Rian und Narida (Oneshot)

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Ein Oneshot zu einer High Fantasy Geschichte, die mir seit Ewigkeiten im Kopf rumspukt, die ich aber noch nicht geschrieben habe. Diese Szene ging mir allerdings nicht mehr aus dem Kopf und ich wollte sie unbedingt aufschreiben. 


Als er den Raum hinter der schweren Tür aus Eisen betrat, stockte ihm für einen Moment der Atem.

Zum einen, weil die Luft sich auf einmal schlagartig verändert hatte und hier viel schwerer, feuchter und wärmer war als draußen im unbeheizten Flur und erdrückend heiß in seine Lunge gelangte, schwüler als er es je bei einem Sommergewitter erlebt hatte, zum anderen, weil der Raum, in welchem er sich jetzt wiederfand, sich in Allem von seinen Vorstellungen von dem unterschied, was er erwartet hatte. Dies war keine Audienzhalle mit prächtigen Teppichen, Gemälden an den Wänden und anderem, was den Reichtum der Königsfamilie repräsentierte.

Er stand in einer riesigen Halle, deren Ende er nicht ausmachen konnte, denn fremdartige Pflanzen versperrten ihm die Sicht auf alles, was weiter als fünfzehn Meter hinter dem Eingang lag. Diese Pflanzen wuchsen hoch in verschiedensten dunklen Grüntönen und an manchen hingen Blüten in Farben, die er noch nie gesehen hatte und die so strahlten, als seien sie nicht echt. Noch nie in seinem Leben hat er etwas von solch exotischer Schönheit gesehen und vor allem nicht gerochen, denn die Blüten sandten betörende, süße Düfte aus.

Die Dienerin führte ihn auf einen Pfad, welcher sich durch die Pflanzen hindurchschlängelte. Zwischen all jenen Gewächsen kam Rian sich mehr fehl am Platz vor als je zuvor und er war erfreut festzustellen, dass es sich bei diesen merkwürdigen Räumlichkeiten nicht bloß um ein Gewächshaus handelte, sondern vielmehr um eine Art Garten.

Die Dienerin führte ihn zu einem kleinen, rechteckigen Marmortisch an welchem Bänke aus demselben graumelierten Gestein standen. Dahinter erstreckte sich ein riesiger künstlich angelegter Teich, in dem er weder Wasserpflanzen noch Tiere erkennen konnte. Das Wasser war das klarste, was er je in einem stehenden Gewässer gesehen hatte. Die Wände und der Boden dieses Teiches waren gefliest und an seiner anderen Seite erspähte er eine Treppe, die direkt hinein ins Wasser führte. Es musste sich wohl um ein eigens angelegtes Schwimmbecken handeln. Er wusste um die Dekadenz des escadrischen Adels, aber einen solchen Luxus hatte er sich selbst in seinen kühnsten Träumen nicht auszumalen gewagt.

Aber das wohl Beeindruckendste an der gesamten Szenerie war die Glaskuppel, die sich in einer Höhe über den gesamten, gigantischen Raum erstreckte, die Rian nicht genau einschätzen konnte. Schwindelerregend hoch war die konkreteste Beschreibung, die er in seinem Kopf finden konnte. Über der Kuppel sah er den mit dunkelgrauen Wolken verhangenen Himmel, das einzige, was ihn in diesem Land noch an sein Zuhause erinnerte, und hörte, wenn man nur ein wenig darauf achtete, die Regentropfen, die auf den königlichen Palast niederprasselten und das in der Menge und Geschwindigkeit, dass es zu einem einzigen Rauschen verschmolz.

„Setzt Euch", wies ihn die Dienerin an und wies auf den Tisch, der mit seinen Bänken die einzige Sitzgelegenheit bot. „Die Königin wird in kürzester Zeit bei Euch sein."

Mit diesen Worten verschwand sie dorthin, von wo sie gekommen waren und er war allein. Es erschien ihm nicht angebracht, dass man einen Fremden und noch dazu einen Ausländer ohne Wachen im Herzen des Palastes sich selbst überließ. Er erinnerte sich zurück an die riesige Anzahl an Wachen, die er vor einigen Tagen in der Burg des Meisters gesehen hatte und die eine demonstrative Bedrohlichkeit ausgestrahlt hatten. Dem war hier nicht so. Wachen hatte er hier nur an wenigen Stellen gesehen und sie waren auch nicht so bewaffnet gewesen wie die bucasischen.

Er fragte sich, ob dieser Umstand es ihm erleichtern würde, dass die Königin seinem Wunsch stattgab. Die Nervosität, die er bis hierhin so zwanghaft unterdrückt hatte, kam mit einem Mal viel zu stark hervor und war kurz davor ihn zu überwältigen. Womöglich konnte er sich nicht darauf verlassen, dass ihm sein gut vorbereiteter Text immer noch einfiel und dass er das Anliegen nicht mit der Haltung hervorbrachte, die ihm den nötigen Respekt verschaffte, um ernstgenommen zu werden.

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