Ich habe noch 2 Wochen bevor die Schule für mich startet.
Zum ersten Mal.
Ich fühle mich unbeschreiblich, viel zu nervös um nicht die ganze Zeit Migräne zu haben. Ich hatte sowas noch nie, wieso denn auch? Worüber sollte ich mir bei Unterricht zu Hause den Kopf zerbrechen? Ob mein Privatlehrer wohl eine neue Frisur hat? Nein, im Vergleich dazu ist mein Leben immer schön entspannt gewesen. Unsere neue Wohnung ist gemütlich, nicht sonderlich groß, aber dennoch schön und besonders der Standort macht dieses Gebäude so begehrenswert. Wir wohnen direkt im Herzen der Innenstadt und man hört dauerhaft das Pulsieren der Stadt, was bei meiner Mutter Kopfschmerzen auslöst, doch mich mit Freude erfüllt.
Ich, geboren in einer Erbsen-großen Stadt, habe schon immer davon geträumt bei Motoren Geräuschen und dem Stimmengewirr der Großstadt einschlafen zu können. Und jetzt liege ich selig in meinem Zimmer auf meiner provisorischen Matratze, die ich provisorisch auf den Boden gelegt habe. Morgen werde ich mein Zimmer einrichten, gestrichen ist es schon in den passenden Farben. Ich glaube, ich habe einen ziemlich individuellen Style, auch wenn ich keinen wirklichen Vergleich habe ohne jegliche Mitschüler, an denen ich mich orientieren kann, aber selbst wenn ihnen mein Style nicht gefällt, ich werde mich ganz sicher nicht verändern, denn, auch wenn viele das Gegenteil behaupten, meine Oma war eine weise und intelligente Frau. Sie war es, die mir eingeschärft hat auf das zu scheißen, was andere von einem halten.
Du kannst es sowieso nicht jedem recht machen, aber du kannst es auf jeden Fall dir recht machen, also bleib dir selbst treu.
Meine Selbstüberzeugung hindert mich trotzdem nicht daran über die Highschool nachzudenken. Ich greife nach meinem iPad und bin froh, dass wir als erstes das WLAN eingerichtet haben nach unserer Ankunft. Ich scrolle durch meine YouTube Empfehlungen und bleibe schließlich bei den Back-to-school videos hängen. Ich meine, warum nicht? Ich könnte mich ja von ein paar normalen Teenagern auf YouTube beraten lassen.Es ist ungefähr 2 Uhr morgens und was ich in den letzten 3 Stunden gelernt habe, ist, dass ich
1. mehr Make-up brauche
2. vor jedem Schultag zu Starbucks laufen muss
und 3. ich mehr Klamotten brauche.
Außerdem müssen meine Hefte super süß gestaltet sein, was ich sowieso nicht hinkriege, weil ich noch nichtmal Geschenke zukleben kann, also erst recht nicht irgendein ausgefallenes Muster auf mein Matheheft bügeln.
Ich hoffe nicht, dass das ein Erwartungskriterium ist, um neue Freunde zu finden und in sozialen Gruppen angenommen zu werden, denn dann kann ich mich selbst jetzt schon als Loser erklären. Gähnend lege ich meinen iPad neben meine Matratze und starre an die Decke. Die Holzbalken verlaufen genau senkrecht über mir, also müsste mir das laut FengShui eigentlich Glück und Gesundheit versprechen und beides wünsche ich mir, aber wohl eher Glück, welches ich auch reichlich brauchen werde in der Highschool. Ich frage mich, wie das so ist schon sein Leben lang auf einer öffentlichen Schule zu sein, Freunde zu haben oder auch nicht und sich der sozialen Ordnung bewusst zu sein. Gemobbt oder bewundert zu werden. Und ich frage mich, was ich werde. Mein ganzes bisheriges Leben habe ich nur 3 dauerhafte Freunde gehabt und zwei davon waren meine Mutter und meine Oma. Die dritte ist die Tochter unser Nachbarn in Altamont, die allerdings 3 Jahre älter ist als ich und jetzt ein Studium in Georgetown beginnt, deswegen wäre es schon schön ein paar Freunde zu finden. Wie werden die anderen wohl aussehen? Gibt's ein paar Leute mit individuellen Style? Ich möchte nicht alleine rumlaufen, wie eine Highschool Katastrophe und Getuschel bei jedem meiner Schritte hören müssen, aber ich glaube nicht, dass ich ein totaler Loser sein werde. Ich bin hübsch genug, egal wie arrogant sich das anhört. Meine Haare sind gesund, hellbraun, lang und wellig. Wenn ich sie anfasse sind sie dick, stark und dennoch seidig. Ich habe dunkle Augen, fast so dunkel, dass man meine Pupille nicht mehr erkennt, die im Kontrast zu meiner blassen Haut mit den vielen Sommersprossen und den hellbraunen Haaren stehen. Außerdem habe ich schöne volle Lippen, nur ich glaube, dass meine Augenbrauen etwas zu buschig sind. Das sagt meine Mutter jedenfalls immer mit ihren dünnen, dunkelblonden Härchen über den blauen Augen. Meine Oma und Mutter sind ein ganz anderer Typ als ich, denn sie sind beide blond, schnell gebräunt, haben blaue Augen und schmalere Lippen. Mein Vater war Grieche, soweit meine Mutter sich erinnern kann, so zugedröhnt wie sie während ihrer Beziehung war. Durch meinen Erzeuger habe ich also diese schöne Portion Dunkelheit in mein Aussehen geschossen bekommen und ebenfalls meine Größe. Mum sagt immer, mein Vater war so groß wie zwei Türen übereinander, was meine Größe sehr beeinflusst hat. Ich meine, ich bin kein Riese aber schon gute 1,74 Meter groß, was wahrscheinlich ein Problem für viele Jungs sein wird, die auf kleine Mädchen stehen mit strahlendem Lachen und schönen Kurven. Ich bin dazu der Kontrast in Person, denn mein Lachen ähnelt einem erstickten Gurgeln und mein Körper hängt mit den Brüsten noch etwas hinterher, denn mit meinen 16 Jahren habe ich mit etwas Glück in einigen BHs die Größe B, doch dafür habe ich schön lange und schlanke Beine, die so gut wie immer in zerfetzten Seidenstrumpfhosen stecken. Oh Gott, geht das überhaupt an der Highschool? Da gibt es doch einen Dresscode, der so gut wie alles verbietet, was es an schöner Kleidung gibt und ich möchte wirklich nicht in Rollkragen Pullis und dicken Cordhosen rumlaufen, nur um sicher zu sein, dass kein Lehrer mir einen kritischen Blick zuwirft.
Ich werde mich ganz sicher für keinen verändern."Lou-Ann Layken! Wenn du nicht in 10 Minuten hier unten bist, fahre ich ohne dich!"
Augenblicklich schrecke ich hoch und schaue panisch auf meinen Wecker.
1:30 pm
Ich hasse es, wenn ich den Morgen verschlafe.
"Ich komme gleich", schreie ich zurück mit heiserer Morgenstimme, springe auf und renne zu einem meiner Koffer, der schon geöffnet dar liegt. Mein Pyjama landet auf dem Boden und ich schlüpfe in ein hellblaues, lockeres Hemd und einen schwarzen, kurzen Overall, bevor ich mir etwas Parfüm aufspritze und meine Haare durchkämme. Ich laufe ins Bad und schminke mich, um mir danach die Zähne zu putzen und in die Küche zu laufen.
"Wie lange?", frage ich meine Mum keuchend, während ich mir ein bisschen Rührei reinstopfe.
Sie schiebt ihre schwarzen Ärmel hoch und schaut auf ihre Uhr.
"12 Minuten, eigentlich müsste ich dich jetzt aussetzen.", lässt sie mich wissen und zwinkert mir zu.
"Danke, Mum. Hast du meine Socken gesehen?"
Ich finde sie im Wohnzimmer auf dem Boden und ziehe sie an, danach greife ich mir mein Handy und meine matten Doc Martens, die ich stolpernd auf dem Weg zu meiner Mutter überstreife.
"Fertig." Ich stelle mich in voller Größe hin und lächle sie mit nach oben gestreckten Daumen an.
"Na dann." Sie greift nach ihren Schlüsseln für unseren Volvo.
"Bist du bereit für den ersten Schritt in dein neues Leben, Süße?"Eigentlich ist das ein ziemlich übertriebener Spruch, wenn man darüber nachdenkt, dass wir nur Shoppen gehen, aber dennoch klebt sich die Frage in meinem Gedächtnis fest wie Kaugummi unter einer Schuhsohle.
Bin ich denn bereit für mein neues Leben?
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Half past five
Teen FictionLou-Ann ist ein Freshman, obwohl sie die 10. Klasse besucht. Von klein auf zuhause unterrichtet zu werden macht einen schon besonders genug, doch auch ihr unsicheres Verhalten macht sie zu einem attraktiven Opfer für jeden. Lehrer, Schüler und Jungs...