Ich beschloss meinen Alibi-Namen zu verwenden. Sicher war sicher. „ Ich bin Samantha Crikstone. Und wer sind Sie?" Er musterte mich aus schmalen Augen. „Ich bin Max. Ich und mein Freund Chase haben sie auf der Straße gefunden. Und sie haben wohl auch ihm ihr leben zu verdanken. Ich wäre einfach weitergefahren." Taktvoll schien er auch nicht zu sein. Dafür ehrlich. Das war gut.
„Richten sie ihm meinen Dank aus". „Redet ihr über mich?" Oh nein, noch jemand. Beinahe hätte ich angefangen hysterisch zu lachen. Sollte das hier eine Massenveranstaltung werden? Wer war das alles? Ich meine, wenn man schon mal aus dem Koma erwacht, sollte einem doch zumindest etwas Ruhe gegönnt werden, oder? Und die brauchte ich dringend. Und zwar zum Nachdenken. Anscheinend sah das mein Doktor genauso denn er meinte „Entschuldigung die Herren aber Samantha sollte sich nicht überanstrengen. Im Moment braucht sie viel Ruhe und der Rest kann auch noch zu einem späteren Zeitpunkt besprochen werden." Ich war ihm unendlich dankbar. Ich konnte schließlich nicht einfach meine "Retter" rausschmeißen. Max murmelte etwas unverständliches und wandte sich zum gehen, und ich erhaschte einen Blick auf den zweiten Mann. Auch er gutaussehend, ebenfalls im Anzug. Grob hätte ich getippt beides Geschäftsmänner, aalglatt, skrupellos. Sie wirkten distanziert, abgehoben. Chase war ein südländischer Typ, braune Augen, dunkle Haut, schwarze Haare. Max dagegen war durch und durch Amerikanisch. Ich schloss meine Augen. Ich hätte es lieber gehabt, sie wären mich nicht besuchen gekommen. Erwarteten sie irgendetwas von mir? Wollten sie Erklärungen? Ich war müde.
Langsam dämmerte ich wieder ein und als ich das nächste Mal aufwachte fühlte ich mich erstaunlich fitt und die Käbel waren entfernt worden. Was jetzt? Ich hatte keine Unterkunft, wenn man mich entließ ohne mich zu kontrollieren und Geld einzufordern, dann würde ich vorerst auf der Straße leben müssen. Ich war nicht besonders scharf darauf, wieder in Drogengeschäfte verwickelt zu werden. Warum konnte mein Bruder nicht klauen? Da kam man wenigstens nur ins Gefängnis für und wurde nicht erschossen. Die Realität sah allerdings komplizierter aus.
Ich war die einzige in dem Raum, war ich auf einer Privatstation? Vielleicht eher ein kleines Krankenhaus in irgendeiner Provinz. Oder man hielt es für angebrachte mich zu isolieren. Lächerlich.
Ich hatte keine Ahnung wo mich Finn und Nick abgesetzt hatten. Ich wusste noch nicht einmal wo wir die Grenze überschritten hatten. Ich war vollkommen machtlos. Warum konnte ich nicht einfach normal Geld verdienen und ein ruhiges Leben führen? Nicht mit der Sorge jeden Tag zu hungern, zu frieren, abhängig von einem Geschäft zu sein, das Menschen schadete. Aber so war mein Leben immer gewesen und so war es eben. Das Leben war hart. Hart und nicht fair.
Die Tür ging auf und Chase kam herein. Er sah wirklich sehr gut aus. Dunkle Augen, schwarze Wimpern und der leichte Ansatz eines Bartes ließen ihn geradezu verrucht wirken. Ich wusste, wie trügerisch gutes Aussehen war. Menschen machten sie gottesgleich, keine Makel, keine Fehler. Ihnen wurden Dinge schneller nachgesehen, sie hatten den meisten Einfluss. Aber der Nummer eins Tipp auf der Straße lautete nicht umsonst: Finde immer die wahre Motivation der Menschen heraus, egal wie sie Aussehen, wie freundlich und nett sie wirken. Sie haben immer Leichen im Keller.
Er musterte mich und meinte „Wie gehst dir?" „Gut, danke". Er nickte nur und musterte mich weiter. „Ich hab gehört ihr habt mir das Leben gerettet. Ich weiß nicht wie ich euch dafür danken kann." Er winkte ab. Im ernst?
„Du brauchst uns nicht zu sagen. Allerdings interessiert es mich und Max sehr, wie du in diese Situation gelangen konntest." Ich zuckte die Schultern." Das kann ich dir leider auch nicht sagen. Ich kann mich an nichts erinnern" Er nickte nur. Glaubte er mir? Ich konnte plötzlich sehr gut verstehen warum er erfolgreich war. Ich konnte keine Emotion aus seinem Gesicht heraus lesen. Einer schlimmer als der andere. Provokant und launisch, emotionslos. Er schritt zum Fenster. Und schaute hinaus. Dann wandte er sich mir wieder zu.
„Weißt du denn schon wo du hingehen wirst? Hast du deine Familie kontaktiert?" Oh nein. Ich räusperte mich und täuschte Husten vor um etwas Zeit zu schinden." Ich ähm, habe keinen Kontakt mehr zu meiner Familie." Er zog die Brauen hoch. „Vielleicht wäre es ein guter Zeitpunkt wieder Kontakt zu ihnen aufzunehmen. Oder hast du eine Wohnung irgendwo?" „Ja ich habe eine Wohnung" log ich. Er nickte nur. „Der Arzt meinte du kannst schon heute Nachmittag entlassen werden. Ich werde dich hinbringen." Was?? Was war mit den Kosten? Und er durfte mich auf keinen Fall irgendwo hinbringen. War das ein Test? „Ich komm schon alleine klar". „Haha, das glaubst du ja wohl selbst nicht. Zumindest nicht solange wie du dich nicht erinnern kannst. Das ist dir doch klar." Ehrlich gesagt war mir gar nichts klar. Solange wurde ich kontrolliert? „ Ist egal. Das ist meine Sache. Ihr habt schon mehr als genug getan." Ich war nicht gerade freundlich. Ich sah wie er seufzte. „Du musst doch einsehen-" „Ich komme wirklich alleine klar!"
„Hör zu! Normalerweise wird bei Fällen wie dir die Polizei mit eingeschaltet! Du bist nicht im Umkreis gemeldet, hast keine Krankenversicherung, gar nichts. Klingt das für dich prickelnd? Ich bin momentan der Grund, warum du nicht genauer kontrolliert wirst. Du hast schon genug durchgemacht. Aber gib mir einen grund und du kannst es vergessen. Keine Lügen, keine Spiele. Erstmal wirst du, wenn du keine alternative Unterkunft hast, mit zu mir nach Hause zu kommen." Blödmann. Und wahrscheinlich musste ich ihm sogar dankbar sein. Aber warum? Was zum Teufel waren seine Gründe? Typisch Geschäftsmann. Ich seufzte. Sie wollten mich höchstwahrscheinlich kontrollieren. Herausfinden wer ich wirklich war, ohne großes Aufsehen. Eine Fremde, die er auf der Straße aufgelesen hatte bei sich aufzunehmen? Dafür konnte es nur einen Grund geben. Allerdings konnte ich davon im Moment nur profitieren.
Und musste extrem vorsichtig sein. Er hatte Hundertprozent Hintergedanken. „Okay ich komme erstmal mit zu dir. Nur solange alles noch unsicher ist. Und fürs Protokoll ich habe eine eigene Wohnung... nicht in dieser Stadt allerdings. Wo bin ich überhaupt?" Er schien abzuwägen ob er mir glauben sollte. Seine Augen suchten meine und wir lieferten uns einen Blickduell. Als ich ebenfalls nicht klein Beigab, seufzte er ebenfalls übertrieben auf. „ Wir sind in Tucson, Arizona. Sagt dir das was?" Ich nickte. Tucson? Das musste ich später auf einer Karte nachschauen.
„Okay, dann kommst du mit zu mir. Wir müssen einiges klären und es ist besser hier vor Ort zu sein." Er stütze sich an meiner Bettkante ab „ Ich hol dich dann einfach heute Nachmittag ab. Viel zu packen gibt es ja eh nicht." Das war..direkt. Nicht viel taktvoller als Max. Ich nickte nur zustimmend.
Nach der Visite, hatte ich noch etwas Zeit und ging hinaus auf die Krankenhaus Terrasse. Es war ein wunderschöner Frühlingstag.
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Was bleibt?
RomanceSamantha gerät zwischen die Fronten eines Drogenkonfliktes, und als sie eines Tages schwer verletzt wird, und sie auf Chase trifft, ist nichts mehr wie es war.