Abschnitt 2: Qualvolles Bestehen

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EINE SACHE VORWEG: Ich habe es bedauerlicherweise nicht geschafft, dem unberechenbaren Förster mittels erstaunlich fetten Pudels das Maul zu stopfen. Allerdings hatte er einen äußerst hässlichen Unfall, an dessen Ausgang meine Wenigkeit nicht ganz unbeteiligt gewesen war. So köstlich habe ich mich schon seit meiner Zehn-Jahre-Ablebens-Feier nicht mehr amüsiert (Und ja, diesen Tag habe ich gefeiert, zusammen mit einigen stumpfsinnigen Waldtieren, die gerade rein zufällig des Weges kamen. Das der Party letztendlich jedoch ein gewisser Schwung fehlte, lag gewiss an dem Fehlen von stimmungshebenden Luftschlangen.).

Ich muss euch sagen, dass ich wirklich mit so manchem gerechnet hatte. Zeit meines Lebens war ich schon an so manche unzurechnungsfähige Saufkumpanie gewöhnt, doch dieser Waidmann übertraf selbst diese bei weitem. Kaum hatte er mich bis zum Rande des Waldes geschaukelt, ergab sich mir das Ziel unserer Reise. Ich kann euch nicht sagen, ob der komplett weggetretene Förster oder seine in allen Punkten versagende Karre weniger Vertrauen in mir auslöste. Tatsächlich bemerkte ich letzteres nicht einmal sofort. Erst, als ich reichlich unsanft auf einem zweifellos vom Übergewicht des Pudels durchgesessenen Ledersitz abgesetzt wurde, erkannte ich einige wichtige Autobestandteile wie Lenkrad und Gaspedal. Beuruhigt wurde ich durch das merkwürdige Fehlen eines Bremspedals, und das, obwohl ich bereits tot war.

Als der paffende Förster einen dicken Stummelfuß auf das Gas setzte, wusste ich, dass meine Befürchtungen berechtigt gewesen waren. Im Nachhinein wundert es mich ehrlich gesagt, dass der Alte es überhaupt geschafft hatte, nicht gegen einen der Bäume zu brettern. Mehrmals wurde ich gegen das Seitenfenster geschleudert, wenn der irre Förster sich irgendeinen italienischen Quatsch singend in eine scharfe Kurve lehnte, um dann wieder in die äußerst zeitintensive Schlingerfahrt einzusetzen. Sein Köter, der wegen seinem betrechtlichen Gewichts nicht einmal von seinem Kindersitz abhob, kläffte im Viervierteltakt und komplettierte die Höllenfahrt.

So kam es, dass ich mich letztendlich in den Kofferraum geschleudert vor einem schäbigen Anwesen befand. Der wankende und seinem Gelalle zu schließen äußerst mit seinen atemberaubenden Fahrkünsten selbstzufriedene Förstersmann prallte, seinen Pudel im Gleichschritt, im sicheren Gang erst einmal mehrmals gegen die hölzerne Wand neben der Haustür, bis er letzten Endes die Klinke fand. Eine entspannte, vollkommmen ereignislose halbe Stunde später eilte er, eine Flasche Wisky in seiner Hand schwingend, durch die offen gelassene Haustür zu seinem Auto zurück, um mich dem Kofferraum zu entnehmen. Theoretisch hätte ich ihm die Geistersieche auf den Hals hetzen können, kaum als er den Kofferraum geöffnet hatte. Leider war mir eine Manifestation unmöglich, da ich noch immer keine Ahnung hatte, wie ich eine solche anging. Vor stiller Wut kochend ließ ich mich also von der zittrig schwitzenden Hand in das Haus tragen.

Erstaunlicherweise erschien dieses Anwesen von innen in einem deutlich besseren Zustand als es noch von Außen den Anschein gehabt hatte. Wahrscheinlich hielt die ordnende Hand eines Weibes die monströse Inneneinrichtung in Schuss. Diese Annahme erschien mir plausibel, da der Förster nicht den Eindruck machte, als sei er nach seinen Knabenjahren jemals durch und durch nüchtern gewesen. Und in seiner jetzigen und wahrscheinlich normalen Verfassung war er schließlich noch nicht einmal in Stande, seine eigene Haustür zu schließen.

Anstelle dessen schaffte er es, mich wie eine Trophäe an eine besonders schäbigen Wand zwischen Eber- und Hirschköpfen zu pinnen. Da baumelte ich, direkt über einem abgewetzten Sofa, den Hund und Herr sich in brüderlich gleicher Einigkeit teilten. Eines ist klar: Als ich herausgefunden hatte, wie ich mich materialisieren konnte, ist der anfangs angekündigte Unfall eingetreten. Doch leider wird dies noch etwas auf sich warten lassen.

Ghosts  (Lockwood & Co FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt