Aufregend

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Die Ärzte hatten bei mir fest gestellt, dass ich unter zwei angebrochenen Rippen, einem Messerstich in den Bauch, unzähligen Blutergüssen überall auf meinem Körper, einer Gehirnerschütterung und Gedächtnisverlust litt. Die letzten beiden rührten von dem heftigen Schlag her, den ich auf die Schläfe bekommen hatte und die so stark geblutet hatte. 

Alles in allem meinten sie, ich sei übel zugerichtet worden. Auch die zwei Polizistinnen, die meine Aussage aufgenommen hatten waren der Meinung, ich könne froh sein, dass ich noch so gut beisammen sei. Es hätte auch ganz anders für mich ausgehen können. 

Ich weiß, eigentlich müsste es mir sehr viel schlechter gehen, nicht nur physisch, sondern auch psychisch, denn so einen Überfall und den Verlust wirklich aller Erinnerungen, steckt wohl niemand so leicht weg. Ich konnte mich an überhaupt nichts aus meiner Vergangenheit erinnern, wusste weder was ich von Beruf war, noch wo ich wohnte. Nur dass mein Name Bianca Malik war und dass ich mal in Deutschland gewohnt habe muss - und das wusste ich auch nur, weil die Polizei eine abgelaufene Bibliothekskarte in meiner zerrissenen und ausgeplünderten Handtasche gefunden hatte, der von einer Bibliothek aus Deutschland, genauer gesagt einer Stadt namens Halle war. Und in der Tat, ich hatte versucht deutsch zu sprechen und es hatte wirklich funktioniert... es hatte sich sogar irgendwie vertrat angefühlt, während ich der Polizistin einen guten Tag gewünscht hatte. 

Dass ich mich so gar nicht an den Überfall auf mich in der Nacht vor drei Tagen, erinnern konnte mag vielleicht auch ein Grund für meinen beschwingten Gemütszustand sein, aber vor allem war es Dean. 

Dean hatte mich in jener Nacht zwischen all dem Müll in der dunklen Gasse gefunden, hatte seinen Kumpel losgeschickt den Notarzt aus dem Stadion zu holen - inzwischen hatte Dean mir auch erzählt, warum bei seinem Job immer ein Krankenwagen anwesend sein musste - und besuchte mich seit dem täglich... manchmal, wenn er zwischen all dem Training Zeit fand, sogar mehrmals.

So auch heute. Ich konnte die herzliche Begrüßung der Krankenschwestern schon durch die offenstehende Tür meines Krankenzimmers hören. Dean war, was mich nicht sonderlich wunderte, sehr beliebt hier auf der Station.

In freudiger Erwartung räusperte ich mich und rückte im Bett etwas hoch. Ich wartete immer schon den ganzen Tag auf seinen Besuch, konnte es kaum abwarten und war dann übetglücklich, wenn er dann schelmisch zur Tür herein lukte... so wie in diesem Augenblick auch wieder. "Hey", strahlte er mich an und trat dann durch die Tür in mein Zimmer.

Wie gesagt, ich konnte mich an nicht mehr viel erinnern, eigentlich an gar nichts mehr, aber ich konnte mich noch genau an diese Wärme erinnern, die sich in mir ausgebreitet hatte, als ich in jener Nacht Dean erblickt hatte. Genau diese Wärme erfasste mich seit dem jedes Mal, wenn er in meiner Nähe war... so auch jetzt. 

"Hallo", säuselte ich überglücklich und versuchte so unbemerkt wie möglich mein schwarzes Haar etwas glatt zustreichen mit den Händen, aber ich erstarrte mitten in der Bewegung, als Dean einen riesigen bunten Bumenstraß hinter seinem Rücken hervor holte. "Oh, Dean, das wäre nicht nötig...", begann ich. 

Das wäre es wirklich nicht, mein Krankenzimmer ähnelte auch so schon einem Blumenladen, mit den Sträußen von einigen Offiziellen der WWE, die mir gute Besserung wünschten,  und natürlich den anderen, die Dean mir jetzt schon jeden Tag mitgebracht hatte.

Seine einzige Antwort darauf war ein verschmitztes Lächeln, dann legte er die Blumen auf meinen Nachttisch und setzte sich auf den Bettrand. "Und, Bia, wie geht es dir heute? Du siehst jedenfalls schon sehr viel besser aus", stellte er fest und legte seine Hand auf die Bettdecke... genau auf die Stelle unter der mein Knie war... uff. 

"Gut, alles heilt wirklich gut", brachte ich mühsam hervor, da mich seine Hand auf dieser Stelle viel zu sehr faszinierte.

Deans Lächeln wurde noch breiter... wirklich wahr... ich hätte nicht gedacht, dass da noch eine Steigerung möglich gewesen wäre. Doch dann wurde daraus ein unsicheres Lächeln und er fing an zu drucksen. "Und... wie, ich meine, kannst du dich... naja, schon..." 

Ich schüttelte den Kopf unter seinem prüfendem Blick. Diesen Blick kannte ich inzwischen, dieser Blick folgte immer auf die Frage nach meinem Gedächtnis. Nicht nur von Dean kannte ich dieses Verhalten, sondern auch von einigen Ärzten, einigen Krankenschwestern und von der Polizistin, die mich schon einige Male besucht hatte, um mich über die Ermittlungen meines Falls auf dem laufenden zu halten. Und jedem einzelnen gab ich immer wieder die gleiche negative Antwort, aber so negativ fand ich diesen Zustand gar nicht. Vielleicht würde ich es bedauern, wenn ich Dean nicht hätte, aber mit ihm an meiner Seite schien mir rein gar nichts zu fehlen... nicht einmal die Erinnerungen an mein früheres Leben. 

"Und, wie läuft es bei dir so?", fragte ich, um von mir abzulenken, denn seinen prüfenden Blick hielt ich nicht mehr aus. Er wollte tatsächlich sehen, ob ich es bedauerte, dass es keine positiven Veränderungen bei meinem Gedächtnis gab.

Dean verstand sofort worauf ich mit meiner Frage hinaus wollte und begann auch sofort eifrig zu erzählen, als hätte er nur diesen Startschuss gebraucht. "Du ahnst nicht, was bei uns alles los war", holte er aus und begann mit Begeisterung von der Autorität zu berichten, die so ziemlich allen das Leben schwer zu machen schien. Ich hörte ihm gespannt zu und hing förmlich an seinen Lippen. Ich liebte es einfach ihm zu zuhören, wenn er von seinem Alltag in der WWE erzählte und dabei mit Feuereifer bei der Sache war.

Und immer wieder weckte er mit seinen Berichten die Lust und Neugier in mir. Ich konnte es kaum abwarten mir endich mal selbst ein Bild von all dem zu machen. Von der Autorität, von seinen Kumpels Seth und Roman und all den anderen. 

"Und Selena?", fuhr ich ihm einfach dazwischen. 

Dean verstummte augenblicklich und starrte mich schon fast erschrocken an. "Wie kommst du jetzt auf Selena? Ich hab sie eben nicht mal erwähnt." 

Nein, diesen Namen hatte ich ihn bisher nur ein einziges Mal sagen hören und das war, als Dean mich in dieser Gasse zwischen all dem Müll entdeckt hatte. Seither hatte er nicht mal mehr eine Andeutung fallen lassen. 

Meine beschwingte Laune sank. "Ist sie deine Freundin?", platzte es aus mir heraus. Ich befürchtete schon Schreckliches und war mir plötzlich nicht mehr so sicher, ob ich die Antwort noch hören wollte... vor allem nicht, wenn sie ja war.

Aber zu meiner unendlichen Erleichterung schüttelte Dean sofort den Kopf und strahlte wieder. "Nein", versicherte er mir. "Sie ist nur eine kleine nervige Freundin, ehe eine kleine Schwester." 

Ich war so erleichtert, dass ich mir ein"schön" gerade so verkneifen konnte.

"Außerdem hätte ich nicht mal eine Chance bei ihr, sie steht mehr auf langhaarige samoanische Idioten", feixte er.

Ich musste mitlachen, denn auf diese Erklärung war ich nicht gefasst gewesen. 

"Sie und Roman sind furchtbar verliebt ineinander, aber beide sind zu blind um zu erkenne, dass es auch dem anderen so ergeht."

Ich schmunzelte. "Ich kann es kaum abwarten die beiden kennen zu lernen. Wann nimmst du mich endlich mal mit?" 

Dean wirkte plötzlich seltsam bedrückt. "Werd erstmal wieder richtig gesund, dann sehen wir weiter."



The Shield - DeanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt