Kapitel 3; Unterhaltungen

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Unsere Worte spiegeln unsere Handlungen wieder, aber nur unsere Handlungen spiegeln unseren Charakter wieder.

26.10 23:00

Als ich aus der Toilette kam, war Dawen verschwunden, also lief ich alleine zurück in den Garten. Die wichtigen Männer und Frauen saßen alle schon an ihren Plätzen und warteten... nein, sie warteten nicht auf mich, sie hatten bereits angefangen, zu essen, so als existiere ich gar nicht. Zögernd lief ich auf den riesigen Tisch zu und lies mich dann auf den einzigen freien Platz nieder: Den, direkt gegenüber von Dawen.

Er war scheinbar auch der Einzige, der mich überhaupt bemerkte, denn er schenkte mir ein kurzes Lächeln, führte dann aber sein Gespräch mit dem Mann neben ihm fort. Mein Blick schweifte über den Tisch, auf dem etliche Speisen standen, die nur darauf warteten, gegessen zu werden. Normalerweise aß ich nie so spät. Prinzipiell aß ich abends so gut wie nichts, aber diesmal hatte ich Hunger. Und außerdem gab es ungefähr 100 verschiedene Salate, und ich liebte Salate.

Irgendwie wäre es sehr viel sinnvoller gewesen, das Essen auf einem seperaten Tisch aufzustellen, denn jetzt hatte ich das Problem, dass ich absolut keine Ahnung hatte, wie ich an den leckeren Salat mit den Tomaten und den Putenbruststreifen kommen sollte. Er befand sich zu weit von mir entfernt. Ich sah ihn an, in der Hoffnung, er würde eventuell zu mir fliegen, aber nichts bewegte sich. Verstohlen sah ich mich um. Nur wenige aßen wirklich, die meisten unterhielten sich über irgendeinen Quatsch. Ich hatte das Gefühl, dass nur diejenigen aßen, die nicht wichtig genug waren, um mit jemandem sprechen zu können, also war Essen die perfekte Beschäftigung für mich.

Das bedeutete jetzt allerdings auch, dass ich jemanden ansprechen musste, damit derjenige mir dann den Salat gab und eigentlich wollte ich nicht unnötig Aufmerksamkeit auf mich ziehen. Also eigentlich hatte ich nichts gegen Aufmerksamkeit, aber diese Menschen sahen alle sehr seltsam aus und waren mir nicht geheuer, deshalb konnte ich auf Aufmerksamkeit im Moment wirklich verzichten.

Blieb also nur noch das Problem mit dem Salat.

Vor mir waren irgendwelche Beine von irgendwelchen Tieren, vermutlich Hasen, aufgereiht. Warum stand ausgerechnet vor mir das Essen, dass sowieso niemand haben wollte. Ich meine, ganz im Ernst, wer isst sowas freiwillig?

Genau in dem Augenblick, in dem ich über die Hasenbeine nachdachte, griff sich der Mann, der vorher noch mit Dawen gesprochen hatte, eins der Beine. Ich musterte ihn argwöhnisch, bis mir auffiel, dass er nah genug am Salat saß. Das war definitiv wichtiger als irgendwelche Beine.

>>Ehm, entschuldigen Sie bitte.<< Plötzlich starrten mich alle an. Fabelhaft. Ich wollte eigentlich nur einen Salat essen und jetzt waren ungefähr 20 Augenpaare auf mich gerichtet. Ich lächelte die Menschen, so gut es ging, an und wandte mich wieder dem Typ neben Dawen zu. >>Könnten Sie mir bitte den Salat mit den Putenbruststreifen reichen?<<

Er sah verwirrt aus, aber nach kurzem Zögern griff seine Hand nach der Schüssel. Er wollte sie mir reichen, aber ich verpeilte es vollkommen und die Schüssel rutschte aus meiner Hand. Sie landete auf dem Tisch, die Hälfte des Salates fand seinen Weg auf den Boden.

Klasse, ganz super gemacht, Lynn. Du hast es wirklich drauf.

Ich wollte aufstehend und die ganze Kacke aufräumen, aber Dawen war bereits vor mir aufgesprungen und rief etwas das sich anhörte wie: >>Ich mach das schon.<<

Er war im Haus verschwunden, während ich in einer Mischung aus Salat und Putenbruststreifen auf meinem Stuhl saß und immer noch Hunger hatte. Und jetzt hatten die Männer anscheinend auch begriffen, dass ich existierte denn auf einmal schienen alle mit mir reden zu wollen. Verdammt, warum war ich gleich nochmal hier? Ach ja, mein toller Vater war Schuld.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 05, 2016 ⏰

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