SNOWFLAKE-ein Pony mit Geheimnissen

Letzte Hoffnungen

In aller Früh macht sich Linda auf den Weg nach Linz. Samstag, zum ersten Mal seit ein paar Tagen regnet es wieder und zwar richtig. Es schüttet ganze Eimer aus den Wolken und die Autoscheibe läuft ständig an. Lunas Oma hofft so sehr, Geld in dem Bankschließfach zu finden, um die Ponys retten zu können.

Auch Luna und Hannah kommen kurz nach Omas Abfahrt auf den Hof. Sie wollen ihren Tag noch mit den Ponys genießen, bis sie abgeholt werden. Die beiden Freundinnen setzen sich auf die oberste Latte des Holzzaunes und sehen den Ponys beim Grasen zu. "Was willst du heute mit ihnen machen?", fragt Hannah neugierig. Luna lächelt sie verschmitzt an und antwortet: "Wirst schon sehen!"und zwinkert ihrer Freundin zu.

Nach einer anstrengenden Fahrt mit schlechter Sicht kommt Linda endlich bei der Bank an. Seit Jahren ist sie nicht mehr hier gewesen. Der Eingangsbereich und die kleine Halle sind umgebaut worden und erstrahlen in einem hellen, neuen weiß. Oma Linda geht durch die automatische Drehtür und befindet sich nun in der renovierten Halle. Überall hängen Bilder und stehen Sessel für Kunden und Wartende. Linda geht zum Kundenbereich und spricht eine junge Mitarbeiterin wegen den Schließfächern an. Die Frau zeigt ihr darauf den Weg am Schalter vorbei, nach hinten, zu den Fächern.

Eine halbe Stunde später sitzt Luna auf Snowflake und steht mit ihm auf dem Reitplatz des Ponyhofes. Hannah legt gerade die letzte Stange auf den Hindernisständer. Dann nickt sie ihrer Freundin ermutigend zu. Luna legt sich auf Snows Hals und flüstert ihm ins Ohr: "Los, komm! Gemeinsam schaffen wir das!"

Luna galoppiert das Pony unter ihr an und lenkt es auf den ersten Sprung zu. Ein kleines Kreuz. Sie nimmt die Zügel etwas kürzer und treibt Snow in ein flotteres Tempo. Luna zählt die Galoppsprünge, dann gibt sie die Hände nach vorne und geht in den leichten Sitz. Gleichzeitig hebt sich Snow unter ihr und gemeinsam springen sie über das Hindernis.

"Wow! Das war unglaublich!", ruft Hannah erstaunt. Luna grinst von einem Ohr zum anderen. Hannah nimmt ihr Handy aus der Jackentasche und drückt auf "Video".

Luna treibt Snow weiter und lenkt ihn auf die Diagonale. Hier steht eine kleine Kombination (zwei Sprünge hintereinander, 1-3 Galoppsprünge dazwischen), die aus einem Kreuz und einem Steil besteht. Snow springt rechtzeitig ab und Luna geht in der Bewegung mit. "Hop" Schnell sitzt Luna wieder ein damit sie Sekunden später wieder in den leichten Sitz geht und mit Snowflake über das zweite Hindernis fliegt. "Hop"

Jetzt kommen sie auf die zweite Längsseite des Reitplatzes, wo ein kleiner Oxer steht. (zwei Hindernisse, dicht beieinander, die in einem überwunden werden) Snowflake wird schneller und zieht nach vorne. Ihm macht das Springen sehr Spaß und er ist auch richtig gut darin.

Oma Linda hat nach kurzen Suchen das Bankschließfach gefunden. Sie nimmt den Schlüssel aus ihrer Jackentasche und steckt ihn in das Schlüsselloch. Sie dreht um und öffnet die kleine, quadratische Türe.

Luna fällt dem kleinen Pony um den Hals. "Er ist ja ein richtiger Springer! Ein Champion!", ruft Hannah begeistert und läuft zu dem spitzen Team. "Mein Champion!", flüstert Luna Snow ins Ohr und knuddelt ihn noch einmal. Gemeinsam versorgen sie Snowflake und stellen ihn dann wieder zu der sehnsüchtig wartenden Wolke auf die Koppel.

Ein Umschlag. Jetzt wirkt das leere Schließfach richtig groß. Nur ein Kuvert von normaler Größe befindet sich auf dem Boden des Faches. Linda nimmt ihn in die Hand. Sie merkt, dass ihre Hand zittert. Die Großmutter öffnet den beigen Umschlag und zieht den Inhalt heraus.

Luna und Hannah setzen sich wieder auf den Zaun und sehen den Ponys zu. Plötzlich fährt ein PKW mit Pferdeanhänger die Einfahrt hoch nach hinten zum Pferdestall. Hannah nimmt geschockt die Hand zum Mund und flüstert Luna zu: "Der Schlachter!"

Linda bleibt das Herz stehen. Was sie aus dem Kuvert herauszieht, ist nichts anderes als mehrere 500€ Scheine. 1,2,3.....15,16,...20 Scheine sind es! Oma Linda stockt der Atem. Sie ist kurz davor, in Ohnmacht zu fallen. Ihr Mann hat 10.000€ als Notgroschen in diesem Bankschließfach versteckt. Am liebsten würde die Großmutter jetzt auf die Knie fallen und hinauf in den Himmel beten. Die Ponys sind gerettet!

Luna erklärt dem Schlachter kurz und bündig, dass ihre Oma gerade das Geld von der Bank aus Linz holt und bald zurück kommen wird. Mulmig ist ihr dabei schon zu Mute, da sie ja nicht wirklich weiß, ob sich Geld in dem Schließfach befindet. Und wenn ja, ob es ausreichen würde.

Der Schlachter zuckt mit den Schultern und antwortet: "Euer Problem, bis um 14:00 brauche ich da Geld!" Er geht zur Koppel und holt die zwei Ponys. Kurze Zeit später stehen sie angebunden im Hänger und der Schlachter schließt die Rampe. Er steigt ein und fährt los.

Luna und Hannah sehen dem Schlachter traurig nach und verfolgen den Hänger die Einfahrt hinunter bis zur Straße. Sie drücken Beide die Daumen, dass Oma Linda Geld findet und es rechtzeitig dem Schlachter bringt.

Oma Linda sperrt den Kasten wieder zu und macht sich so schnell sie kann, mit dem Geld in der Hand wieder auf den Weg nach Hause. Zuvor hat sich Linda noch die Nummer vom Schlachter herausgesucht, die sie jetzt gerade mithilfe der Freisprecheinrichtung wählt.

Der Schlachter biegt gerade auf die Straße ab, als sein Telefon klingelt. Er hebt ab und hört Lindas Stimme am Telefon:

"Hallo! Ich habe das Geld, warten sie! In einer halben Stunde bin ich da!"

Bevor der Schlachter etwas erwidern kann, legt Linda auf. Verblüfft schaut er in sein Handy, dann konzentriert er sich wieder auf die Straße.

Plötzlich schießt ein grauer Ford aus einer Seitenstraße um die Kurve, direkt auf den PKW und den Hänger zu. Der Schlachter reißt sein Lenkrad in eine andere Richtung und weicht so der nahenden Gefahr aus. Der Ford schießt an ihm vorbei, ohne auch nur zu bremsen und verschwindet in einer weiteren Seitenstraße so schnell wie er gekommen ist.

Der Schlachter hat zum Glück noch rechtzeitig reagiert, doch sein Auto rutscht über den Randstein in den Graben. Der Transporter mit den Ponys steht noch schief, Richtung Graben geneigt, auf der Straße.