3. Der Dämon

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Wie ist dein Name, Mensch? Die Stimme klang so hohl und kalt wie der Schädel, aus dem sie erklang, es war.

Tom zitterte vor Aufregung, seine Augen leuchteten förmlich. So nah war er seinem Ziel, trotz aller Anfeindungen und Zweifel. Er hatte es schon beinahe geschafft, und der Fürst redete sogar schon mit ihm.

Nun, da er darüber nachdachte, fiel ihm ein, dass es wohl besser wäre, auch zu antworten. „T-Tom", brachte er heraus.

Das Skelett seufzte. Plötzlich fühlte Tom sich von einem missmutigen Blick taxiert. Falsch, kam kurz darauf die Antwort. Deine Freunde nannten dich 'Thomas'.

Unwillkürlich ballte Tom die Fäuste. „Diesen Namen habe ich bei meinem Eintritt in den Orden offiziell abgelegt", protestierte er schwach.

Ist der Orden hier? Die Antwort darauf lautet: NEIN. Dementsprechend interessiert er mich auch herzlich wenig. Worauf ich allerdings durchaus großen Wert lege, ist, dass ich nicht angelogen werde. Die Stimme, hohl und schwach wie zuvor, hatte jetzt etwas Schneidendes angenommen. Also nenn mir jetzt deinen vollständigen Namen, Mensch!

Tom zitterte weiter, nun aber weniger vor Aufregung als viel mehr vor Angst. Schließlich schaffte er es dann doch, diese ihm so verhasste Antwort zwischen zusammengebissenen Zähnen hervorzupressen: „Thomas... Harris."

Eine Weile schwieg der Schädel. Irgendwann kam langsam, ungläubig, die Antwort: Wirklich?

„Wirklich", bestätigte Tom niedergeschlagen.

Wirklich?!

„Ja, wirklich."

Wieder dauerte es eine Weile, bis eine Antwort kam. Du solltest wirklich mal darüber nachdenken, den zu ändern. Wie wäre es zum Beispiel mit... lass mich einen Moment nachdenken. Ah! Tom! Das wäre doch eine gute Alternative, oder?

„Das habe ich doch vorhin benutzt!", protestierte Tom wieder, dieses Mal lautstark.

Ich weiß.

„Warum habt Ihr dann-"

Ich wollte mir einen Spaß erlauben.

„Aber Herr, Ihr solltet Euch keinen „Spaß erlauben"!", rief Tom entgeistert. „Ihr solltet Euch die Welt untertan machen!"

Sehe ich so aus, als wäre ich momentan in der Verfassung dazu? Nein, Weltherrschaft kommt später, wenn ich dazu in der Stimmung bin, entgegnete der Schädel ruhig. Vorerst werde ich an meinen rhetorischen Fähigkeiten arbeiten, nachdem ich gefühlt Jahrhunderte in dieser rückständig, sinnlos und VOR ALLEM einfallslos dekorierten Gruft habe rumhängen müssen! Im Anschluss daran werde ich mir den einen oder anderen Menschen genehmigen und mich dann an meiner neu gewonnenen physischen Gestalt erfreuen. So. Und wenn ich damit fertig bin, werde ich einen Krieg gewinnen und mir am Ende vielleicht auch noch die Welt untertan machen.

Wo wir bei meiner physischen Gestalt sind, könntest du mir freundlicherweise den Knoblauch aus den Augen nehmen? Der ist doch recht lästig.

Eifrig nickend bückte Tom sich und streckte vorsichtig die gesunde Hand aus. Vielleicht würde der Graf ja eher den Schriften entsprechen, wenn er erst wieder bei Kräften war.

Beinahe hätte er es sogar geschafft. Er machte nur einen einzigen Fehler. Als er jedoch die zweite Knolle zu entfernen versuchte, berührte ein einziger Knöchel eines seiner Finger die linke Augenhöhle. Und klebte daran fest wie eine Fliege auf Fliegenpapier.

Toms Augen wurden groß. „Was?!"

Entschuldige, aber ich glaube nicht, jemals erwähnt zu haben, dass du mich dabei berühren darfst.

ChetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt