2. Kapitel • Die »Party-Vorbereitungen«

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Ich hob den Kopf und riss mich somit aus meinen Abschweifungen. »Alexander, bevor wir das tun, möchte ich dir sagen, dass ich morgen zur Schule gehen werde.« Gespannt auf seine Antwort sah ich ihm direkt in die Augen. Er blickte nun auch überrascht auf. Dann änderten sich seine Gesichtszüge von überrascht zu ernst. »Joanna, das geht nicht. Du könntest Menschen und dich in Gefahr bringen, durch das Verlangen nach... «
Mord. Er wollte es nicht sagen und ehrlich gesagt wunderte mich das, da ich sehr gut wusste, dass all dies sehr gefährlich war und man klar, deutlich und gefühllos sein sollte bei Ratsangelegenheiten. Denn das waren die Vorraussetzungen eines Ratsmitgliedes. Besonders die eines Richters. Er war nun seit einiger Zeit in diesem Bezirk Richter und dadurch wurden wir noch bekannter in der übernatürlichen Welt, als wir eh schon durch mich und den See waren.
Der See war mächtig und sehr berühmt, aber nicht viele kannten seinen Standort, da er nur seine Kraft auserkorenen Übernatürlichen demonstrierte. Für die Restlichen und erst recht die Menschen war es ein ganz natürlicher See. Und jedes Jahr fand dort, seit ich da wohnte, eine Party statt. Etwas, was alle aus meiner Schule noch gesprächiger über mein jährliches Verschwinden machte. Doch die Party war unser Trick. Wir lockten die Menschen dahin und dort würde der See dann das Opfer für das Jahr auswählen. Der See schien keinem bestimmten Muster zu folgen, aber ich versuchte auch insgesamt nicht irgendwas über ihn herauszufinden. Er war mein Heim und ich vertraute ihm. Außerdem war es mir nicht erlaubt an magischen Sachen zu zweifeln.

Ich blinzelte ein paar Mal und realisierte die besorgten Blicke von Alexander, der auf der anderen Seite der Theke stand. Ich musste ihn überzeugen. Ich wollte zur Schule.
»Die Stimme hat es von mir verlangt. Sie meint dieses Mal wäre eine Ausnahme.«
Eigentlich wollte ich ihm das nicht sagen, weil er, wie er nur sehr ungern zugab, den Stimmen nicht vertraute. Am meisten nicht der, die meiner Mutter ähnelte. Als Wesen des Übernatürlichen war es ihm nicht gestattet etwas schlecht zu finden, was ihn ausmachte. Die Magie. Aber wie jeder Mensch oder Ähnliches konnte man nicht immer den Regeln folgen. Besonders wen es um die eigene Familie ging. Er fuhr sich mit seiner Hand übers Gesicht und atmete einmal tief ein und aus.
»Na gut. Aber wenn etwas ist, ruf sofort an. Außerdem wird Carter dich dann nicht aus den Augen lassen.«
Die Strenge in seiner Stimme verschreckte mich etwas, aber ich nickte nur still. »Also befassen wir uns mit der Opferung. Du weißt noch wie alles abläuft?« Wie könnte ich nicht? Er hatte es mir schon so oft eingeplärrt.
»Ja. Der See beeinflusst den Menschen, lockt ihn zum Wasser und dann übernehme ich. Ich ziehe ihn mit nach unten. Der See nimmt die Person und entnimmt ihm die Lebenskraft.«
»Und?« Er sah mich unglücklich an.
»Ich werde mich genau in diesen Strudel von Macht stellen und somit die Macht zum Herzen des Sees lenken.« Alexander nickte und entfernte sich von mir. Etwas schien ihn zu bedrücken, doch ich wusste, es wäre besser nicht zu fragen.
Nun stand er im Rahmen des Eingangs, der keine Tür besaß und er seufzte.
»Das war's. Ich kümmere mich gleich allein um die Vorbereitungen. Geh schlafen. Du brauchst all deine Kraft für morgen.«
Ich antwortete nicht, sondern ging in mein Zimmer, nachdem auch er in Seins verschwunden war. Mein Zimmer war das einzige, welches nicht den modernen Stil des restlichen Hauses folgte. Denn in diesem Raum herrschten nur blaue oder grüne Farbtöne. Diese sollten mich an das Wasser erinnern.
Denn ich liebte es, nicht nur wegen dem See, sondern weil Wasser für mich so befreiend war. Es zeigte mir eine ganz neue Seite der Welt. Eine reine, freie Welt. Das Klingeln meines Handys weckte mich aus meiner Starre und ich nahm es von der Kommode neben der Tür. Damit setzte ich mich auf mein Bett, das direkt gegenüber von der Kommode und meinem Schreibtisch stand. Dann drückte ich auf »Annehmen«.
»Hallo?«
»Carter hier. Hab gerade eine SMS von Alexander erhalten. Du gehst morgen also zur Schule?« Ich lächelte, als ich merkte, dass es Carter war. Er war seit dem Eintreffen von Alexander in meiner Schule und er war mein bester Freund. Wie er mir einmal erzählt hatte, mochte er meine ruhige, vernünftige Art und das unterschied mich so ziemlich von meiner Schule. Denn sie war voller Leben und... Unvernunft. So wie bei jeder normalen Schule.
»Jo?« Seine besorgte Stimme drang durch den Hörer, als er meinen Spitznamen sagte. »Ja. Tut mir leid. Ich bin noch hier. Und ja ich gehe morgen zur Schule.«
»Wie wir beide es eh nicht anders von deinem Stiefdad kennen, hat er sich nur sehr kurz gefasst. Also erzähl mir was los ist.«
»Ich fühl mich nicht so schwach und willenlos so wie sonst immer. Es geht mir noch gut.« Durch das Handy hörte man ihn mehrmals schnell und glücklich »Ja! Ja! Ja!« aufjauchzen.
»Jetzt können wir es diesen scheiss unfreundlichen Jungendlichen aus diesem Jahrhundert zeigen!«, rief er aufgeregt.
Ich lachte laut. Er war verrückt, aber ich mochte seine Gesellschaft. Alexander war nicht ganz bei der Wahl meines neuen Beschützers einverstanden gewesen, doch als ich Carter dann kennenlernte, wollten ich keinen anderen haben. Außerdem war er der perfekte Beschützer. Breitschultrig und sehr stark, was wohl auch teils an seiner Art lag.
Denn er gehörte zu den 'Firewalls'. Ein Wesen, welches stark, schnell war und sich in eine lebendige Fackel, wie Carter es nannte, verwandeln konnte. (Er hatte den Spitznamen aus seiner liebsten Filmreihe stibitzt.) Firewalls waren einer der wenigen, übernatürlichen Arten von Hunderten, die mir bekannt waren. Daneben wusste ich noch was ein Treetaste, ein Lighter, ein Soulair und die restlichen bekannten Sachen wie Werwölfe und Hexen waren, aber ich war noch nie jemandem dieser Rasse begegnet.
Carter war der einzige, von dem ich wusste, was er war. Selbst Alexander's Art kannte ich nicht, aber wie ich einmal gesehen hatte, hatte seine irgendwas mit Kälte zu tun gehabt.
»Also da du eindeutig ruhiger und unaufmerksamer bist und mir nicht mehr zuhörst, schläfst du jetzt und ich leg auf.« Ein kleines Lachen von mir kam wieder und ich wünschte ihm eine gute Nacht, worauf er nur antwortete, dass es in seiner eigenen »Kopfuhr« noch nicht Mals Mittag wäre. Was so viel hieß, wie »Ich schlaf erst um 3 Uhr nachts ein. Frühestens.« Dann legte ich auf, platzierte das Handy neben mich auf den Nachttisch und schloss die Augen. Nun, da ich etwas konzentrierter auf die Geräusche achtete und die Fenster in meinem Zimmer auf waren, begleitete mich in meinen Schlaf, die Töne, des Waldes und das leise Rauschen des Sees.

»Aufwachen, Jo. Ich bin's Carter.«
Seine klare Stimme holte mich aus meinem Schlaf und ich öffnete die Augen. Bisher sah ich nur die türkise Decke, weswegen ich mich aufrichtete. Dann stand ich noch leicht verschlafen und gähnend vom Bett auf.
Carter saß gelassen auf meinem Stuhl, der normalerweise dem Schreibtisch zugewandt war, aber jetzt mit der Lehne zu dem Tisch zeigte. Sein kastanienbraunes Haar war hochgestylt und seine katzengrünen Augen strahlten wie immer Lebensfreude aus. »Jo, heute ist wieder dein großer Tag und du siehst nicht gerade kraftvoll und konzentriert aus.« Eine Note von Besorgnis schwang in seiner Stimme mit und ich lächelte nur mit noch halb geschlossenen Augen.
»Ich schaffe das schon. Ich werde zur Schule gehen. Im Laufe des Tages wird es sicherlich besser.« Etwas abwesend, bekümmert betrachtete er mich und nickte.
»Na gut«, er erhob sich, zeigte damit seine über mich ragende Größe, grinste mich an und vertrieb somit die Besorgnis aus seiner Haltung und seinem Gesicht, »dann solltest du dich jetzt beeilen, denn es ist schon 6:15 Uhr.« Nun wurde ich hellhörig und ein klein bisschen wacher. »Wie meinst du das? Stehe ich nicht immer um 7:00 Uhr auf?«
Carter's Grinsen wurde noch breiter. »Nicht diesmal. Du brauchst auf jeden Fall einen Kaffee und ich auch. Der Adrenalinkick wird uns helfen, den Anderen in den Arsch zu treten.«

Secret Water - Hidden (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt