Es war natürlich schwer mit Lucifer an der Backe zu leben, keine Frage. Aber irgendwie hatte ich mich innerhalb dieser Woche an ihn gewöhnt. Oder vielleicht war ich auch einfach durch den Schlafentzug verrückt geworden. Wer wusste das schon genau?
Da ich auf seinen nervtötenden Gesang nicht mehr einging musste sich Lucifer eine neue Art der Folter ausdenken. Er weckte mich nun jede Stunde auf und hatte dabei auch noch sichtlich Freude. Warum musste meine Geschichtslehrerin auch über die Folter der Stasi reden? War doch klar, dass er sich davon inspirieren lassen würde. Immerhin war ihm langweilig. Verdammt langweilig. Und die psychische Folter war ihm da eine willkommene Beschäftigung.
„Guten morgen!", flötete Lucifer und riss mein Kopfkissen weg. Grummelnd warf ich ihm den Todesblick zu. Das war bereits das vierte Mal, dass er mich geweckt hatte.
„Wie viel Uhr ist es?", stöhnte ich genervt und riss ihm das Kissen aus der Hand.
„Vier Uhr morgens", erwiderte er mit einem breiten Grinsen. Ich drückte mir das Kissen genervt ins Gesicht.
„Ich hasse dich, Lucifer. Wirklich", murmelte ich durchs Kissen hindurch, doch er lachte nur.
„Ich hab dich auch lieb, Süße."
„Halt die Klappe."
„Pft. Morgenmuffel", er schmunzelte und ließ sich auf das alte Sofa neben den Schallplattenspieler fallen.
„Oh, was haben wir denn hier? Noch mehr Schallplatten?", es war mehr eine Feststellung als eine Frage, „du bist also einer der Menschen, die 'richtige' Musik hören, hm?"
Er spielte mit den Platten und entschied sich dann für ein Album.
„Ich bin kein Hipster, falls du das meinst", grummelte ich und meine Augen schienen fast von alleine wieder zu zufallen, doch schon nach wenigen Sekunden, in denen ich die Augen geschlossen hatte, ließ er 'Back in Black' durch die Lautsprecher dröhnen.
„Lu!", knurrte ich genervt und warf ein Kissen nach ihm. Er grinste mich breit an und wippte rhythmisch mit dem Kopf. Blöder Weise machte mich die Musik hellwach und ich gab auf zu schlafen. In ein paar Stunden musste ich ja sowieso in die Schule.
„Tolle Band", gab ich seufzend zu und er nickt. Ich setzte mich hin und beobachtete Lucifer dabei, wie er wild durchs Zimmer tanzte, als „Highway to Hell" ertönte.
„DAS! Das ist meine Hymne!", rief er belustigt und ich konnte nicht anders als zu lachen.
„MEI! WAS BITTE WIRD DAS?!", meine Mutter stürmte wie eine Furie in mein Zimmer und ich konnte auf ihrer Stirn deutlich ihre Wutader pochen sehen, „WAS ZUR HÖLLE! ES IST VIER UHR MORGENS!"
„T-Tut mir leid...", stotterte ich, „ich konnte nur nicht schlafen..."
„Und dann drehst du einfach mal deine Schallplatten auf und weckst uns damit?!", knurrte sie und schaltete meine Anlage aus.
„Wird nicht wieder vorkommen", entgegnete ich mit zittriger Stimme.
„Das hoffe ich für dich. Warte, bis dein Vater von seiner Geschäftsreise zurück kommt!"
„Er ist nicht mein Vater!", schrie ich ihr wütend hinterher und schloss die Tür hinter ihr mit einem lauten Knall. In diesem Moment verspürte ich eine unfassbare Wut, die mir vollkommen fremdartig war.
„Was für eine Stimmungskillerin, was?", meinte Lu und zuckte mit den Schultern, doch ich nahm seine Stimme kaum wahr. Ich zitterte am ganzen Körper und ich hatte das Gefühl nicht mehr klar denken zu können. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und ich konnte nichts mehr direkt spüren. Das einzige was da war, war Wut. Fürchterliche brennende Wut, die mich wie eine Welle unter sich begraben hatte.
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What's up, Lucifer?
ParanormalWas eigentlich der Anruf eines Schutzengels werden sollte, stellte sich als ein Irrtum heraus. Und nun sitzt Mei wortwörtlich der Teufel im Nacken. Cover by Ryneia #2 in Übernatürliches am 25.05.16