Abschnitt 3: Bitteres Vegetieren

207 11 5
                                    

EINE FRAGE ZWISCHENDURCH: Wie viele von euch baumelten schonmal in einer Vorzeigebruchbude an einer brüchigen Wand nebst unzähligen Jagdtrophäen, die noch nicht einmal sauber präpariert wurden? Wie bitte? Keiner von euch? Dann habt die Güte, einem Schädel zu lauschen, welcher in eben jene Situation mit vollem Anlauf geschlittert ist.

Mancher Kollege (Ich verkehre vorzugsweise mit Mariden, mit Gezücht wie Afriten [Ab hier bitte ein besonders verächtliches Hüsteln bereithalten] oder noch niederige "Wesenheiten" [Jetzt darf gehüstelt werden]) geben sich unsereins garnicht erst ab) hätte bei der anfänglichen Beschreibung höchstwahrscheinlich einen Freudentanz aufgeführt. Zwei Opfer, eines noch dazu stark angetrunken, und ein räudiger Köter, einsame Gegend in der niemand die eine oder andere Detonation bemerken würde und kein bisschen Rosmarin im ganzen Haus. Bannkreise gab es zur damaligen Zeit noch nicht, da das "Problem" (In Erscheinungskreisen zieht man die deutlich würdevollere Bezeichnung "Häufiges Auftreten verstorbener Mannen in der selben Gegend" dem nahezu vulgären Begriff der Menschen vor) sich erst nach einer Anhäufung rätselhafter Todesfälle an einer schmeichelhaften Prominenz erfreute. Es klang ganz nach dem, was auch mir seinerzeit versprochen wurde, als ich mich zur Rückkehr entschloss (Viele wissen garnicht, dass unser Dasein nicht unbedingt nur durch eine unerfüllte Aufgabe oder einen klassischen Racheakt begründet ist). Ich möchte nicht zu viel verraten, aber es waren eine Luftmatratze, mehrere karibische Reiseprospekte und eine beachtliche Auswahl an bulgarischen Bonbons im Spiel.

Wie dem auch sei. Jede andere Wesenheit hätte sich an meiner Stelle gefreut. Doch jene hatten auch vor der Rückkehr bei letzten, wie sich jetzt herausstellte doch nicht so unwichtigen Hinweisen der schüchternen Pförtnerin deutlich genauer hingehört. Hinweise, die das Erlernen einer Materilisation gewiss erleichtert und vor allem zeitlich gesehen deutlich verkürzt hätten.

Mit anderen Worten: Ich war hilflos den Launen des vollgelaufenen Försters aussgesetzt. Zu meinem Unglück schlief er gerade direkt unter mir und bließ bei jedem Atemzug einen kräftigen Ouso-Gestank in meine Richtung. Der Hund, der mittlerweile seit ein bis zwei geschlagenen Stunden wie wild kläffend durch das baufällige Anwesen zischte, da er etwas von dem Zeug getrunken hatte, welches aus einer beschädigten Flasche mit der krakeligen Aufschrift "Spesialnisohung"  (Es war eine sehr unleserliche Handschrift, gegen die jedes Schriftbild eines ABC-Schützen weniger Spikulationen über deren eigentliche Funktion geliefert hätte) getröpfelt war, ließ jedes mal zentimeterdicke Staubflocken auf mein zuvor tadellos gewienertes Haupt regnen. Warum mein Schädel geputzt worden war? Weil jedes Mal, wenn die Promenadenmischung meinen Ort der Verdammnis verlassen hatte, das Weib des Försters hereingerauscht kam, sich lautstark auf schnellem italienisch über den Hund aufregte, in ihrer vorrübergehend mental aufgedrehten Abwesenheit über die "Spesialnisohung"-Flasche stolperte, welche dann einen Schwall Flüssigkeit über den löchrigen Flokatiteppich ergoss, den Hund erneut anlockte und sie dazu bewegte, schnell in die Küche zu trippeln, einige schmutzige Tücher zu organisieren, welche höchstwahrscheinlich nur zu diesem Zweck in einem Schränkchen, welches das feminine Wesen geräuschvoll auf und wieder zu scheuerte, aufbewahrt wurde, um damit dann letztendlich verzweifelt zu versuchen, zu retten, was von dem ohnehin schon lädierten Teppich noch zu retten war, den Hund mit einigen hektischverweint wedelnden Handbewegungen von dem begossenen Teppich zu verscheuchen, nach einigen durchschluchzten Minuten letztendlich zur Kapitulation gelangte, um dann festzustellen, das mein Haupt voller Staub bedeckt war und es beinahe liebevoll mit einem vor Dreck starrenden Tuch reinigte, zumindest solange, bis genug Staub verschwunden war, um sie erkennen zu lassen, dass es sich bei meiner Wenigkeit um einen waschechten menschlichen Schädel handelte (bei jeder zweiten Gelegenheit bemerkte sie noch gefolgt von einem spitzen italienischen Schrei einige ledrige Hautfetzen, mein ganzer Stolz und Krönung des linken Wangenknochens).

Was das alles zu meiner Situation beitrug? Nach einigen weiteren Stunden, es brach schon die nächste Nacht über der Wohnsitzruine herein, hörte der Hund endlich auf mit seinem Spektakel, pflanzte sich direkt auf den Rücken des immernoch pennenden Waidmanns und beäugte mich interessiert. Ob das an meinem unverwechselbaren Charme oder an dem Alkoholgestank lag, der von dem Tuch des Weibes auf mein Antlitz übertragen worden war, lag, konnte ich beim besten Willen nicht sagen. Der Fairness halber würde ich sagen, mal überwog das eine, mal das andere.

Ihr fragt euch, warum ich euch all dies erzählt habe? Weil meine erste Materialisierung noch etwas auf sich warten ließ und ich euch meine zwischenzeitlichen Erlebnisse nicht vorenthalten wollte. Also freut euch auf weitere kleine Anekdoten meiner Wenigkeit, bevor der ganz gewaltige Aktionpart an der Reihe ist.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 11, 2016 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Ghosts  (Lockwood & Co FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt