Am nächsten Morgen wachte ich auf und das Erste, das ich sah, war nichts - einfach absolut gar nichts. Es war, als wäre eine vollkommene Dunkelheit über mir herein gebrochen. Man mag jetzt meinen, dass das ganz normal wäre, wenn man in der Nacht auf wachte, aber diese Dunkelheit... Sie war etwas besonderes. Ich konnte keinerlei Umrisse erkennen und ich war mir sicher, dass ich so etwas noch nie zuvor gesehen hatte. Ängstlich tastete ich nach dem Lichtschalter, doch selbst als ich ihn erreichte und den Schalter betätigte blieb es dunkel. Vielleicht ein Stromausfall? Ja, das wäre möglich. Immerhin war es nicht das erste Mal, dass wir keinen Strom hatten. In dieser älteren Gegend passierte das nunmal ab und zu. Aber - irgendetwas stimmte hier doch nicht. Weshalb hatte ich so ein ungutes Gefühl im Magen?
Vorsichtig versuchte ich einen Fuß auf den Boden zu setzen, doch ich schien nur ins Nichts zu treten.
"Lucifer?", hauchte ich ängstlich, doch meine Stimme schien mir nicht mehr zu gehorchen. Kein Ton drang aus meiner Kehle.
Ich schluckte und ich konnte deutlich spüren, wie sich mein Herzschlag verschnellerte. Das Klopfen meines eigenen Herzens kam mir so laut wie nie vor und mich über kam eine Angst, dass es mich verraten würde - doch wovor? Saß ich nicht immer noch in meinem Zimmer?
Als ich mich gerade ein wenig beruhigen wollte, setzte sich mein Körper ohne meinen Willen in Bewegung und ließ meine Beine gefährlich nah am Abgrund meines Bettes baumeln. Ich zitterte und versuchte mich so gut es ging zu wehren - doch erfolglos. Mit einem Ruck sprang ich unfreiwillig von meinem Bett und stürzte in die Tiefe. Ich konnte den Wind in meinen Haaren spüren als ich tiefer und tiefer stürzte. Lautlos schrie ich um Hilfe. Warum hörte mich niemand? Warum konnte ich nicht schreien, obwohl ich das so sehr wollte? Wieso half mir denn keiner?
"Stopp!", rief ich gedanklich immer wieder, doch nichts schien meinen Fall bremsen zu können.
"Du weißt, was du zu tun hast. Du musst nur darum bitten", Lucifers Stimme durchbrach spöttisch die Stille.
"Lucifer", flehte ich und endlich erklang meine Stimme, "... bitte! Mach, das es aufhört!"
Und plötzlich schlug ich meine Augen in meinem Bett auf. Mein Herz raste noch immer und ich musste mir die Tränen aus dem Gesicht wischen - ich hatte nicht einmal gemerkt, dass ich geweint hatte.
Lu saß breit grinsend vor mir."War das wirklich so schwer?", fragte er und ich sah ihn nur verblüfft an, "du siehst alsi: Ich bin derjenige, der dich in deiner dunkelsten Zeit retten wird. Ich bin dein Lichtbringer."
"Und das... musstest du mir so mitteilen?!", knurrte ich. Meine Angst hatte sich in Wut verwandelt.
War das etwa sein Ernst?!
"Also?", fragte er nach einer kurzen Zeit der Stille, in der ich ihn gedanklich verfluchte.
"Also was?", ich runzelte die Stirn.
"Also gibst du mir jetzt deine Seele?"
"Was? Nein!"
Er stöhnte genervt.
"Weißt du, es wäre wirklich nett, wenn du mich wieder zurück in meinen Himmel - die Hölle - gehen lassen würdest und ich nicht mehr auf dieser verfluchten Erde fest sitzen müsste!"
"Gut", murrte ich und sein Gesicht erhellte sich, "ich mache einen Deal."
"Nimm was auch immer du begehrst."
"Meinen Vater."
"- ...Außer das."
"Ich will meinen Vater zurück."
Er schien ein wenig betrübt. "Unmöglich."
"Wieso?"
"Er ist tot, Mei. Das weißt du."
"Ja, und? Du hast gesagt alles! Also bring ihn zurück!"
"Die Toten sollten besser tot bleiben. Du weißt nie, was es für Konsequenzen geben könnte."
Ich seufzte, "weißt du wenigstens... Ob es ihm gut geht? Da, wo er jetzt ist?"
Lu sah sich ein wenig unsicher um und schien Augenkontakt zu vermeiden.
"Mei, du solltest es nicht erfahren."
"Aber... Er ist im Himmel, richtig? "
"Mei..."
"Sag mir, dass er im Himmel ist!", meine Stimme zitterte.
"Mei!"
"Sag es mir!", flehte ich ihn schreiend an.
"Mei! Ich kann nicht!", entgegnete er wütend. Langsam begreifend, was er mir da gerade gesagt hatte ließ ich mich auf den Boden sinken.
"Er... ist in der Hölle", hauchte ich und Lucifer nickte seufzend.
"A-Aber... wieso?", Tränen strömten erneut meine Wangen entlang. Er war doch ein guter Mann gewesen. Zumindest hatte ich ihn so in Erinnerung. Auch, wenn er noch so übermüdet war, war er doch immer mit einem Lächeln nach hause gekommen um mit mir zu spielen oder mir Geschichten zu erzählen. Allerdings war mir damals natürlich nicht bewusst, dass er all dies nur für mich getan hatte.
"Mei?", Lucifer riss mich aus meinen Gedanken, "er hatte eine solch reine Seele, die ich bis jetzt erst zweimal gesehen habe."
"Wieso hast du ihn dir dann geholt? Wieso hast du ihn nicht in den Himmel gebracht?", ich zitterte am ganzen Körper und mir war plötzlich unglaublich kalt.
"Es war ein Deal."
Ich schien für einen Moment wie eingefroren zu sein. Mein Vater? Ein Deal? Niemals!
"Was-", begann ich, doch er unterbrach mich.
"Es lebten einst zwei Bauern zusammen - eine Frau und ein Mann. Sie liebten sich aus tiefstem Herzen und sie wünschten sich nichts sehnlicher, als ein Kind", erzählte er.
"Lucifer, hör auf", meine Stimme bebte, als ich erkannte, was er mir da gerade erzählte.
"Eines Tages traf der Mann auf einen Engel, der ihm erlaubte einen Wunsch zu äußern. Er würde ihn erfüllen. Der Mamn hätte sich Reichtum, Magie oder ähnliches wünschen können, doch er entschied sich für ein Kind. Der Engel gewährte ihm diesen Wunsch, meinte aber, er würde bald zurück kehren, damit der Mann seine Schulden begleichen könne. Nichtsdestotrotz willigte der Mann ein und neun Monate später gebar seine Frau ein gesundes Mädchen."
"Hör auf!", schrie ich erneut und er stoppte.
"Kommt dir die Geschichte bekannt vor, Mei?", Lucifers Stimme klang plötzlich ganz sanft. Zum ersten Mal, seitdem ich ihn kannte, schien er einen Hauch Mitgefühl zu zeigen.
"Diese Geschichte hat mir mein Vater immer erzählt..."
"Sie ist wahr", seine schwarzen Augen fixierten mich, "du bist sein Deal, Mei."
Ich schluckte. "Mach es rückgängig", presste ich hervor und seine Augen weiteten sich. Er öffnete den Mund, als würde er irgendetwas sagen wollen, doch es hatte ihm die Sprache verschlagen.
"Das ist unmöglich", hauchte er mit dem gleichen verwirrten Blick.
---------------------------------------------------------
Ich bin wieder da, baby!
Dankeschön an die tollen Mädels, die immer fleißig Kommentare schreiben und mich sehr motiviert haben! (Und auch inspiriert!!)
Ich werde in nächster Zeit versuchen wieder zurück zu dieser Geschichte zu finde. (Dafür habe ich ja dann auch während meinen scheinbar ewig dauernden Zugfahrten Zeit!)
Ich freue mich wie immer über Verbesserungsvorschläge und Kommentare!
~ Pebbles!P.S.: Das nächste Kapitel wird ein wenig anders ;)
DU LIEST GERADE
What's up, Lucifer?
ParanormalWas eigentlich der Anruf eines Schutzengels werden sollte, stellte sich als ein Irrtum heraus. Und nun sitzt Mei wortwörtlich der Teufel im Nacken. Cover by Ryneia #2 in Übernatürliches am 25.05.16