4. Chet

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Tom kam zum Vorschein, zerzaust und offensichtlich ein wenig mehr durch den Wind als sonst, aber ansonsten unversehrt. Hinter ihm war einen Moment lang das Skelett zu erkennen, bevor er die Tür wieder schloss. Vornübergebeugt und sich mit einer Hand an der Wand abstützend, kam er langsam näher.

„Was ist los?", spottete Ben. „Schon fertig?"

Tom blickte auf, das Licht der Taschenlampe, die Sophia ihm wie ein Lichtschwert entgegenstreckte, spiegelte sich in den Linsen seiner AR-Brille. Einen Moment lang zögerte, dann verzog sich sein Mund zu einem schrägen Lächeln. Echt wirkte es nicht gerade. „Ja, ich... muss wohl gestehen, mir sind die Ideen ausgegangen." Seine Stimme war leise, heiser, er flüsterte beinahe. Dennoch schien ihn sein Versagen nicht großartig zu stören.

„Was?", fragte Ben, angemessen verwirrt reagierend. „DU gibst auf? Oh, nein. Oh, nein, nein, nein. Darauf falle ich nicht rein. Dieses Mal nicht. Wenn du also wieder versuchst, das Tunguska-Manöver abzuziehen, dann stößt du heute bei mir auf taube Ohren!"

Das Lächeln auf Toms Gesicht wurde breiter. Echter wirkte es dadurch nicht gerade. „Du denkst doch nicht, dass ich euch so einen Unsinn noch einmal antun wollen würde, oder?"

Ben verschränkte die Arme vor der Brust. „Einmal ist meiner Meinung nach schon mehr als genug gewesen."

Ganz langsam kam Tom immer noch näher, ließ die Zwillinge dabei keine Sekunde lang aus den Augen. Mit fließenden Bewegungen näherte er sich den Beiden wie eine Raubkatze einem unachtsamen Vogel. „Wir werden diesmal einfach in den Helikopter steigen, und dann darfst du fliegen, wohin du willst, und ich werde dich erst darum bitten, zu landen, wenn wir sicher sein können, dass die Polizei uns nicht mehr auf dem Radar hat", säuselte er im Flüsterton, während die Sohlen seiner Schuhe auf eine Treppenstufe nach der anderen klackten.

„Warum bist du so gelassen, obwohl dein Lebenstraum gerade zerstört wurde?", fragte nun Sophia. „Tom, ich kenne dich. Du gibst nicht so schnell auf. Irgendetwas muss da unten doch passiert sein, und ich werde nicht mitkommen, solange du mir nicht gesagt hast, was das war!"

Tom stutzte, dann begann er zu kichern, und kurz darauf lachte er lauthals. Er beruhigte sich innerhalb von Sekunden vollkommen und seufzte. „Wenn du darauf bestehst... Ich habe den Verstand verloren- ähm, hatte, hatte den Verstand verloren", korrigierte er sich hastig. „Bei dem Grafen zu sein, hat in mir etwas ausgelöst, dass mir im Nachhinein ganz und gar nicht gefällt. Ich meine, ich hatte gedacht, er hätte mit mir gesprochen. Das kann doch nicht gesund sein, wenn ich einen halben Kilometer unter der Erdoberfläche einen auf Hamlet mache, oder? Ich meine, es war schon immer mein liebstes Stück, aber ich hatte nicht vor, selbst zu dieser Figur zu werden."

„Was war das?" Sophia umklammerte die Taschenlampe mit beiden Händen. Auf ihrem Gesicht lag ein Ausdruck, der irgendwo zwischen Schock, Verwirrung, und insbesondere Misstrauen angesiedelt war. „Tom, was ist mit deiner Stimme?"

Tom winkte ab. „Das ist nichts", behauptete er. „Die Luft hier unten tut meinen Stimmbändern nicht gut, glaube ich."

Sophia war nicht überzeugt. „Bist du dir sicher, dass alles in Ordnung ist, Thomas?"

Tom nickte lächelnd. „Wie gesagt, nur die Luft hier unten. Gleich ist alles wieder gut."

Ohne auch nur einen Blick zu wechseln, wirbelten Ben und Sophia auf der Stelle herum und rannten davon, so schnell ihre Beine sie trugen.

„Was zum..." Einen Moment lang verstand Chet die Welt nicht mehr. Dann konzentrierte er sich auf Thomas Erinnerungen und bemerkte seinen Fehler augenblicklich. „Verdammt! Na gut, Tom, sieht so aus, als müsste ich mir außer deiner Seele auch noch deinen Körper nehmen. Glaub mir, so werden wir deutlich beeindruckender wirken." Er hielt inne. „Warum rede ich mit mir selbst?"

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 26, 2015 ⏰

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