prolog

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Langsam fuhr ich mir durch meine schokobraunen Haare und starrte genervt meine beste Freundin an. "Fängst du jetzt schon wieder damit an? Er geht mir nicht fremd! Punkt!", fuhr ich sie an und schmiss mich auf ihr kuscheliges Bett. "Wenn ich es dir doch sage!", konterte sie dagegen Meine Wut wuchs jede Sekunde und ich spürte schon wie meine Wangen zu glühen anfingen. "Woher möchtest du das wissen, hm?", ich hoffte einfach nur noch das wir dieses Thema schnellstmöglich beendeten und uns wieder unserer Lieblingsbeschäftigung widmeten: Singen. Doch Leia machte mir einen Strich durch die Rechnung und kramte zwei angebliche Beweisstücke hervor. "Hier sie-", "Was sollte das sein?", unterbrach ich sie mit einen bitteren Unterton und riss ihr grob die zwei Fotos aus der Hand. "Sieh hin! Glaubst du mir immer noch nicht?", fragte sie wieder und setzte sich neben mich. Als ich die zwei Stücke genauer musterte, sah ich etwas, das meine ganze Welt auf den Kopf stellte. Mein ach so toller Freund steckte eifrig irgend so einer Fremden die Zunge in den Hals und zu meiner Enttäuschung umspielte ein verführerisches Lächeln seine Lippen. Das konnte nicht sein, und irgendetwas in meinem Inneren kämpfte um seine Unschuld. "Leia, woher hast du dieses Bild?", fragte ich ruhig und versuchte die aufsteigenden Tränen wieder wegzuwischen. "Ein Freund hatte sie gemacht", flüsterte sie und wendete den Blick auf den Boden. "Wann?", eine kurze schweigsame Pause eroberte den Raum, was mich wieder zur Weißglut brachte. "WANN?", schrie ich diesmal. Doch wieder sagte sie nichts. Erst nach einer weiteren stillen Minute konnte ich ein kurzes und knappes "gestern", verstehen. Gestern! Wütend rappelte ich mich auf und verharrte noch einige Sekunden bewegungslos vor dem Bett, mein Blick starr auf die Tür gerichtet. "Ich werde ihn finden und ihn dafür zur Rechenschaft ziehen", sprach ich bitter und verlies, ohne auch nur einen weiteren Blick auf meine Freundin zu werfen, den Raum. Draußen kam mir schon die eisige Novemberluft entgegen, die mir, trotz meiner dünnen Jacke ,nichts ausmachte. Nein, die Kälte war mir im Moment relativ egal. In mir brannte das Verlangen nach Rache. So stark, das es mich sogar diesen trüben Tag vergessen lies. Eilig schritt ich die Hauptstraße entlang und dachte an alle möglichen Foltermethoden. Es war das erste Mal, das mich ein Thema so kreativ machte und aus irgendeinem Grund fand ich die Vorstellung allein schon viel zu anziehend. Ich wollte meine Rache und ich wollte sie heute in die Tat umsetzten. Keiner konnte mich stoppen. Nicht mal ich selbst. Als ich vor seiner Haustüre ankam drückte ich wie eine Wilde auf die Klingel. Die Sekunden verstrichen fiel zu langsam und es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bevor er die Tür aufmachte. "Mira was machst du hier?", frage er und lächelte mich leicht an. "Kann ich mit dir reden?", fragte ich bittersüß und folgte ihm ins Wohnzimmer. "Um was geht es?", er fuhr sie durch die Haare und wendete sich von mir ab. "Wo warst du gestern?", fragte ich so beiläufig wie möglich und folgte ihm als er fluchtartig den Raum verlies. "Baseballspiel?", seine Antwort klang eher wie eine Frage und stellte für mich somit eine klare Bestätigung für meine Vorwürfe dar. "Ein Baseballspiel, soso", antwortete ich und griff unüberlegt zu dem nächsten Gegenstand. "Jop, Wasser?", als ich merkte, das wir bereits in der Küche angekommen waren nickte ich ihn zustimmen zu. Das ist meine Chance. Als er sich umdrehte um mir die durchsichtige Flüssigkeit an der Theke einzuschenken, verkrampfte ich meine Finger um den immer noch unbekannten Gegenstand und schlug so stark wie möglich zu. "Hah, das hast du davon!", zischte mein Unterbewusstsein kalt. Doch ehe ich mich versah glitt der Junge, den ich unendlich geliebt hatte, zu Boden und eine dunkelrote Blutspur bildete sich. Viel zu langsam realisierte ich was geschehen war. Welches Monster ich war. Was ich getan hatte. "Schatz? Schatz?!", wie wild rüttelte ich an ihm. Doch es half nichts. Seine leere Hülle lag regungslos am Boden. Sein Gesicht auf den Boden und seine blaue Collegejacke, die er mir früher immer geliehen hatte, zierte eine fleischige Wunde. Der Gegenstand entpuppte sich als edler Brieföffner, den mir seine Mutter schon beim Kennenlernen stolz präsentiert hatte. Wie konnte ich nur? Ich hatte ihn umgebracht! Ich packte die Mordwaffe und stürmte zurück aus der Haustür, weit weg von der kleinen Siedlung, in der ich groß wurde, weit weg von dem was ich getan hatte. Ich hatte Angst. Angst um meine Zukunft. Angst vor den Konsequenzen. Wie ein kleines Kind rannte ich davon. In die Nacht, wo mich keiner finden konnte.

Nach einiger Zeit hatte ich meine Orientierung verloren. Die Straßen wandelten sich nach einiger Zeit zu Feldwegen und letztendlich konnte ich nur noch den schweren Waldboden unter mir spüren. Meine Beine zitterten vor Ermüdung oder spürten sich zum Teil auch schon taub an. Die dünne Jacke klebte feucht an mir und vermischte sich mit dem kalten Schweiß. Den Brieföffner hatte ich schon vor Stunden in irgendeinen See geschmissen und mein Handy hatte ich irgendwo am Waldrand verbuddelt, damit sie mich nicht aufspüren konnten. Obwohl die dichten Baumwipfeln die Sicht auf den Himmel nicht freigaben spürte ich das es in der nächsten Zeit anfangen würde zu regnen. Mein Umfeld wurde immer dunkler und ich hatte Angst, wenn ich nicht genau hinsah, würde ich wahrscheinlich irgendwo hinabfallen und mir das Genick brechen. Als ich an einer dicken Birke ankam rutschte ich an meinen Rücken zu Boden und schloss ausgepowert meine Augen. Für heute machte ich eine Pause. Ich konnte nicht mehr und ich war nun seit über zwölf Stunden unterwegs. Ein Knacke ertönte und lies mich erneute hochfahren. War es nur Einbildung? Erneut knackte das Unterholz und eine Eule begann zu singen. Hoffentlich war es kein gefährliches Tier, oder vielleicht sogar ein Mensch. Ich kann nicht mehr! Wie soll ich jetzt auch noch davon rennen? Ich rappelte mich ein letztes Mal auf und suchte mit ein sicheres Versteck zwischen den dicken Wurzeln eines nahe gelegenen Baumes. Erneut knackten die Äste, das Laub raschelte und einige Schritte ertönten. Verdammt, sie hatten mich gefunden. Meine Ruhe war verschwunden und ein lautes Pochen von meinen viel zu hohen Puls durchbrach die stille Nacht. Ich spitzte meine Ohren um jeden noch so kleinen Ton aufzunehmen. Doch es war vorbei. Es herrschte wieder Ruhe und Stille. Ich seufzte erleichtert aus und lies mich wieder entspannt zurückfallen. Endlich schlafen. Ich zog meine Beine an meinen Oberkörper und legte meinen Kopf auf meine Knie. "Wer bist du und was machst du hier allein?" , eine männliche Stimme ertönte vor mir und lies mich geschockt nach oben schauen. Vor mir stand ein Junge mit dunkler Kleidung und sah mich wachsam an. Leider konnte ich sein Gesicht nicht richtig entziffern, dafür war es bereits viel zu dunkel im Wald, trotzdem spürte ich, dass ich ihm vertrauen konnte. "Sa-Samira. Samira Yuna". "Okay und wie bist du hierher gekommen? Hast du dich verlaufen? Ich bring dich nach Hause!", er reichte mir eine Hand doch ich ignorierte sie, den erneut kam die Panik in mir hoch. "Bitte, ich habe keine Zuhause mehr", er zögerte nach meiner Antwort ein wenig und sah mich durchdringlich an. "Na gut, dann sag mir wenigsten wie du hierher gekommen bist". "Ich bin das Meiste gelaufen, falls ich zu einem Straßenstück kam, trampte ich mit und wenn ich einen Bauern auf einem Feld sah, bat ich ihn mich ein Stück mitzunehmen", antwortete ich ehrlich und nahm die noch immer angebotene Hand an. Er zog mich mit einen starken Schwung nach oben und musterte mich noch einmalvon oben bis unten. "Irgendwas an dir ist anders. Gut, ich nehmdich mit zu uns. Jeder hat eine zweite Chance verdient". Ichweiß, es war verrückt mit jemanden mitzugehen, den man mitten inder Nacht im Wald kennen gelernt hatte, aber mir ging es in diesenMoment so schlimm, das es mir redlich egal war, ob ich nun kaltherzigermordet oder aber draußen erfroren wäre. Dankend nahm ich desFremden Angebot an und folgte ihn in mein neues Leben.





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