15. Oktober 2015
Hallo Hanna,
Da stehst du. Eingesunkene Schultern, herunterhängende Arme, ruhige Augen, die dich von oben bis unten mustern, kritisch einen Mundwinkel nach oben gezogen. Dann bewegst du dich, drehst dich zur Seite, beobachtest dein Profil.Ja, dein Körper, denkst du dir, der ist, bis auf einige Punkte, ganz annehmbar. Dann schaust du dir ins Gesicht. Nein, das ist nicht ganz so okay, aber es lässt sich nun mal nicht ändern. Deine Haare wollen auch nicht so richtig, aber wenigstens sind sie lang und glatt.
Ja, Hanna. Du hast dich mit dir abgefunden. Du arbeitest daran. Perfekt wird es nie, aber das muss es auch nicht.
Aber Hanna, vergiss nicht das, was man im Spiegel nicht sieht, vergiss nicht deinen Charakter, deine Seele, dein Verhalten, dein Inneres. Denn Hanna, daran musst du wirklich noch arbeiten.
Du möchtest, dass all die Menschen gut von dir denken. Du möchtest, dass alle fair dir gegenüber sind. Aber Hanna, dann sei doch auch so zu anderen.
Du verdrängst so viele Dinge. Du hast dein halbes Leben verdrängt und das wird auch nicht aufhören. Du solltest lernen, all diese unschönen Teile deines Lebens zu akzeptieren.
Du bist labil. Deine Stimmung ist variabel und du bist launisch. Du kannst das unterdrücken, aber es macht dich fertig. Denn du stehst auf und weißt nicht genau, welcher Aspekt deiner selbst dir heute begegnet. Und so hasst die traurige Hanna die zynische Hanna und die leichtsinnige Hanna. Es gibt so viele Aspekte von dir, aber das kannst du niemandem zumuten.
Hanna ständig hast du Angst. Angst vor allem. Ich würde dir diese Ängste nehmen, aber du bist mein Spiegelbild und es ist unmöglich, sich selbst an den Haaren aus einem Loch zu ziehen.
Deine Zukunftsangst und deine Angst vor Entscheidungen sind vermutlich das schlimmste. Sie machen das Leben unerträglich. Ja, Hanna, du möchtest es beenden, aber nicht verschwenden. Also bitte, fang etwas damit an.
Es ist unmöglich, mich komplett zu beschreiben, aber das ist das, was mir gerade am meisten durch den Kopf geht.
Für die Zukunft Hanna, bitte, übe dich in Motivation, vielleicht wird es dann besser. Und bitte, sei ehrlich und werde nicht so, wie du nie werden wolltest. Wir, also du, mein Spiegelbild, und ich, wir würden es doch beide nur bereuen.
Ich liebe dich. Das sollte jeder. Und ich hasse dich.
Tschüss, auch wenn ich dich nie loswerde, dein Ich.
Das waren jetzt schon alle Briefe. Meine unregelmäßigen Updates verzeiht ihr mir hoffentlich. Ich werde alle noch mal überarbeiten, da sich auch innerhalb des Monats viel getan hat. Dennoch möchte ich den Sinn nicht verändern. I hope you enjoyed it. Bye