Kapitel 1

9 1 0
                                    

4 Jahre später...

Schweißgebadet schreckte ich nach oben, so dass ich kerzengerade in meinem Bett saß. Nein Wecker riss mich brutal aus meinem Alptraum. Ich war ihm sogar ein bisschen dankbar, denn ich wollte diese Bilder, diese Erinnerungen einfach nicht mehr sehen.

Ich würde an diesem Tag in eine neue Schule kommen. Eigentlich hätte ich glücklich sein sollen, aber ich hatte Angst. Angst davor das alles von vorne beginnen würde. Das man mich wieder aus der Maße picken und fertig machen würde. Ich wollte die Vergangenheit, die letzten Jahre, einfach vergessen.

Freunde hatte ich nicht wirklich. Meine Beste Freundin wohnte im selben Ort und wir sahen uns jeden Tag, aber meine Meinung war für sie nichts wert. Es störte mich nicht, weil ich es gewöhnt war und sie ließ mich zu mindest ein bisschen dazu gehören.

Meine Mutter machte einen irrsinnigen Radau als sie mich immer noch im Bett liegen sah. Sie war fest davon entschlossen mich aufzuwecken und zwar mit jeglichen Mitteln. Zu erst Standartdinge, wie Licht aufdrehen und Bettdecke wegziehen. Sie bemerkte das es ihr nichts brachte und griff sie zu härten Mitteln. Im Endeffekt hätte ich mir den Weg ins Badezimmer sparen können. Sie hatte die Dusche einfach zu mir gebracht.
In einem Eimer...
Gefüllt mit Eiswürfeln...

Die Methode brachte das erhoffte Ergebnis. Ich war förmlich aus dem Bett gesprungen, um so schnell wie möglich ins Badezimmer zu kommen. Auf meinem Handydisplay leuchtete ein grelles 6:15. Mir blieben genau 15 Minuten, dann müsste ich fertig sein.

Ich zog mich an, versuchte mir die Schminke ins Gesicht zu klatschen und putze mir die Zähne. All das machte ich so schnell wie möglich, um mich letztendlich viel zu spät auf den Weg zu machen. Den Bus erwischte ich nur mit viel Glück und der letzten Kraft, die meine Beine und meine Raucherlunge hergaben.

Der Bus war ziemlich leer und es war stockfinster darin. Der Sitz in der vorletzten Reihe lachte mich richtig an. Er war weitgenug von den anderen weg, so dass ich meine Ruhe haben würde und Musik hören könnte. In all' meinen Taschen kramte ich nach meinen Kopfhörern. Als ich sie zuerst nicht fand, wurd ich leicht nervös. Ab dem Zeitpunkt in dem ich die Musik auf volle Lautstärke gedreht hatte, war es als wäre ich in einer Blase, in der mir niemand etwas anhaben könnte. Ich fühlte mich sicher und geborgen. Ein Gefühl, das ich nur in Verbindung mit Musik kannte. Der Bus fuhr eine knappe dreiviertel Stunde bis er vor meiner neuen Schule zum Stillstand kam.

Ich suchte ewig nach meiner Klasse und als ich sie endlich gefunden hatte, war ich bereits über 20 Minuten zu spät. Genervt klopfte ich gegen die Milchglastür meiner neuen Klasse. Die Panik stieg in mir hoch. Ich begann immer schwerer zu atmen und kleine schwarze Pünktchen begannen vor meinen Augen zu tanzen.

Als ich ein "Herein", hörte zuckte ich zusammen und beruhigte mich wieder. Die Stimme, die ich gerade vernommen hatte, klang freundlich und jung. Ich drückte die Glastür auf und stand in meiner neuen Klasse. Die Blicke der anderen klebten förmlich an mir. Es war mir unangenehm. Ich begann mich in den Arm zu kneifen, um meine Anfälle etwas unter Kontrolle zu bekommen.

"Bist du die Neue?", fragte mich die Lehrerin mit einem Lächeln im Gesicht. Meine Antwort war ein zurückhaltendes Nicken. Sie wieß mir einen Platz in der ersten Reihe zu. Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen. Der Junge der rechts neben mir saß, rutschte etwas weg von mir. "Das ist nicht weit genug", sagte ich mit rauer Stimme.

Nachdem die Glocke die Pause signaliesierte, verließ die Lehrerin kurz den Raum und ein paar Mädchen versammelten sich rund um mich. Ich kam mir vor als wäre ich eine Jahrmarkts-Attraktion. Alle gafften mich an. "Ähmm... Hey", sagte ich verwirrt. Plötzlich sprang ein kleines, total überdrehtes Mädchen aus der Menge und begann wie eine Bekloppte auf mich einzureden: "Woher kommst du und wie heißt du ? Wieso hast du Schule gewechselt und findest du nicht, das das ein bisschen viel Schminke ist ?"- "Halt mal die Luft an", lachte ich, "Wenn du langsamer fragen würdest, könnte ich sogar antworten." Ich musste grinsen, wenn ich sie so ansah. Sie erinnerte mich ein bisschen an meine kleine Schwester. Die Kleine begann von vorne und ich gab ihr die Antworten, die sie wollte: "Ich wohne zwei Ortschaften weiter und heiße Kimberlie, aber du kannst mich Kim nennen. Ich habe Schule gewechselt, weil es notwendig war und weiter geh ich auch nicht darauf ein und das mit der Schminke ist Ansichtssache."

Ich ließ auch noch die nächsten zwei Stunden über mich ergehen und sprinntete förmlich aus der Klasse nachdem die Glocke den Unterricht beendete.

Auf der Bushalte versuchte ich die Eindrücke, die ich an diesem Tag gesammelt hatte zu verabeiten. "Kann ich mir eine schnorren?", hörte ich eine Stimme neben mir. Ich drehte mich um und sah ein Mädchen. Sie hatte lange dunkelbraune Haare und einen Sidecut. Ihr Make-Up fiel ehr dezent aus.

Ich kramte nach dem Kippenpäckchen und streckte es ihr entgegen. "Du bist die Neue oder ?", fragte sie mit einem breiten Grinsen. "Ja, aber Kim wäre mir trotzdem lieber.", antwortete ich desinteressiert.
Sie nahm mir die Packung aus der Hand und zog zwei Zigaretten daraus. Mit irritierem Blick folgte ich ihren Bewegungen. Sie zündete eine der beiden an und streckte sie mir entgegen. Ich betrachtete die Zigarette skeptisch und nahm sie nur zögerlich entgegen. Als sie auch den zweiten Klimmstängel zu quamlen gebracht hatte, begann sie zu reden:

"Die kleine die vorher um dich rum' gesprungen ist, wie ein Floh um einen Hund heißt Sarah. Sie war immer schon so überdreht." Sie nahm einen Zug und atmete den Rauch wieder aus, "und ich hab gesehen wieso du Schule gewechselt hast... Hättest du Alkohol drüber gekippt, würde man es heute nicht mehr sehen."- "Danke für deinen Tipp, aber jetzt kann ichs auch nicht mehr ändern und vorallem geht das niemanden was an.", ich klang herablassender als geplant. Sie grinset und stüplte ihren Ärmel nach oben. Unzählige Narben kamen zum Vorschein, weit aus mehr als ich am ganzen Körper hatte. "Du hast recht, es geht niemanden etwas an, aber wenn du jemanden zum Reden brauchst, kannst du dich ruhig bei mir melden.", gab sie mir mit auf den Weg, bevor sie die Kippe auf den Boden warf und austrat. Sie ging davon und schrieh mir irgendwann zu: "Ich heiße Paula!" Auch ich nahm einen letzten Zug, als der Bus um die Ecke kam, der mich endlich heim bringen würde.

Daheim angekommen warf ich mich aufs Bett und schlief innerhalb von Sekunden ein.

Ich träumte wie jeden Tag dasselbe.
Ich war in einer riesengroßen Turnhalle und meine Lehrerin machte sich über mein Gewicht und mein Aussehen lustig...

A little Girls Life StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt