Zwei kleine Kinder kauerten vor einer schlafenden Gestalt.
"Bewegt sich nicht", stellte eines der beiden Kinder, ein blondes Mädchen mit auffällig langem blondem Haar, kleinen roten verkratzten Lackschuhen und einem kurzen roten Kleid, analytisch fest, so wie es kleine Kinder gerne tun, solange etwas noch neu und aufregend ist. Das andere Kind neben ihr, ein Junge mit kurzem blondem Haar, hockte in seinen ausgetretenen Sandalen, kurzer Lederhose und einem beschen Leinenhemd, neugierig vor der schlafenden Gestalt und stützte seinen kleinen Kopf nachdenklich auf seine winzige Faust. Er räusperte sich und wirkte wie die geschrumpfte Version eines Professors, der gerade darin vertieft war eine Theorie zu seinen Beobachtungen zu entwickeln. Der Junge setzte auch ein paar Mal an etwas zu sagen, schob dann die Zunge auf die obere Lippe und blickte kurz gen Himmel, aber beließ es dann dabei. Es fehlten noch weitere Erkenntnisse aus der Beobachtung des Nicht-Geschehens in schlafender Form vor ihm. Bevor nicht alle Fakten klar waren, konnte er ja nicht einfach Behauptungen aufstellen, das wäre wohl nicht wissenschaftlich.
"Ganz schön schmutzig", fügte das Mädchen mit erhobenen Zeigefinger der vorangegangenen Feststellung hinzu. Der Junge hob eine Augenbraue hoch und räusperte fordernd. "Oh, ich meine, es ist schmutzig", korrigierte sie sich hastig, als sie merkte, dass sie die Situation bewertet hatte, statt einfach nur zu beobachten. Sie wandte sich übertrieben förmlich an den Jungen neben ihr, "Liegt hier wohl schon eine ganze Weile herum, oder was meinst du?"
Der Junge aber verharrte in seiner Denkerpose und räusperte sich erneut, diesmal nachdenklich, um seinem Denkprozess Ausdruck zu verleihen. Eigentlich ärgerte er sich etwas, dass sie ständig alles werten musste. Typisch Mädchen, dachte er sich. Gerne hätte er jetzt an einem Bart herum gespielt, so wie es sein Vater immer tat, deshalb drehte er ersatzweise seinen Zeigefinger im Haar neben der Schläfe. Dies schien ihm aber dann doch nicht richtig zu sein, daher strich er sich mit allen Fingern über das Gesicht und postierte seine Hand bestimmend an sein Becken, ganz so als wolle er nun endlich etwas verkünden. Er öffnete seinen Mund und - die schlafende Gestalt gab ein dumpfes Geräusch, gleich einer ganz kleinen knarzenden Tür, von sich. Beide Kinder schauten sich an, rümpften daraufhin die Nase und der Junge schloss schnell seinen Mund.
Im Gesicht des kleinen Mädchens braute sich langsam ein Gewitter zusammen. Schließlich lässt man eine Dame nicht warten und angepupst werden ist erst recht nicht Lady-like. "Was ist denn nun, du Möchtegern-Professor", fragte sie gereizt und blickte den Jungen mit erhobener Nase grimmig an.
"Mh, vielleicht sollte ich mein Werkzeug einsetzen, um genauere, äh, dings, Erkenntnisse zu, äh, bekommen, nein, äh, Moment", stolperte es aus dem Jungen heraus. Er ignorierte den hochnäsigen Anblick des Mädchens einfach indem er übertrieben nachdenklich und ins Leere blickend über sie hinweg schaute. "Nochmal. Werte Dame, bitte holen sie doch mein Werkzeug. Und bevor sie fragen, ich brauche es um neue Erkenntnisse für meine Studien zu erhalten." Was wohl passiert, wenn man mit einem Stock piekst, noch ein Pups?, fuhr er neugierig in Gedanken fort.
"Was denn für ein Werkzeug?", überfordert schaute sich das kleine Mädchen um. Nichts von dem, was in greifbarer Nähe herum lag ähnelte auch nur ansatzweise den Dingen, die ihr Vater im Labor immer benutzte.
"Du dumme Gans! Ich brauche einen Stock! Jetzt hast du alles kaputt gemacht. Du bist total unpro..., unproge..., ach, du hast doch keine Ahnung!", schimpfte der Junge in überspielter Weise dem Mädchen trotzig entgegen und wandte sich dann von ihr ab, um sich nicht ansehen zu lassen, wie er mit den Lippen versuchte das Wort unprofessionell korrekt auszusprechen.
"Du hast doch keine Ahnung, gib es zu! Hättest ja mal sagen können, was du meinst. Es heißt übrigens un-pro-fes-sio-nell und du willst mal so wie Vater werden, da musst du aber noch ganz schön üben", polterte das Mädchen stolz ihre Vokabel-Kenntnisse zurück. Typisch Jungs, immer nur Befehle geben, aber keine Ahnung haben, ärgerte sie sich.
DU LIEST GERADE
Der rote Berg
FantasyZwei Brüder an der Schwelle zum Mannesalter sind auf einer Reise, um das Geheimnis ihres Vaters zu lüften, den sie noch nie zuvor gesehen haben, dessen Ruf ihnen aber überall entgegen tritt. Dies ist eine Idee von mir, die ich an und ab weiter ausf...