2. Kapitel

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Ich lag schon eine geraume Zeit auf meinem Bett und starrte die Decke an, bevor ich mich auf die Seite drehte und auf die Uhr schaute. Es war 3 Uhr. Ich schlug die Decke zurück und entblößte meinen Körper, den ich in einen kurzen rosa Pyjama gesteckt hatte. Warum musste auch alles rosa sein? 
Ich stöhnte, es war sicher niemand mehr wach. Außer vielleicht Johnny rief mir meine innere Stimme zu. Ich verwarf den Gedanken schnell wieder, da ich vermutete, dass er entweder schlief oder Party machte. 
Ich rappelte mich auf, kroch unter mein Himmelbett und holte eine kleine Tüte hervor. In der Tüte waren mein Weed und meine Spritzen.
Die Tüten steckte ich wieder weg und behielt lediglich eine Spritze, die ich auf mein Bett legte.
Ich setzte mich neben sie, lehnte mich an mein rosa Kopfkissen, in dem ich halb versank und schluckte schwer. In einem der Schränke in meinem Zimmer hatte ich eine Musikanlage entdeckt, die ich nun mit einer Fernbedienung einschaltete. Wilde Musik dröhnte in meinen Ohren und animierte mich,  die Spritze in meine zitterige Hand zu nehmen.
Eine milchige Flüssigkeit waberte in ihr herum und mein Atem beschleunigte sich. Sollte ich in diesem Haus weiterhin meinen Süchten nachgehen?
Ich atmete tief ein und aus.
Die Bilder von meiner Vergangenheit holten mich mal wieder ein und ich rang mit mir, sollte ich mit meinem Leben so weiter machen?


Ich hatte einen Freund, einen Kumpel namens Sergio.
Wir hatten eine Menge durchgemacht, hatten zusammen geschmuggelt und hatten beide Drogen genommen.
Aber Sergio übertrieb, denn er nahm immer mehr als er eigentlich vertrug. Immer wieder sagte ich ihm, dass es nicht gut für ihn ist, doch er hörte nicht auf mich. Eine Zeit lang ging es gut, doch dann war er eines Tages einfach nicht mehr da.
Er hatte mich allein gelassen und war im Nirgendwo.
Ich schniefte, aber ich konnte bisher trotzdem nicht aufhören. Bisher war der Stress des Lebens einfach zu viel für mich und ich brauchte Ablenkung. 


Ich platzierte die Nadel auf meinem vernarbten Unterarm, auf dem sich schon oft eine Nadel durchgebohrt hatte.
Meine Augen schlossen sich für einen Moment, in dem mein Leben an mir vorbeizog.  Die Musik katapultierte mich in eine andere Realität. Ich wünschte manchmal so sehr, dass ich am nächsten Tag einfach nicht mehr aufwachen und auch im Nirgendwo landen würde. Dann wäre ich bei meinem Vater und müsste nicht einen auf perfekte Familie spielen, obwohl es alle besser wissen. Zudem müsste ich meinen neuen Stiefbruder nicht ertragen, der sich nicht einmal bei mir vorgestellt hatte. Mit ihm in meiner anderen Realität konnte ich dieser nicht standhalten und meine Träume verpufften. Meine Augen öffneten sich wieder als – wie vermutet – die Tür aufging und ER in ihr stand.
"Spinnst du? So laut die Musik nachts anzumachen."
Er hielt inne mit seinen Beschuldigungen, als er mich sah. Ich war in meiner Bewegung völlig erstarrt. Es musste ein vollkommen absurdes Bild gewesen sein, wie ich in dem rosa Bettzeug saß, umgeben von meinem Himmelbett und diesen freundlichen Farben des Zimmers. 
Er schaute mich nur mit weit aufgerissenen Augen an. Warum trug er schon wieder keine Kleidung? Wenigstens war seine Shorts dieses Mal nicht so eng und beinahe durchsichtig.
Langsam wurde mir bewusst, dass wirklich Johnny in dem Augenblick in meinem Zimmer stand und mit großen Schritten auf mich zu kam.
Ich reagierte, indem ich versuchte meine Arme zu verdecken und die Spritze fest an meinen Rücken drückte.
"Was willst du?", zischte ich ihn an. "Was tust da? Sind das etwa Drogen?" "Und wenn schon, was interessiert es dich?" "Eine ganze Menge!", bellte er förmlich. Er riss mir die Spritze aus der Hand und schaute mich wütend an. Er war zu stark, um sich gegen ihn zu wehren. Von Pein berührt zupfte ich mein Oberteil zurecht, damit mein nicht vorhandener Busen nicht herausfiel. Es reichte schließlich, wenn die Nippel von einem in diesem Raum entblößt waren. "immerhin wohnen hier auch noch andere Menschen, die sich sicher nicht darüber freuen würden", er zog einen seiner Mundwinkel leicht in die Höhe. "Vielleicht sollte deine Mutter lieber Bescheid wissen. Oder eher doch nicht", seine Augen leuchteten. Meine innere Stimme tadelte mich schon wieder dafür, dass ich nicht auf sie gehört hatte. "Noch besser wäre natürlich, würde ich die Polizei informieren, dann wäre ich dich wenigsten los." Warum hatte ich noch gleich die Musik so laut gedreht? Achja, ich wollte meine zu lauten Gedanken übertönen. "Nein, bitte nicht, keine Polizei!" "Wie soll ich das verstehen? Was soll ich in meiner Situation tun?", fragte er sarkastisch. "Ich weiß es nicht." Ich wusste, dass es einen Haken gab.

Ich fing an zu schniefen, da ich damit hätte rechnen müssen, dass es zu so einer Situation kommen würde. "Wie wichtig ist es dir, dass niemand etwas davon erfährt?" "Es bedeutet mir alles.", flüsterte ich und schaute mit meinen großen runden Augen zu ihm hinauf. "Gib mir deine Drogen, alles was du hast", er grinste siegessicher, weil er wusste, dass er mich so treffen würde. Wie sollte ich ohne meine Drogen leben? Sie waren immer meine Ablenkung gewesen, so viel war sicher. Widerwillig kroch ich dennoch unters Bett und holte die Drogen hervor und übergab sie ihm. Gebrochen ließ ich mich auf den Boden fallen und zog meine knochigen Knie an die Brust, sodass ich vermutlich eher eine Kind als einer jungen Frau glich. "Na?Jetzt wird dir dein Kram sicher fehlen. Keine Sorge, das reicht mir noch nicht.", gab er schnippisch von sich und betrachtete seine Fingernägel. "Was willst du denn noch? Ich hab sonst nichts mehr.", wimmerte ich leise vor mich hin. Er hockte sich vor mich hin und hob mein Kinn an, sodass ich ihm in seine blauen Augen schauen musste. Seine Augen glitzerten seltsam und gefährlich. Kurz gesagt gefiel es mir gar nicht. Oder etwa doch?

"Oh doch, wenn du alles tust, was ich will, dann werde ich unser kleines Geheimnis für mich behalten. " , wieder grinste er siegessicher. "Aber nur dann!", bedrohlich hatte er seine Stimme gesenkt, sodass seine Worte eher einem Flüstern glichen. Dann erhob er sich mit meinen Drogen in seinen Händen und wartete meine Antwort nicht ab, ehe er den Raum verließ.

Ich konnte es nicht fassen.
Seine persönliche Sklavin war ich geworden! Ich schüttelte den Kopf.  Wie konnte es nur so weit kommen. Einerseits wollte ich ihn nicht gewinnen lassen und ihm das geben, was er wollte. Andererseits durfte ich nicht riskieren, dass meine Mutter Wind von dem Ganzen bekam. Ich traute Hugo gut zu, dass er mich hochkant aus dem Haus werfen würde. Ich seufzte und heulte mich in den Schlaf, nachdem ich die Musik abgeschaltet und mir die Decke über den Kopf gezogen hatte. In meinen Träumen verfolgten mich seine eisblauen Augen und seine rauchige Stimme, die sich in meinen Kopf gebrannt hatte. "Jon", hauchte er. 


Verbotenes Verlangen: Mein Stiefbruder und IchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt