Kapitel 1 100 Jahre später

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Kapitel 1

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Methanhydrat (Methanklathrat - von lat. clatratus = Käfig -, auch Methaneis, brennbares Eis oder Gaskondensat genannt) besteht aus Methan, das in Eis eingelagert ist. Russische Wissenschaftler stellten die Hypothese auf, dass Methanhydrat in vielen Gebieten der Erde natürlich vorkommt. Erstmals wurde reines Methanhydrat 1971 im Schwarzen Meer entdeckt.

Methanhydrat bildet sich aus Wasser und Methangas bei einem Druck ab circa 20 bar; dieser Druck wird ab etwa 190 Meter Wassertiefe erreicht und bei Temperaturen von 2 bis 4 °C. Bei der Entstehung von Methanhydrat muss das Wasser mit Methan übersättigt sein, ferner müssen bestimmte Druck- und Temperaturbedingungen herrschen. Nur bei hohen Drücken und niedrigen Temperaturen sind Methanhydrate stabil. Erstmals birgt Japan 2009 Methanhydrat aus 1000 m Tiefe, 330 m unter dem Meeresboden aus der Tiefsee. Das im Eis eingeschlossene Methan ist brennbar und erzeugt eine kalte, rote Flamme, deshalb wird es auch brennendes Eis genannt.

 

2012 wurde 200 km vor der Küste Nordamerikas ein Fund gemacht, der auf diesem Gebiet bahnbrechend sein sollte: Zwischen Massen aus Methanhydrat wurde ein Körper gefunden und an die Oberfläche geholt. Man konnte nur wenige Proben nehmen, bevor der Körper auftaute und das Methan entschwand. Durch mysteriöse Umstände ist dieser Körper allerdings verschwunden. Mit der Auswertung der Proben stellte man fest, dass dieser Körper wohl vor 100 Jahren Passagier auf der Titanic gewesen war.

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100 Jahre später

Ist mir kalt? Ist mir warm? Liege ich? Sitze ich? Stehe ich? Fühle ich mich wohl? Fühle ich mich unwohl? Bin Ich wach? Schlafe ich? Bin ich tot? Lebe ich? Wo bin ich?

Was bin ich?

Meine Lunge, mein Herz - meine Organe - sie sind kalt. Meine Haut ist warm. Ich liege - bequem. Ich fühle mich wohl und unwohl. Mein Bewusstsein ist da, aber ich kann mich nicht bewegen - ich schlafe. Ich denke - ich atme - ich lebe. Wo bin ich?

Was bin ich?

Ich schlage meine Augen auf und werde sofort von Reizen überschüttet. Da ist Licht - mein erster Eindruck - auf das meine Iris reagiert. Da ist ein dreidimensionaler Raum, auf den sich meine Linse einstellt. Durch diese beiden Reize meldet mein Schmerzzentrum Gefahr und ich kneife vor Schmerz die Augen zusammen. Reflex - kommt mir als Wort in den Sinn. Ich öffne noch mal die Augen - diesmal langsamer. Meine Iris verengt sich langsam und reguliert den Lichteinfall. Ich erkenne Umrisse und Farbabstufungen. Meine Linse fokussiert. Ich sehe.

Langsam und schrittweise regt sich etwas in mir. Es hat nichts mit äußeren Einflüssen zu tun. Ich spüre, dass es nicht wirklich ist. Es ist wie eine blasse Erscheinung und doch so kräftig, dass ich es nicht ignorieren kann. Erinnerung, das ist die Bezeichnung für das, was ich eben fühle. Ich bemerke wie diese Erinnerung, meine, eben wieder gewonnenen Sinne einnimmt und mich etwas sehen lässt, dass nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat: Meinen Tod.

Ich sehe, wie als ob ich nebenher schwebe, wie mein Körper von tausenden Tonnen Wasser umschlossen wird. Ich sehe, wie er von der Strömung erfasst und herumgewirbelt wird. Wie die Luft meinen Lungen entweicht und wie sich dabei der Ausdruck in meinem Gesicht verändert. Er entspannt sich. Ich hatte den Ausdruck eines Hoffnungslosen im Gesicht.

Ich schlage die Augen auf, doch dieses Bild ist auf meine Netzhaut gebrannt. Um gegen dieses Gefühl der Hoffnungslosigkeit, dass mich beim Anblick dieses Gesichts überkommt, anzukämpfen hebe ich langsam meinen Oberkörper und stemme ihn auf meine Arme. Ich fühle mich, als hätte ich mich jahrelang nicht bewegt. Endlich aufrecht sitzend strecke ich meine Arme. Es knackst in meinen Gelenken doch danach fühle ich mich besser.

Eine Tür, die ich davor nicht einmal bemerkt hatte öffnete sich und ein Mann trat herein. Er war groß und schlank und hatte dunkle Haut. Sein linkes Auge war von einer schwarzen Augenklappe verdeckt und die Narben die drum herum zu sehen waren, ließen auf eine schwere Verletzung schließen. Der lange schwarze Mantel ließ den Mann mächtig erscheinen und sein eiskalter Blick verstärkte diesen Eindruck. Ich zuckte zusammen, als meine Ohren zum ersten Mal die Erfahrung eines Geräusches machten. „Jonathan Ruth…“ Bei diesem Namen strömten sofort wieder Erinnerungen auf mich ein, nur wirres Zeug, doch schon nach kurzer Zeit erkannte ich, dass das mein Name war. „…Ist das dein Name?“ erfüllt von dieser neuen Erkenntnis nickte ich eifrig. „Gut. Zumindest etwas. Was ist das Letzte, an das du dich erinnern kannst?“

 Ich zog die Augenbrauen zusammen. Ich hatte zwar Erinnerungen, doch zeitlich einordnen konnte ich sie beim besten Willen nicht. Ich seufzte. Die Erinnerung daran, wie man mit seinem Mund verständliche Laute formte, überschwemmte mich und ich begann meine Gedanken auszusprechen. „Ich kann mich erinnern, aber nicht richtig. Nur in einzelnen Ausschnitten und unzusammenhängend.“ Ich fuhr mir mit der Zunge über die Lippen. Ein paar der Laute kitzelten, wenn man sie erzeugte. Ich bildete mir ein, ein Anflug von Erstaunen im Blick meines Gegenübers zu erkennen, der sich jedoch sofort wieder hinter der eisernen Maske versteckte. „Du wirst schon noch alles wieder erkennen und sortieren können, du brauchst nur etwas Zeit.“ Ich nickte. Irgendwie war es seltsam mit diesem Mann zu reden, ohne seinen Namen zu kennen. Etwas regte sich in mir und brachte mich dazu zu fragen: „Wer sind sie?“

Er sah mich an und antwortete dann: „Director Nick Fury. Ich bin das S.H.I.E.L.D Oberhaupt und für alles hier verantwortlich. Du befindest dich auf dem S.H.I.E.L.D.-Helicarrier im Jahr 2012, um deine nächsten Fragen zu beantworten.“ Ich glich die soeben erhaltenen Informationen mit meinen vorhandenen Erinnerungen ab, konnte aber keine Übereinstimmung finden. Verwirrt sah ich zu Nick Fury auf. Er tat meine Verwirrung mit einem bestimmten Nicken ab und wandte sich zur Tür. „Alles Weitere wird dir ein Betreuer erklären und beschreiben. Ich erwarte, dass du so bald wie möglich zu uns stoßen kannst.“ Die Türe öffnete sich und er trat hinaus. Kein sehr netter Mensch, auch wenn ich bisher noch keinem anderen begegnet bin. Was er wohl mit „zu uns stoßen“ meinte? Mir war das alles hier ein Rätzel.

Dann öffnete sich die Tür wieder und eine schlanke Frau mit einer sehr kurzen, fast schon männlichen, Frisur trat herein. Sie kam sofort auf mich zu und setzte sich an mein Bett. „Hallo Jonathan.“, sagte sie freundlich und lächelte mich an. Sie war mir sofort sympathisch. Ich lächelte zurück. „Ich bin Agent Maria Hill und ab heute für deine Ausbildung zuständig. Aber erst einmal werden wir dafür sorgen, dass du auf den neuesten Stand kommst.“ Ich nickte erleichtert, dass war genau das was ich brauchte. „Ich kann mir vorstellen, dass das alles hier für dich sehr verwirrend ist, zumal deine letzte Erinnerung im Jahr 1912 verankert sein muss.“ Sie sah mich etwas erwartend an und sprach dann weiter, als sie merkte, dass meine Erinnerung zu diesem Datum nicht vorhanden waren. „Okay, sagt dir die Titanic etwas?“ Ich nickte und spuckte alles aus, was meine Erinnerungen hergaben. „Das größte Schiff der jetzigen Zeit, unsinkbar. Ich war an Bord, als sie ihre Jungfernfahrt hatte.“ Okay ich muss sagen, dass was ich wusste, war nicht gerade viel, aber es reichte um Maria Hills Miene aufzuhellen.

„Richtig!“, strahlte sie, „Nur ein wichtiges kleines Detail fehlt… Dieses Schiff ist gesunken.“ Sie sah mich mitfühlend an, als die Erinnerungen mich überschwemmten. Ich sah, wie das Schiff gegen einen Eisberg krachte und ich vornüber über die Reling fiel. Schmerzen durchzuckten mich erneut, als mein Körper auf dem Wasser aufschlug und von den eiskalten Wassermassen verschluckt wurde. Ich schnappte nach Luft, als die Erinnerung an meinen qualvollen Tod  drohte mich zu fesseln, dann öffnete ich zitternd die Augen. Ich war gestorben, wieso lebe ich noch? Mit panischem Blick sah ich Maris Hill an. „Wieso bin ich am Leben?“

Ice FlameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt