Teil 2

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Die Fremdbestimmung durch Faust bietet die zweite Etappe in Margaretes Emanzipationsprozess. Schon mit dem ersten Aufeinandertreffen von Faust und Margarete ist die Unruhe in ihr Leben eingekehrt. Ihr Leben wird noch mehr durcheinandergebracht werden. Bis zu diesem Zeitpunkt war sie immer zufrieden gewesen mit dem, was das Kleinbürgertum ihr zu bieten hatte. Sie ist in eher ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen und doch drängte es sie nie nach mehr. Als Faust ihr dann das Geschmeide im Zimmer zurücklässt, werden in Margarete materielle Wünsche geweckt, „wären doch die Ohrringe mein".

Ihr ruhiges Leben wurde aufgewühlt und es drängt sie, Faust wiederzusehen. Zuerst hofft sie noch auf Heirat mit dem jungen, charmanten Mann, stellt ihre Vorteile in den Vordergrund, zeigt ihm, wie tüchtig und gewissenhaft sie ist, ganz in der Hoffnung, er würde sie dann zur Frau nehmen. Doch durch Mephistos Einfluss auf Faust wird er nie eine ernstgemeinte Beziehung in Betracht ziehen, sondern nur von seinen Trieben gelenkt werden. Manchmal könnte man meinen, Faust würde Margarete wahrlich lieben, doch taucht dann sofort wieder Mephisto auf und diese erwachenden Gefühle werden wieder in den Hintergrund gedrängt. Margarete hingegen verliebt sich in Faust und vergisst über ihrer Liebe sich selbst und was ihr wichtig ist. Sie fragt Faust zwar „wie hast dus mit der Religion", die berühmte Gretchenfrage, da sie noch immer darauf hofft, dass Faust ebenfalls die heiligen Sakramente ehrt, doch Fast antwortet indirekt mit einer mephistophelischen Tat in Form des überdosierten Schlaftrunkes auf die Gretchenfrage. Margarete, die bis dahin nicht mit Faust schlafen wollte, ginge dies doch gegen die strengen Regeln der kleinbürgerlichen Gesellschaft, nimmt den Schlaftrunk von Faust an. Ihre selbstvergessene Liebe zu Faust ist so stark, dass sie es für das Richtige hält mit ihm zu schlafen, denn wie kann Liebe falsch sein.

Die Konsequenzen bekommt Gretchen erst nach der Zusammenkunft mit Faust zu spüren. Der Schlaftrunk war überdosiert, die Mutter nun tot, der Bruder wird von Faust erstochen und demütigt seine kleine Schwester öffentlich in seinen letzten Atemzügen, schimpft sie eine „Hur'". Jeder in der kleinen Stadt weiß nun von Gretchens „Untat", die sie doch bloß aus reiner Liebe zu Faust tat, doch Faust ist nicht mehr anwesend, dieser ist wieder vollständig unter dem Einfluss von Mephisto und auf dem Weg zur Walpurgisnacht auf dem Brocken. Bei dieser soll Faust Gretchen vergessen, so Mephistos Plan.



Literarische Erörterung (Goethe-Faust) 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt