Prolog

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Sie lief mit eiligen Schritten durch den fast dunklen Gang. Die schwachen Fackeln reflektierten den braunen Marmorboden, der mit schönen, verschnörkelten Mustern verziert war. Und das einzige was sie hören konnte, waren ihre lauten Schritte die von den dunkelblauen Wänden wiederhallten. Das Unbehagen, das in ihrem Bauch wütete, versetzte sie noch mehr in besorgnisvolle Stimmung und die sowie so angespannte Atmosphäre, die sie umgab, half nicht gerade dabei. Sie wusste zwar wem sie ihr Kind nun bringen musste, aber sie wusste nicht zu welchem Zweck. Und dieses Gefühl der Ungewissheit beunruhigte sie sehr. Vor allem weil sie nur einige Monate nach der Geburt ihrer kleinen Tochter zu dem obersten Richter des Bezirks, in dem sie lebte, gerufen wurde.
Und das war ungewöhnlich. Meist erfolgte es erst nach einem Jahr, um die heilige Salbung bei ihrem Baby zu vollziehen. Nun diese Salbung würde aber auch nicht normal sein. Es musste der Vater anwesend, doch dies ging nicht, da er bei einem schrecklichen, blutigen Kampf ums Leben gekommen war, aber als ehrenvoller Retter und Anführer seiner Truppe in Erinnerung geblieben war. Ein trauriges Lächeln stahl sich während ihren schnellem Gang auf ihr Gesicht, an den Gedanken, dass sie die Geschichte von ihrem tapferen Vater in ein paar Jahren ihrer wunderschönen, bezaubernden kleinen Joanna erzählen konnte.Eine Wache ging an ihr vorbei mit einem misstrauischen Blick auf das Baby, das sie nun noch schützender gegen ihre Brust drückte.Niemand konnte ihr ihr Kind wegnehmen.
Die Wache wandte nun sofort fast schon beschämt den Blick ab, als sie den tödlichen, finsteren Blick der beschützenden Mutter sah.
Als sie an ihm vorbeigelaufen war und er nun um die Ecke bog, drehte sie sich wieder nach vorne und konzertierte sich wieder auf den Weg. Lange würde es nicht dauern und sie würde Alexander Hill in seine strengen, dunkelbraunen Augen blicken müssen, die schon seit länger Zeit eine Kälte und Finsterheit ausstrahlen.
Sie kannte Alexander Hill gut. Sie hatte ihn vor seiner verdorbenen Persönlichkeit kennengelernt und sie hatten sich gut verstanden.Doch nach dem Tod einer seiner engsten Vertrauten zerstörte die neu aufgetretene Verbitterung ihn und alles was ihn ausgemacht hatte. Danach hatte sie ihn nicht mehr gesehen und sie wollte es eigentlich auch nicht.Sie wollte nicht die verborgene Trauer und Verletztheit hinter seiner Maske sehen müssen. Aber auch nicht seine Wut und Dunkelheit, denn er war ihr immer eine treuer Freund gewesen und seinen neuen Anblick hasste sie.

Ihre Beine trugen sie weiter und bogen kurz nach rechts ab nur um dann sofort stehen zu bleiben, weil direkt um die Ecke niemand anderes als Alexander stand. Eigentlich sollte vor dem Eingang der Halle immer mindestens eine Wache postiert sein, aber anscheinend war dies nicht der Fall, sondern ein junger, gut aussehender Mann, mit schwarzbraunen Haaren hatte sich mit seinen breiten Schultern wie auch durchtrainierten Muskeln vor ihr aufgebaut.
Kurz dachte sie, als Alexander sie erblickte, dass wirklich ein kurzes Zeichen von Freude in seinen Augen aufgeblitzt war, doch es musste nur eine Lichtreflektion der Fackeln gewesen sein. Denn nun zierte ihn wieder die Kühlheit, die sie schon erwartet hatte.
Alexander stach sehr hervor durch seinen modernen Anzug, der zwar schlicht war, aber im Kontrast zu dem etwas älteren Stil des Gebäudes und der Gewohnheiten der ganzen übernatürlichen Regierung, hervorstach.
Er wandte ihr den Rücken zu, jedoch nicht ohne einen kritischen Blick auf das kleine, wunderbare Lebewesen in ihren Armen zu werfen.
Sie folgte ihm nur misstrauisch und unglücklich über diese Maßnahme, aber sie wusste man konnte nicht vor diesen Leuten fliehen. Diese waren einfach zu mächtig und hatten zu viele Kontakte mit denen man jede doch so gut getarnte Person ausfindig machen könnte.
Die schweren Holztüren öffneten sich und gaben ihr den freien Ausblick auf den prächtigen Saal, der natürlich angemessen geschmückt war, denn dieser Raum sollte selbstverständlich die weitreichende Macht der Richter und der Regierung demonstrieren.
Er war in in Silber und schwarz gehalten und verfügte über einen riesigen runden Eichentisch,der sie jedes Mal stark an Arthur's Tafelrunde erinnerte. Um den Tisch herum standen silberne, samtüberzogene Stühle und auf zwei von ihnen saßen eine Mann und eine Frau. Beide hatten ihre geschäftliche Kleidung an. Den schlanken Körper der Frau zierte ein schwarzes, lockeres Kleid mit kürzen Ärmeln und einem goldenen Gürtel und der Mann trug dasselbe, was Alexander anhatte, bloß in den Farben seiner Frau. Beide erhoben sich bei ihrem Eintreten und schritten nun auf sie zu und ihr Kind zu.
Auch Alexander und sie waren nun stehengeblieben und sie wünschte sich nichts mehr, als dass sie mit ihrem Kind in Ruhe gelassen werden würde. Aber das würde nie so sein. Sie und ihr Mann vor seinem Tod waren nun mal sehr kraftvolle Wesen und da dies nicht recht oft vorkam, begutachtete die Regierung sie schon seit langer Zeit. Und dann noch ein Kind aus solchen Stammbäumen abstammend interessierte sie natürlich noch um einiges mehr. Mit finsterer Miene starrte sie die drei Leute, die sie umgaben, an. Der fremde Mann wollte gerade anfangen an zu reden, als die Frau ihn mit einem sanften Händedruck zurückhielt. Sie warf ihm einen bedeutenden Blick zu und begann selber zu sprechen:
»Hallo, Diana. Es wird deinem Kind nichts geschehen.«
»Celine?« Sie war sich auf einmal sicher, dass sie diese Frau kannte. Ihre Stimme war sehr vertraut und erinnerte sie stark an eine ihre alten Freundinnen. Und auch ihr Aussehen sah dem ihrer Freundin ähnlich... Sie besaß dieses exotische Aussehen mit den vollen, schwarzen Haaren und den dunkelbraunen, fast schon schwarzen Augen. Nun spiegelte sich das Erkennen auch in den Augen von der Frau wider und sie lächelte.
»Ja. Ich habe dich gar nicht wieder erkannt.« Die Männer schickten sich nun vielsagende Blicke zu und wieder musste ihr bewusst werden, dass das hier kein fröhliches Aufeinandertreffen war. Trotzdem schöpfte sie nun etwas Hoffnung auf Beihilfe. Auch Celine bekam das Zeichen mit und zügelte sich ein bisschen. »Diana«, sie kam einen Schritt näher und guckte ihr ernst und nun auch etwas traurig ins Gesicht, »du wurdest früher hierhin bestellt, weil dein Kind etwas besonderes geschenkt bekommen hat. Eine Gabe. Sie ist die einzige, die fähig ist, ihn zu beschützen. « Die misstrauische Mutter hatte keine Ahnung wovon Celine sprach. Aber es gefiel ihr nicht. Ihr Griff um das kleine Kind in ihren Armen wurde stärker. Wer konnte nur von ihrer Tochter beschützt werden? Es fiel ihr beim besten Willen nicht ein, obwohl sie ihren Kopf nach Antworten durchforstete. Es war jedoch so schwer, klar zu denken, da die drohende und gefährliche Stimmung, wie ein Mantel, um sie gelegt worden war. »Wen soll meine Tochter beschützen?« Ihre Stimme klang schwach, gebrechlich und ängstlich. Und sie sich hasste sich für diese Unsicherheit und Schwäche, die so offen zur Schau gab. Celine nahm einen tiefen Atemzug und Diana wusste jetzt schon, dass sie nichts gutes zu sagen hatte. Schließlich sprach sie die Worte aus. »Den See. Joanna soll den See bewachen und beschützen.« Sie musste erst die Worte realisieren, um dann entsetzt "Nein" aufzuschreien. Ihr Kind verdiente das Beste nicht das Schlechteste. »Ich werde das nicht zulassen! Mein Kind wird das nicht machen!«
»Diana!« Alexander's tiefe Stimme drang an ihr Ohr und plötzlich spürte sie wie ihr etwas aus der Hand gerissen wurde. Und ein Schalter legte sich automatisch in ihrem Gehirn um. Babygeschrei erfüllte den Raum und ein schriller Schrei vermischt mit Wut und Todesangst durchfuhr das ganze Hauptquartier dieses Bezirkes.

Secret Water - Hidden (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt