4. Kapitel

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"Hi."

Ein einfaches Wort riss mich aus meiner Lethargie. Ich fuhr hoch und sah mich hektisch um. Dann sah ich Immanuel der am Rand der Lichtung stand.

"Du läufst mir wohl gerne hinterher." Scherzte ich.

"Ich hab mitbekommen, wie du in den Wald gelaufen bist. Und da dachte ich...naja...ich schau mal nach..."
Er kratzte sich am Hinterkopf. Seine komplette Haltung drückte verlegenheit aus.

"Setzt dich doch" ich klopfte mit der Hand neben mir ins graß. Nach einer unbehaglichen Sekunde setzte er sich.

"Schön hier." bemerkte er.

"Ja."

Irgendwie war da eine Spannung zwischen uns. Gestern war sie noch nicht da. Ich schielte unauffällig zu ihm rüber. Er tat das gleiche. Ertappt drehte ich schnell den Kopf weg. Sein leises Lachen löste den Knoten zwischen uns.

"Also" er lächelte. "Wieso ist da ein Typ in einem weißen Kittel und Klemmbrett hinter dir her?

"Uuuups, das ist mein Doktor. Sein Vortrag war so langweilig, ich musste einfach gehen. Hat er gesehen wo ich hin bin?" Ich hatte absolut keine Lust darauf, dass er hier gleich ankam. Die Wahrheit verschwieg ich. Früher hätte ich so einen Vortrag vielleicht interessant gefunden, doch jetzt?

"Nö. Gerade als du in den Wald bist ist der hingeflogen. Aber so richtig Filmreif, mit so nem Kreischen."

Ich kicherte.

"Hat er dich behandelt wie so ne Mischung aus roher Kartoffel und einer neuen Tierart?"

Seine Beschreibung passte perfeckt. Für Dr. Shell war ich ja eigentlich nur ein neuartiges Etwas. Etwas was er noch nicht gesehen hatte und was man wunderbar erforschen konnte. Mich sah er nicht. Nur die Krankheit.

Ich war zu hart. Viel zu hart, das wusste ich. Aber Dr. Shell machte mich wahnsinnig, mit seinem fachlichen rumgelaber. Als er mir zugeteilt wurde, war ich froh gewesen nicht irgendeine alte Schachtel aus dem Achzehnten Jahrhundert zu bekommen, mit uralten Foltermetoden und einem Geruch nach Katze wie die Hausärztin einer Klassenkameradin.

Aber schon nach kurzer Zeit hatte mich diese Fachsimpelei und diese aufgesetzten Gefühle in den Wahnsinn getrieben. Alles was ich sagte, machte oder ihm berichtete war "Interessant" und er wollte alles über mich wissen. Und mit alles, meine ich auch alles. Ich vermutete er hatte sogar ein Diagramm für meine Duschgewohnheiten angefertigt, nachdem er mich nach genauen Zahlen für die Anzahl an gespritzen und ungespritzen Zitronen gefragt hatte.

Aber am Schlimmsten war die Tatsache, dass er mich zu irgendwelchen Wissenschaftskongressen schleppen wollte, oder überflüssige Tests mit mir machen wollte, die er dann zu diesen mitschleppen konnte. Meine Akto war warscheinlich mehrere Ordner dick.

Klar er machte nur seinen Job, und man merkte auch, dass er es mochte, aber musste er so dermaßen...ärztlich sein?

"Jaaa...genau so. Hattest du den auch mal?" ich blickte rüber zu Immanuel.

"Nur ein paar Mal. Meiner wollte seine Meinung zu irgendso ner Blutanalyse erfahren. "Interessant. Wirklich außgesprochen Interessant"

Er äffte die Stimme des Doktors nach. Ich musste lachen.

"Genau. Und dann noch so" Ich fasste mir ans Kinn und legte die Stirn in falten.

Immanuel musste grinsen und sah zur Seite.

"Ich kenne das. Aber was bitte ist so unglaublich an meinem Blutbild? Ich meine, es ist ja nicht so als ob da irgendwelche ägyptischen Hyroglyphen jetzt drauf wären, nur weil ich Aids hab"

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 30, 2017 ⏰

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