Mira

35 5 0
                                    

"Wann sind wir endlich da?", nörgelte meine Zwillingsschwester Lena,"wir fahren schon mindestens seit drei Stunden." "Nun mach dich schon locker! Wir sind gerade mal vor einer halben Stunde losgefahren.", meinte ich genervt. Die meisten Leute sagten, dass Lena und ich uns ziemlich ähnlich sind, aber... der erste Blick täuscht. Lena hatte zum Beispiel lange, glatte, schwarze Haare und leuchtend, grüne Augen und egal wie lange sie in der Sonne ist, sie hat immer eine sehr helle Haut. Ich hingegen habe ebenfalls lange, aber wellige, bronzene Haare und war fast immer brauner. Meine Augen waren auch nicht grün, sondern braun und hatten einen silbernen Schimmer. Deswegen verstand ich nicht, warum manche sagten wir wären uns so ähnlich. Unsere Charaktere waren auch sehr Unterschiedlich, also konnte man dies auch nicht meinen. Ich war nämlich eher still, sie habe ich aber noch nie nicht aufgekratzt gesehen. "Man Mira sag doch auch was!", fing das Gequengel wieder an. "Okay.", antwortete ich genervt,"Halt den Mund! Wenn du ruhig bist sage ich dir auch wann wir ankommen." "Na gut, aber kein Grund gleich auszurasten", verteidigte Lena sich. "Um 18:00 Uhr" "Was? Aber das dauert doch noch so lange!", stöhnte sie, das 'so' unnötig lang gezogen. Ich wollte gerade etwas erwidern, dass sie sich damit abfinden müsse als ein Ruck durch das Auto ging und ein lauter Knall ertönte. Die Motorhaube fing an zu dampfen und irgendwie schien dieser Dampf ins Innere des Wagens zu kommen.
Alles war so unwirklich.
Ich hörte zwar, wie mein Vater uns zu schrie aus dem Auto zu kommen und sah, wie meine Schwester der Aufforderung nachkam und meine Mutter regungslos in ihrem Sitz lag, doch ich fühlte gar nichts. Es war, als würde ich alles von außen beobachten, oder in einer Luftblase stecken.
Erst ein erneuter Knall aus der Motorhaube warf mich zurück in die Realität, in der ich in einem Auto saß, von dem mir mein Gefühl sagte, dass es gleich explodieren würde.
Schnell drückte ich auf den Anschnallgurtöffner. Ich musste hier so schnell wie möglich raus.
Als ich jedoch aufstehen wollte, riss mich der Anschnallgurt zurück.
Er klemmte!
Wie ein Verrückter versuchte ich mich loszureißen, zerrte an dem Gurt, versuchte irgendwie loszukommen. Ich schaffte es nicht. Es war klar. Bald würde ich sterben. Und nein ich bin eigentlich kein Pessimist.
Vollkommen verzweifelt unternahm ich noch einen letzten Versuch. Ich riss so stark an dem Gurt wie noch nie zuvor. Hier von hing mein Leben ab.
Mit einem lauten Knall riss der Gurt entzwei. Ich wusste, das machte keinen Sinn, aber momentan war mir das egal. Das einzige was zählte war, dass ich frei war. Doch jetzt war keine Zeit für Glücksgefühle, ich musste aus diesem Wagen raus. Es gelang mir gerade noch die Tür aufzureißen, als ich schon eine unglaubliche Hitzewelle hinter mir verspürte, die mich aus dem Wagen schleuderte.
Mit voller Wucht landete ich auf dem Abhang neben der Straße. Mein Körper rollte den Abhang hinunter. Er wurde wie eine Puppe gegen Bäume, Äste und Büsche geworfen. Alles drehte sich vor mir. Plötzlich spürte ich einen harten Schlag auf den Kopf und eine kalte Dunkelheit kam über mich.

Das erste was ich spürte, als ich wieder zu mir kam, war etwas feuchtes, kaltes, sich bewegendes, wie Wasser. Wahrscheinlich war ich in einem Fluss gelandet.
Ich konnte es nicht genau sagen. Falls ihr euch jetzt fragen solltet, wie ich nicht wissen kann, ob ich mich in einem Fluss befinde, oder nicht, ist die Antwort ganz einfach. Ich konnte mich nicht bewegen. Weder die Beine noch die Arme oder die Augen und den Mund. Ich war froh, dass ich wenigstens noch atmen konnte.
Und nein, ich nahm es nicht zu locker, das war nur meine Methode um gegen diese verdammte Panik, die in mir hoch stieg, anzukämpfen. Ich meine hey, ich konnte mich nicht mehr bewegen! Vielleicht war ich querschnittsgelähmt! Oder lag in einer Art Koma lag! Was wenn dieser Zustand für immer anhalten würde?

Ok, gut, vielleicht sollte ich mich etwas entspannen. Ich konnte hier ohne fremde Hilfe eh nicht weg.

Leichter gesagt als getan.
Langsam versuchte ich runterzukommen, die Panik auszublenden, mich auf meinen Atem zu konzentrieren.
Ein und Aus und Ein und Aus und Ein und aus...

Nein, es ging einfach nicht!

Ich meine ICH KONNTE MICH NICHT BEWEGEN!
Eventuell wäre es etwas weniger schlimm gewesen, wenn ich denn nicht immer den Drang gehabt hätte mich zu bewegen, wenn ich es ausgerechnet nicht konnte, wie zum Beispiel als ich mir mein Bein gebrochen hatte.

Ich weiß nicht wann genau, aber
plötzlich rissen mich zwei Stimmen aus meiner Panikattacke.
Schnell kamen sie näher.
Hatte mich endlich ein Rettungsteam gefunden?

Moment, da konnte doch irgendetwas nicht stimmen.
Die Stimmen klangen zu jung, viel zu jung und... Ich war zwar kein Experte, aber die Stimmen näherten sich viel zu schnell und überhaupt klangen sie komisch, nicht richtig menschlich. Zu rau, zu knurrend, zu kreischend.
Wer waren die beiden Personen die auf mich zu kamen?

Trotzdem... irgendwie fand ich sie anziehend, obwohl sie diesen tierischen, unmenschlichen Klang hatten. Aber das hatte nichts zu bedeuten. Mich hatte schon immer alles was gefährlich war angezogen, eventuell ist das auch der Grund für die zahlreichen Brüche, die ich mir im Laufe der Jahre zugezogen hatte.

Plötzlich spürte ich eine kalte Hand an meinem Hals.
Was hatten die beiden Personen vor?
Langsam schluckte ich den dicken Klos in meinem Hals runter, oder zumindestens hätte ich das bestimmt machen müssen, wenn ich mich hätte bewegen können. So aber konnte ich nichts anderes machen als abzuwarten was geschehen würde.
Nach einigen Sekunden spürte ich, wie die Hand von meinem Hals genommen wurde. Was würden Sie wohl als nächstes machen?

Nach einer gefühlten Ewigkeit spürte plötzlich wie sich zwei Hände unter meinen Körper schoben und mich hoch hoben.
Das letzte was ich mit bekam war, wie mich ein erdiger Geruch einhüllte. Dann kam eine alles verschlingende Dunkelheit über mich.

DemonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt