Alte Freunde, neue Feinde?

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"Oh gott!" Er kam zu mir gerannt. Er war mir so vertraut, aber jetzt irgendwie fremd.
Er war ein Jäger, ich ein Werwolf. Das passte nicht zusammen. Nicht mehr.
Paul ließ sich vor mir auf die Knie fallen und begutachtete meine Wunde.
Kurz knurrte ich, als er den Pfeil anfassen wollte, der in meinem Fleisch steckte.
Es tat so verdammt weh.
"Du bist also ein..."
"Mhm" presste ich mühevoll hervor.
"Ich werde dich nicht töten. Du warst wie eine Schwester für mich!"
Ich schluckte bei seinen Worten und musste daran denken, wie wir schon seit dem Kindergarten zusammen Sachen unternommen hatten und jeden Blödsinn anstellten. Als ich gegangen war, war das wie ein Schlag ins Gesicht für ihn und mich gewesen.
Trotzdem war ich froh hier zu sein.

In der Ferne hörte ich einen Ast knacken und gleich darauf Lucas meinen Namen rufen.
Paul, der ihn nicht gehört hatte, sah mich fragend an.
"Du solltest gehen. Er kommt zurück. Jetzt!" wenn Paul dann nicht weg war, würde er richtig Stress mit Lucas bekommen.
Ich sah den blonden Jungen mit den grünen Augen nochmals an.
"Bis bald Livvi", er lächelte mich an und betrachtete dann besorgt meine Wunde, dann stand er auf und ging.
Als er weg war, fragte ich mich, ob das wirklich passiert war. Verdammt.

"Olivia?"
"Hier!"
Kurz darauf hörte ich Schritte, die sich mir ungewöhnlich schnell näherten. Der schwarzhaarige Junge sah mich und atmete erleichtert aus, bis er den Pfeil in meiner Hüfte stecken sah.
"Wer war das?" knurrte er mit tiefer Alpha Stimme, sodass sogar ich ein  wenig zusammen zuckte.
"Ein Jäger".
"Ja, ich rieche ihn an dir. Warum hat er dich nicht getötet?" fragte er sich eher selbst. Ja, ich bin auch froh noch am Leben zu sein, dachte ich sarkastisch.
Sollte ich es ihm sagen?
"Es war einer meiner alten Freunde. Wir wussten nicht voneinander".
Lieber gleich die Wahrheit sagen, anstatt ewig mit Lügen leben.
Meine Hand war immernoch auf meine Wunde gepresst und sie war inzwischen genauso blutrot, wie mein Shirt.
"Scheiße! Du musst unbedingt zum Krankenflügel".
Ich spürte noch, wie Lucas mich hoch hob, dann wurde alles schwarz.

***

Das dumpfe stechen und pochen in meiner Hüfte riss mich aus meiner Traumwelt und ich öffnete blinzelnd die Augen.
Warum war es hier denn bitte so hell?
"Liv?"
"Lucas?"
Ich hörte ein erleichtertes Seufzen und kurz darauf Strich mir eine Hand beruhigend über die Wange.
Sein Geruch hüllte mich ein, umgab mich und ich fühlte mich so wohl wie lange nicht mehr.
Er nahm meine Hand in seine und ich drückte sie.
"Wie lange war ich bewusstlos?"
"fast einen ganzen Tag".
Als sich meine Augen an das Licht angepasst hatten, sah ich nur weiße Wände, Böden und Betten.
Plötzlich musste ich daran denken, wie wir im Wald waren und dann...
"Ist jemandem was passiert?" Ich schaute in Lucas blaue Augen und er sah sich nervös um, während er meine Hand los ließ und sich damit durch das dunkle Haar strich.
"Lucas..."
Was war mit den anderen im Wald passiert?
Er zwang sich mir in die Augen zuschauen. "Drei Leute wurden getötet, zwei sind vermisst und vier verletzt mit dir eingeschlossen".
Vermisst? Getötet? Was hatten wir den Jägern eigentlich getan, dass sie Jagd auf uns machten?
Plötzlich klopfte Jemand an der Tür und unterbrach meinen Gedankengang.
"Olivia?" hörte ich Ella leise vor der Tür.
"Ella!" irgendwie war ich erleichtert sie zusehen. Sie kam herein, während Lucas noch ein letztes mal meinen Arm drückte und ging. Fast hätte ich ihm hinterher gerufen, er solle bleiben, ließ es dann aber.
Meine Freundin setzte sich auf den Stuhl, auf dem Lucas zuvor gesessen war und starrte auf den Boden.
Ihre sonst so strahlenden Augen, waren stumpf und unter ihnen lagen dunkle Schatten.
"Was ist los?" fragte ich beunruhigt.
"Sie wurde mitgenommen", flüsterte sie fassungslos und mit Tränen in den Augen.
Ich erstarrte. Was? Oh mein Gott.
"Ma- Maria?" Ich musste es von ihr hören, um mir sicher zu sein.
"Ja" Es war fast nur ein Hauch. Trotzdem verstand ich sie.
Geschockt schlug ich mir die Hand vor den Mund.
Ich kannte die beiden zwar erst ein paar Tage, trotzdem waren sie mir irgendwie ans Herz gewachsen.
"Wir müssen sie suchen", sagte ich entschlossen zu ihr und sie starrte mich ungläubig an.
"Bist du verrückt? Das ist lebensmüde."
Eine Weile schwiegen wir beide, bis Ella schließlich seufzte.
"Du hast recht! Sie ist meine beste Freundin. Und wenn sie noch am Leben ist, müssen wir sie finden!"
So schnell ändern sich Meinungen. Stürmisch umarmte Ella mich.
Aber ein Teil ihrer Aussage machte mich nachdenklich. Sie sagte, wenn sie noch am Leben ist...
Oh verdammt.
"Passiert so etwas öfters?"
"Nein. In meiner ganzen Schulzeit bis jetzt erst drei mal".

"Und was machen sie mit den Schülern?"
"Ich habe gehört, sie forschen mit Ihnen, um ein Gegengift herzustellen, was unsere Verwandlung unterdrückt"
Bedächtig nickte ich. Das war widerliche. Das war bei Ihnen dann ungefähr so, als würde man ein Körperteil Abhacken.

Probeweise bewegte ich mich etwas, um zu testen, ob meine Verletzung noch sehr weh tat.
Das altgewohnte Pochen setzte wieder ein, gepaart mit dem stechenden Schmerz in meiner Seite. Frustriert atmete ich aus. Egal das würde schon gehen!
Außerdem hatte wir einen Vorteil. Ich kannte einen der Jäger ziemlich gut. Ich nahm mein Handy, das praktischerweise auf dem Tisch neben dem Bett lag und wählte seine Nummer.
"Liv? Geht's dir gut?" ertönte Pauls Stimme am anderen Ende der Leitung.
"Jaja mir gehts gut. Könntest du mir vielleicht einen Gefallen tun? Immerhin hab ich was gut bei dir, du hast mich angeschossen"

"Kommt drauf an, was für einen" Meinte er sichtlich nervös.

"Wir wollen Maria befreien. Du weißt schon, das Mädchen, das ihr gekidnappt habt" Ich wollte ihm kein schlechtes Gewissen einreden, aber es ging nicht anders. Ein Teil von mir hasste ihn für das was er tat und der andere liebte ihn immernoch. Freundschaftlich, wie sich versteht.

Frustriert atmete er aus.
"Das kann ich nicht Olivia" Er benutzte nie meinen ganzen Namen, außer es war ernst.
"Jetzt hör mir mal zu. Ihr seid doch Schuld, das zwischen uns noch Krieg herrscht, denn wir lassen euch in ruhe, aber nein, ihr wollt unbedingt unser Ende."

"Jetzt sei bitte nicht saue-"
"Ja oder nein?"
Eine lange Pause entstandt und ich fragte mich, ob er aufgelegt hatte.
"Na gut. Weißt du, seit ich weiß, dass du ein Werwolf bist, will ich kein Jäger mehr sein. Mir is klar geworden, das es scheußlich und unmenschlich ist".

"Danke."

"Ich hole euch am Ende vom Wald an der Akademie ab. Heute Nacht. Ich hoffe du weißt, dass ich meinen Arsch für dich riskiere" seine ernste Stimme brachte mich zum grinsen.
Ich wollte noch etwas erwidern, da hatte er schon aufgelegt.

***

Huuu.
Das Kapitel war nicht allzu spannend :D egal.
Hoffe es hat euch gefallen ;) Kritik und son Zeugs einfach in die Kommentare.
Donge ✔

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