen musste und es doch nie geschafft habe. Ein Versager! Ein Leben lang. Meine Mutter war, bis auf meinen Bruder, die einzige, die mich gesehen hat und nicht nur den Versager, den kleinen, unfähigen Bruder des Genies. Und weißt du ... als mein Vater mir das Kanton: Gōkakyū no Jutsu beibringen wollte - und vom Clan wird man erst akzeptiert, als 'Erwachsen' angesehen, wenn man es beherrscht - er ... er war enttäuscht, als es mir nicht gelungen ist. Das war wie ein Schlag ins Gesicht. Und ich hab geübt, immer und immer wieder, Tag und Nacht. Nur um meinem Vater zu beweisen, dass ich es doch kann, dass ich es wert bin, sein Sohn zu sein ... Das war das erste Mal, dass er mich gelobt hat ... und zugleich auch das einzige Mal."

Er konnte sich der Tränen nicht mehr erwehren, als die Gefühle von damals wieder in ihm hochsteigen. Er hatte so sehr gekämpft, um nur ein einziges Mal Anerkennung zu bekommen. Um nur ein einziges Mal ein Lob zu bekommen.

'Aber ich war nie besser als Itachi ... Und nie hab ich mir sehnlicher gewünscht, stärker zu sein wie er, als an jenem Abend, an dem er unsere Familie, unseren Clan umgebracht hatte. Ich musste es mit ansehen. Durch das Mangekyō Sharingan, hat er mir gezeigt, was er getan hat..." Er stockte, versuchte die Bilder zu verdrängen, die aus seinem Inneren aufstiegen. Nein, er wollte nicht sehen, wie sein Bruder ihren Clan abgeschlachtet hatte. Er wollte nicht diesen Itachi sehen, nicht den, der ein kaltblütiger Killer war. Er wollte den alten Itachi wieder sehen. Der, der sich um ihn gekümmert hatte, mit ihm trainiert hatte, der sein Vorbild war, der sich auf seine Seite geschlagen hatte, der ihn nach Hause getragen hatte, nachdem er sich den Knöchel verstaucht hatte...

Aishiteru, NarutoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt