BEN drowned

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"Leon, nun krieg dich doch wieder ein!" hallte die aufgebrachte Stimme seiner Mutter durch den Flur, als er in sein Zimmer stürmte. Sie verstand ihn nicht. Keiner verstand ihn! Zittrig warf er die Tür hinter sich zu, um sie anschließend zu verriegeln. Dieser dunkelblondhaarige Junge mit seinen schwarzen Augen und roten Pupillen war sicher keine Einbildung gewesen.

"Leon, dieser Ben existiert nicht. Leon, was bildest du dir da nur wieder ein? Leon, sag mal, hast du Paranoia?" äffte er heiser seine Mitmenschen mit einem wütendem Unterton nach.

"Nein...Nein ich habe KEINE! PARANOIA!" brüllte er hervor, als er sich erschöpft auf die Knie fallen ließ und sich tränend den Kopf hielt. Die Stimmen gaben keine Ruhe. "Du hättest das nicht tun sollen!" schrien sie. "Du hättest das nicht tun sollen!" und immer lauter.

Leon hörte sich nicht weinen, er hörte auch seine Verzweiflung nicht. Er hörte auch seine besorgten Eltern nicht, genauso wie das Knistern des angehenden Fernsehers nicht. Immernoch kauerte er auf dem kalten Boden und schluchzte. Der Junge bekam beinah keine Luft mehr, es schien, als würde er an Tränen ertrinken.

"LASS MICH IN RUHE!" krächzte Leon wieder verzweifelt auf. Es lachte in ihm. "Du bist einem schrecklichem Schicksal widerfahren, nicht wahr?"

In seinem abgedunkeltem Zimmer strahlten mit einem Mal zwei rote Augen auf. Der knisternde Fernseher schaltete sich an und aus. Das Lied, was Leon seit einiger Zeit heimsuchte, fing an zu spielen, während das Licht zu flackern begann. Langsam nahm Leon die Hände von seinem Kopf. Er wusste, dass es so kommen würde. Sein Schicksal war beschlossene Sache.

Zwei Schritte, BEN stand vor ihm. Dunkles Gelächter umhüllte den armen Jungen, der es aufzuschauen wagte. Das flackernde Licht ließ BEN noch bedrohlicher aussehen, als er es so schon tat. Grinsend starrte dieser in die geröteten Augen von Leon. Die dunkle Aura, die von dem Mörder ausging, hatte erschreckend an Zuwachs gewonnen. Das Lied ließ Leon nicht klar denken, die schiefen Töne raubten ihm die Kraft nach Hilfe zu rufen.

Wo waren seine Eltern? Hörten sie nichts? Was würden sie tun, wenn sie wissen würden, dass es nicht ihr Sohn war der das Lied abspielte und dass das ganze Schauspiel diesmal von einem Mörder ausging, an dessen Existenz sie gezweifelt hatten? 

Grob wurde Leon am Hals gepackt und an die Wand gedrückt. Er rangte schmerzvoll nach Luft und strampelte mit den Beinen, doch der grade mal zehn Jahre alte Junge weiß sich nicht zu wehren. Stumm flossen ihm die letzten paar Tränen die Wangen herab, ehe er voller Angst die Augen zukniff. Warum musste ihm seine Oma auch sein Lieblingsspiel zu seinem Geburtstag billiger vom Flohmarkt kaufen?

"Nanu, wen haben wir denn da...?" kicherte die düstere Stimme Leon direkt ins Gesicht. "Du bist ja noch ein Kind!"

Leon keuchte auf, sein Hals wurde zunehmend fester zugedrückt. Augenblicklich flossen erneut Tränen aus seinen immernoch fest zugekniffenen Augen. Das Lied wurde unerträglich lauter und jagte dem kleinen Jungen unvorstellbare Angst ein. Damit hatte es sich ein Ende gesetzt, Leon nutzte sein jetzigen Zustand und schrie mit einem mal laut auf. Immer wieder mit erhöhter Lautstärke rief er nach seinen Eltern. Doch dieses Glück hielt sich kurz, denn BEN packte noch fester zu und schleuderte ihn gegen die gegenüberliegende Wand.

"Das hättest du nicht tun sollen." lachte BEN lauthals auf und trat die Tür auf, wo wie seinen Erwartungen entsprechend die Mutter dahinterstand. Leon hielt sich den Hals und hustete wegen der plötzlich ausreichenden Sauerstoffzuführung. Er brauchte einen Moment um seine Gedanken zu ordnen.

"Leon!" rief seine Mutter erschrocken und wandte ihren Kopf der Gestalt zu, die ihrer Meinung nach die Tür aufgebrochen hatte. "W-Wer sind sie? Was machen sie hier?! Lassen sie meinen Sohn in Frieden!"

Sie wusste, dass sie ihren Sohn nicht beschützen konnte. Ihr Mann war bis Spät in die Nacht arbeiten. Alleine, so zierlich wie sie ist, hatte sie keine Chance. Vor ihr befand sich ein Monster! Ist das etwa dieser BEN? Plötzlich stand der Mörder direkt vor ihrer Nase. Zwei Köpfe größer auf sie herabstarrend. Die Mutter wurde fest am Kopf gepackt und leicht hochgezogen.

"Du hast hier nichts verloren." grinste BEN breiter und lugte kurz zu dem Sohn der Mutter, um zu sehen, ob er auch brav zuschaue. Leons Blick, als wüsste er was jetzt passiert, veränderte sich schlagartig. "N-Nein...b-bitte...!"

Doch BEN schlug den Kopf der Mutter schon fest gegen die Türschwelle. "NEIN! HÖR AUF!" wimmerte der verzweifelte Junge und lief auf BEN zu. Immer weiter rammte BEN den Kopf mit seiner ganzen Kraft gegen die Türschwelle. Sein Lachen stellte dar, dass er sich prächtig amüsiert, die beim vor Schmerz schreienden Mutter zuzuhören. Musik in seinen Ohren. Diese Schreie waren die perfekten Gesangsstimmen für das von Anfang an nicht endende Song Of Unhealing.

Leon packte das Bein  des Mörders und versuchte mit schwachen Schlägen etwas an ihm auszusetzen. Doch sobald er aufschaut, wird ihm das entstellte Gesicht seiner geliebtem Mutter, vors Gesicht gehalten.

"Na, gefällts dir?" lachte BEN unkontrolliert auf und ließ die Leiche fallen. "Wird Zeit, dass auch du deinem Schicksal entgegen kommst!" Und schon wurde Leon mit einem Tritt zurück zur Wand befördert.

"WARUM TUST DU DAS?!" kreischte der Junge verzweifelt heraus und hielt sich das Gesicht. "WARUM TÖTEST DU SIE?"

BEN ging langsam mit schweren Schritten auf ihn zu und kniete sich auf Augenhöhe herunter. Er legte seine Hand behutsam auf die Schulter des Jungen, die andere verschwand hinter seinem Rücken.

"Ihr Menschen seid dreckige Wesen, die Leute wie ich Stück für Stück entsorgen." Mit einem Ruck sprang BEN wieder fest auf beide Beine und zog sein poliertes Schwert hervor. Verachtend, zugleich mit einem undefinierbarem Blick hielt er das Schwert empor.

"Das erledigt aber jeder von uns auf seine eigene Art und Weise." BEN rammte ohne Rücksicht das Schwert in den Bauch des Jungen, der vergleichsweise einen in seinen Albträumen wiederkehrenden Schreie ausließ.

BENs Mundwinkel hoben sich leicht an "Und das ist meine Art und Weise." Er zog das nun blutige Schwert langsam heraus, sodass Leons Schreie im ganzem Raum hallten. Das Leben des Zehnjährigen hatte so sein Ende genommen, genau wie das seiner jungen Mutter. Was wird der Vater fühlen, wenn er Zuhause ankommt, doch nur von Blutlachen und leblosen Körpern seiner Familie begrüßt wird?

Die einst glänzenden Augen des Jungen wurden trostlos und mangelte an Lebenskraft. Er verlor ebenso die Kraft zu weinen, zu schreien oder sonst etwas zu fühlen. Die Wärme, die von seinem eigenem Blut ausging, spürte er nur noch teils. Die Kälte war es, die die Übermacht gewann. Das Letzte was er sah, war sein Mörder, wie er mit seinem Schwert stolz im Fernsehbildschirm verschwand. Alles wurde dunkel. Nicht nur der Raum in dem er lag, sondern auch die Welt die sich einst vor seinen Augen widerspiegelte. Die Farben verblassten, bis schlussendlich auch seine Augen endgültig zufielen.

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