~4~ Alles muss raus!

68 4 0
                                    

„Ich bin Zuhause" schrie ich durch das Haus. Kein Antwort, das hieß, dass ich alleine bin. Ich zog meine Jacke aus und hing sie auf, dann ging ich in die Küche, um etwas zu essen und entdeckte schließlich eine Notiz an dem Kühlschrank.

Liebe Yildiz,

die Zwillinge, Selim, dein Vater und ich sind bis Sonntag Abend weg, weil es deiner Tante in Stuttgart nicht gut geht. Macht euch keine Sorgen, wenn etwas passieren sollte ruft an.

PS.: Pass auf deinen Bruder auf.

Deine Mutter

Ach Aykut ist Zuhause? Er kommt bestimmt erst Abends. Ich beschloss später essen zu machen, deshalb ging ich ihn mein Zimmer. Ich checkte kurz mein Whatsapp und mein Facebook.

Jetzt war ich alleine. Im Haus. Im Zimmer. In meinem Inneren. Mir fiel wieder heute die Schule ein. Mein Herz brannte wieder. Es blutete wieder. Wisst ihr, manche Leute treten euch auf den Fuß und entschuldigen sich und manche treten euch auf das Herz und merken es nicht einmal. Ich brauche jetzt einfach jemanden der mich versteht, deshalb nahm ich mir meine Kopfhörer und hörte 'Life is Pain' von Kianush. Man denkt das Mädchen keine Raps hören, doch es gibt sehr viele die es tun, weil es meistens die Musik ist, was sie versteht. Ich konnte meine Tränen nicht zurück halten, deshalb fing ich an zu weinen. Ich hörte es immer und immer wieder, dabei verließ Tropfen für Tropfen jede einzelne Träne mein Auge. Es tat gut sich mal richtig auszuweinen, denn den ganzen Tag zu lächeln war zu anstrengend.

Ich weiß nicht warum ich für jemanden solche Schmerzen ertrage, der nicht mal weiß das ich existiere. Es ist echt schlimm so etwas zu wissen. Früher habe ich meine Cousinen nie verstanden, doch jetzt, wo ich selber erlebe, kann ich sie verstehen. Es ist so, als würde jemand 2 Tonnen auf deinen Herz tun und es würde zerquetschen. Du willst einfach nur, dass alles aufhört, doch dabei wird dein Schmerz immer mehr. Es ist so, als hättest du das Atmen vergessen. Es ist so, als hättest du vergessen, wie dein Herz schlägt. Du quälst dich einfach selber damit und gibt den anderen Menschen somit eine Chance zu gewinnen.

Mein Herz hörte einfach nicht auf zu schmerzen. Die ganze Trauer der letzten Wochen hat sich gesammelt und ist jetzt ausgebrochen. Es kam mir so vor, als würde ich nicht mehr meine Tränen halten können und für immer weinen würden, doch nach einer Stunde hörten meine Tränen auf. Es war so als hätte ich keine Tränen mehr, denn es kam nichts mehr. Kein einziger Tropfen. Mein Herz hatte sich mittlerweile schon beruhigt. Es hatte sein Ziel erreicht.

Ich ging ins Bad und sah in meinen Spiegelbild. Rote, angeschwollene Augen, komplette Schminke verschmiert und Haare unordentlich. Im ganzen: Ich sah schrecklich aus.

Ich wusch mir mein Gesicht, um mich etwas zu beruhigen. Dann ging ich in die Küche und trank ein Glas Wasser. Mir ging es schon etwas besser, doch ich beschloss noch meine beruhigende Creme aufzutragen, damit mein Gesicht sich erfrischt. Nach einer halben Stunde ging es mir schon besser, doch meine Haare waren immer noch unordentlich, deshalb kämmte und richtete ich sie. Ich sah auf die Uhr und bemerkte das mein Bruder in einer halben Stunde kommen würde, deshalb machte ich schnell Fertigpizza.

„Bin Zuhause" schrie mein Bruder. Normalerweise macht er das nicht, doch er hatte mal Ärger von meiner Mutter bekommen, seit dem macht er das.

„Brauchst nicht schreien, keiner ist da" schrie ich von der Küche aus. Mein Bruder kam in die Küche zu mir und küsste meine Stirn.

„Wo sind die?" fragte er

„Bei Emine Teyze. Ihr soll es nicht gut gehen" sagte ich.

„Achso. Was hat sie denn?"

„Haben sie nicht gesagt"

„Ah okai. Wollen wir einen Film schauen?" fragte mich mein Bruder.

„Klar."

„Was möchtest du schauen?"

„Mazerunner oder Herr der Ringe" sagte ich

„Mazerunner" Mein Bruder ging ins Wohnzimmer.

„Okai ich hole die Pizza" sagte ich und nahm die Pizzen aus dem Ofen. Dann schnitt ich sie in 8 Teile und brachte sie in das Wohnzimmer. Mein Bruder hatte sich schon auf dem Sofa gemütlich gemacht und wartete auf mich. Ich gab ihm die eine Pizza rüber und behielt die andere für mich. Ich schlüpfte unter die Decke und wartete darauf, dass mein Bruder den Film startete, doch er sah mich nur an.

„Ist was?" fragte ich ihn.

„Nein. Ja- Also ne- JA!" Er stotterte die ganze Zeit.

„Was hast du?" fragte ich ihn.

„Du bist eigentlich die schlechteste und gleichzeitig die beste Person mit der ich darüber reden kann, deshalb tu ich es einfach" Er holte tief Luft und versuchte ein paar mal anzufangen, doch stoppte jedes mal. Er sah nervös aus. „Ach egal vergiss es" sagte er am Ende.

„Okai wie du meinst. Ich muss sowie so mit dir reden." Er sah mich komisch an. „Über?"

„Vieles, aber ich fang mit einer Sache an." Ich blieb für eine kurze Zeit still. „Yeliz"

„Nicht schon wieder" sagte mein Bruder. „Warum immer dieses Thema?"

„Warum hast du sie angerufen?" frage ich ihn.

„Wann?" - „Gestern" - „Gestern?" - „Ja!"

Er wurde nervös, das merkte ich an seinen Augen.

„Achsoo. Ich wollte wissen ob sie irgendwelche Jungs nerven. Schließlich ist sie deine beste Freundin."

„Achso, deshalb. Ist klar" Ich sah wieder zum Fernseher. „Dann stört es dich nicht, wenn ich sie rufe?"

„Nein. Warum denn auch?" fragte er.

„Dann kann sie ja mit Eren kommen"

„Wer ist Eren"

„Ist dir doch egal. Er ist zumindest anständig." sagte ich, holte mein Handy und ging in die Küche. Ich wählte ihre Nummer und rief dann Eren an. Er ist ein Cousin von Yeliz und 2 Jahre Älter. Im Thema Beziehung ist er ganz locker, weshalb ich ihm auch die Situation erklärte. Er war einverstanden und sagte, dass sie in einer halben Stunde kommen würden.

„Und?" fragte mein Bruder.

„Sie kommen" sagte ich und sah ihn an. Er wurde bisschen rot.

„Wollen wir den Film nicht schon mal starten?" fragte mein Bruder.

„Nein lass uns lieber auf die warten" Er sah nachdenklich aus und ballerte seine Hände zu Fäusten. Heute wird noch etwas passieren, aber was?

Wenn die Zeit mir meinen Stern nimmtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt