"Serafina? Ist alles in Ordnung, Schätzchen?"
Emma betrat das Zimmer und schaute ihre Tochter besorgt an. "Hattest du mal wieder einen deiner Alpträume?"
"Hmm...", war das einzige, was Serafina nach ihrer schrecklichen, fast schlaflosen Nacht heraus bekam. Emma setzte sich zu ihr aufs Bett und fragte:"Welcher war es diesmal?" Noch immer zitternd antwortete Serafina:"Der Mit dem Wald...und dem Schatten." Sie atmete laut auf und nahm ihre Tochter in den Arm.
Es war der schlimmste Traum, der drei, die Serafina jede Nacht träumte. Der erste handelt davon, wie Serafina auf einem Rapsfeld steht, alleine...und wie alles um sie herum zu brennen beginnt. Es gibt keinen Ausweg...
Im zweiten Traum läuft sie über von Moos bewachsene Wurzeln, als plötzlich alles unter ihren Füßen kalt und glitschig wird. Dann versinkt sie im schleimigen Morast...hilflos.
Und im dritten Traum- dem schlimmsten- rennt sie durch einen Wald. Doch diesmal nicht alleine. Ab und zu huscht etwas schwarzes zwischen den Baumstämmen hindurch. Plötzlich steht es vor ihr...eine große, schwarze Menschengestalt. Serafina dreht sich um und rennt in die Richtung aus der sie gekommen war. Immer wieder denkt sie, sie habe den Schatten abgehängt, doch dann war da noch die Stimme in ihrem Kopf.
"Du entkommst mir nicht, Serafina Turquoise! Ich werde dich finden...", hallte die tiefe Stimme in Serafina Kopf wider.
Sie war sich nicht ganz sicher, ob es die Umgebung, oder die Tatsache, dass der Fremde ihren vollständigen Namen kannte, war, was ihr so Angst machte.Emma stand auf, blickte Serafina traurig an und sagte:"Ich wünschte ich könnte etwas dagegen tun..." Dann ging sie wortlos zur Tür und wollte gerade raus gehen, als sie stehen blieb und sich nochmal zu Serafina umdrehte. "Es tut mir so leid, mein Schatz", flüsterte sie. Dann verließ sie das Zimmer.
Verwirrt stand Serafina auf und fing an ihren Schrank zu durchwühlen. Sie entschied sich für die schwarzen Shorts und das türkise Top, was ihr für einen heißen Juni Tag am passendsten erschien. Sie ging zu ihrem Schreibtisch, öffnete eine darauf stehende, kleine Truhe und holte ihre Lieblingskette heraus: eine Silberkette mit einem kleinen Mondstein in Form eines Herzens. Sie legte sich die Kette um und betrachtete sich im Spiegel.
Sie war ein ganz normales Mädchen...abgesehen davon, dass sie ein Herz aus dem Stein Türkis hatte, kleine tropfenförmige Türkise weinte und Gedanken anderer hören konnte.
Also gut, sie war kein normales Mädchen.Sie atmete tief durch, ließ den Blick sinken und fing an ihre dunkelblonden Haare zu kämmen. Sie flocht sich einen Zopf, nahm ihren Schulrucksack und machte sich auf den Weg zu ihrer Zimmertür. Sie legte ihre freie Hand auf die Türklinke und drückte leicht, als sie zögerte... Was, wenn es jemandem auffallen würde? Müsste sie dann zum vierten Mal die Schule wechseln?
Die Stimme ihrer Mutter riss sie aus ihren Gedanken:"Sera, Schatz. Das Essen ist fertig." Serafina schüttelte kurz den Kopf, wie um die schlechten Gedanken zu vertreiben, drückte dann hastig die Klinke herunter und stürmte aus dem Wohnzimmer, die schmale Wendeltreppe hinunter ind ei Küche, wo bereits ein Sandwiches gedeckter Tisch auf sie wartete. Sie setzte sich ihrer Mutter gegenüber auf den Stuhl und fing an zu essen.
"Sicher, dass du die Kontaktlinsen zuhause lassen möchtest?"
Serafina nickte entschlossen. Sie wollte sich nicht mehr verbergen und blaue Kontaktlinsen tragen.
An den alten zwei Schulen hatte sie sie einmal vergessen und wurde erkannt. Steinblüter, wie sie genannt wurden, waren in der Menschenwelt nicht sehr beliebt, weil die meisten Leute sich vor ihren Fähigkeiten fürchteten.Nach dem Essen bedankte sich Serafina für das Frühstück, räumte alles vom Tisch, putzte Zähne und ging zur Tür. Sie stieg auf ihr Sportrad und fuhr los. Zuerst den kleinen Pfad entlang, dann über die Zentralstraße, durch den kleinen Wald und den schmalen Weg zum Schulgebäude. Nach 20 Minuten Fahrt war sie endlich da. Sie kettete ihr Fahrrad an einen Fahrradständer und über querte den gigantischen Schulhof. Sie war aufgeregt und besorgt zugleich.
Ihre Besorgnis gewann und sie setzte ihre Sonnenbrille auf, um den Moment der Offenbarung noch ein wenig hinauszuzögern.
Sie betrat das Schulhaus und machte sich gleich auf den Weg ins Sekretariat, in der zweiten Etage. Vor der Tür zögerte sie.
Sie spürte etwas... etwas, was ihre Haut kribbeln ließ. Serafina holte tief Luft und legte die Hand auf die Türklinke, als die Tür plötzlich von innen aufgerissen wurde.