Hoher Besuch

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Der Hirsch schritt durchs Unterholz. Immer weiter führte er den Jungen. Dieser stellte keine Fragen. Aus irgendeinem Grund waren all seine Sorgen wie weggeblasen. Er spürte, das der Hirsch ihm helfen würde. Zusammen liefen sie, als wäre es das normalste der Welt.

Plötzlich spürte der Junge Steinplatten durch die Sohlen seiner Stiefel. Er machte große Augen. Hatten sie es etwa geschafft? Der Hirsch beugte noch einmal sein Haupt und trat zurück ins Unterholz. Beschwingt rannte Legolas nun den gewundenen Pfad entlang. Er wusste, in welche Richtung der Palast lag, denn je weiter er in die Mitte des Waldes kam, desto älter wurden die Bäume und das sah man ihnen deutlich an. Und da der Palast in der Mitte des Waldes lag, lief er nun in genau diese Richtung. Bis er das nervöse schnauben von Pferden vernahm. Sie waren wohl von dem Weg ab gekommen und fanden nicht zurück. Der kleine erinnerte sich an das Gefühl, das er gehabt hatte, als er so ganz allein und verirrt im Wald war, und beschloss, zu helfen. Er ging zielstrebig auf das Geräusch der Pferde zu. Aus Sicherheitsgründen kletterte er als er schon ganz nah war auf einen Baum, damit er, wenn es ein Feind war, unbemerkt verschwinden könnte. Doch dort streifte eine große Gruppe Elben durch den Wald. Drei von ihnen sahen sehr edel aus. 'Sicher einer von Adas hohen Besuchen, der zum Sternenlichtfest gekommen ist.' dachte sich der kleine. Und da kam ihm plötzlich eine Idee.

Galadriel sah hinüber zu ihrem Mann. "Ich denke, wir haben uns verirrt." sprach sie die Gedanken aller anwesenden aus. Er nickte nur stumm.  Zu ihrer linken ritt Elrond. Bisher schien er tief in Gedanken versunken, doch plötzlich richtete er sich ein wenig auf und meinte: "Wir werden das Sternenlichtfest wohl verpassen." Wie aufs Stichwort raschelte plötzlich das Laub des Astes der schräg über Galadriel hing. Und plötzlich schoss ein kleiner blonder Elb daraus hervor. Nun baumelte er kopfüber am Ast und grinste der Elben Königin ins Gesicht. "Ihr wollt also doch zum fest? Ich hab schon gedacht ihr seid Räuber, weil ihr so abseits der Wege herum reitet. Obwohl ihr, meine Dame, für eine Räuberin etwas zu fein angezogen seid und eure Wachen für einfache Banditen zu gepflegt aus sehen." Allen, eingeschlossen den Adligen blieb für einen kurzen Moment der Mund offen stehen. Der Junge hatte eine gepflegte Umgangssprache, doch das er so Unverfroren mit hohen Adligen sprach war unglaublich. "Wer bist du wenn ich Fragen darf?" Galadriel mochte Elbenkinder. Und das dieser kleine Fratz ein ganz besonderes Kind war merkte sie sofort. Außerdem war ihr noch niemand begegnet, der einfach so, total ungezwungen und fröhlich, mit ihr sprach. "Ich bin Legolas." sagte der kleine in gelangweilten Ton, als müsste er das jeden Tag machen. Dann hob er die Hände neben die Knie, klammerte sich an den Ast, vollführte eine Drehung, sprang mit dem dadurch gewonnenen Schwung hoch in die Luft und landete... genau vor Elrond auf dem Pferd. Der sah etwas empört aus. Den kleinen störte das wenig. "Wer seid ihr denn?" fragte er einfach. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde waren nun alle über die Namen der anderen informiert. Legolas meinte plötzlich: "Ihr seht aus als könntet ihr Hilfe gebrauchen. Folgt mir einfach." damit sprang er vom Pferd und lief los. Alle anwesenden sahen sich kurz an und folgten ihm dann.

"Machen sich deine Eltern keine Sorgen? Sie warten doch sicher irgendwo im Wald auf dich." "Nö. Ich bin allein hier gewesen. Aber..." fügte er schnell hinzu: "Verrat es bitte nicht Ada." Galadriel schmunzelte. "Natürlich nicht. Und was hast du so allein hier gemacht? Und warum war dein Ada oder deine Nana nicht bei dir?" "Ich hab Bogenschießen geübt!" im laufen deutete er auf seinen Rücken. "Ada hat jede Menge zu tun. Das letzte mal hab ich ihn glaub ich vor einer Woche gesehen." Galadriel hob die Augenbraue. Und auch die beiden anderen Adligen die das Gespräch schweigend verfolgt hatten sahen etwas skeptisch drein. Der kleine schien es bemerkt zu haben, denn er sagte: "Ada ist sehr wichtig. Er kann nicht weg von seiner Arbeit. Aber ich hab noch Glorindalun." "Wer ist denn Glorindalun? Und wo ist deine Nana?" "Glorindalun sol auf mich aufpassen, weil Ada ja keine Zeit hat. Und Nana... Sie ist vor einem Jahr auf eine lange Reise gegangen. Ada hat mir erklärt, das jeder einmal diese Reise antritt. Elben leben bloß richtig lange, sodass es bei ihnen besonders ist, wenn jemand diese Reise antritt. Und am Ende dieser Reise wartet sie jetzt auf uns, bis auch wir irgendwann, hoffentlich erst in vielen tausend Jahren, diese Reise antreten. ... Ich vermisse Nana." Der kleine sah für einen Moment sehr traurig aus, doch dann strafte er die Schultern und sah entschlossen nach vorn. "Wir sind bald da." verkündete er. Galadriel, Elrond und Celeborn sahen den kleinen nur bewundernd an. Er sah aus wie etwa vier Jahre alt, und doch schaffte er es, mit dem Verlust seiner Nana umzugehen, wie es nicht mal die meisten erwachsenen Elben schafften. 'Er ist tatsächlich besonders.' dachte sich die Elbin.

Die Tore kamen nach einer weiteren Stunde in Sicht. Es dämmerte mittlerweile schon. Der kleine rannte einfach auf die Tore zu. "Willst du nicht nach Hause laufen?" fragte ihn Elrond. "Aber ich Laufe doch nach Hause!" antwortete der kleine. Zuerst Begriff Elrond nicht, was er damit meinte. Doch die Wachen am Tor nickten ihnen allen, auch dem Kleinen zu und ließen sie passieren. "Ich dachte das Volk dürfte erst ab Beginn des Festes in den Palast?" Celeborn sah den kleinen verwundert an. Dieser lief aber nur schweigend in den zweiten Hof, auf dem auch den die Ställe lagen. Überall wurden Pferde gesattelt, bewaffnete Wachtrupps rannten aus dem Tor auf ihre Tiere zu. Und mitten drin saß Thranduil auf seinem Hirsch und schien sehr verzweifelt. "Guten Tag, Thranduil!" rief Elrond auf sindarin. "Ihr seid also wohlbehalten angekommen." antwortete dieser knapp und schien in Gedanken ganz wo anders zu sein. "Das verdanken wir diesem kleinen Elb." Das Pferd von Galadriel tänzelte zur Seite und gab den Blick auf Legolas frei. Dieser grinste bloß und sprang mit einem lauten:"Ada!" Thranduil in die Arme. "Mein Sohn! Wir wollten gerade ausreiten dich zu suchen. Was hast du denn im Wald so allein getan? Ich hatte die doch erklärt, das du nicht ohne Glorindalun in den Wald gehen sollst!" Nun waren die drei Adligen sprachlos. Sie hatten nicht gewusst, das Thranduil einen Sohn hatte. Und das dieser auch noch so ein netter Junge war. "Ada! Das sind Galadriel, Elrond und Celeborn! Die hab ich auf dem Weg nach Haus gefunden. Und sie wussten gar nicht, das du mein Ada bist! Und ich war im Wald, weil ich Bogenschießen üben wollte. Ich meine Glorindalun macht das doch so selten mit mir. Und wie soll ich ein großer Krieger wie du werden, wenn ich nicht kämpfen kann? Und außerdem hatte doch eh keiner Zeit für mich. Alle haben irgendwas zu organisieren. Und du musstest dich wahrscheinlich mal wieder mit dieser Spinnengeschichte herumschlagen. Also war ich mir sicher, das es eh keinem auf fallen würde." "Nun, ich kenne diese drei Elben, denn ich habe sie eingeladen. Und natürlich ist es auf gefallen! Glorindalun wollte mit dir spielen und du warst nicht da. Wir haben das ganze schloss abgesucht und dich nicht gefunden. Jetzt wollten wir grad in den Wald gehen. Hast du mir einen Schrecken eingejagt!" Alle anwesenden hatten das Gespräch von Vater und Sohn nur ungläubig beobachtet. "Ach, also sind die drei" er zeigte auf die drei Adeligen Elben "der hohe Besuch, von dem Glorindalun an dauernd geredet hat?" "Ja, das ist der hohe Besuch."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 15, 2016 ⏰

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