29. Mai 1998
Lieber Tod,
die Theorie, dass ich in den nächsten zwei Tagen das Zeitliche segnen werde, war offenbar falsch. Einerseits bin ich froh darüber. Erstens: Ich hatte mehr Zeit mit meiner Mama und ich war heute auf Ricks Beerdigung. Andererseits hatte ich vor zwei Tagen noch gewollt, dass ich sterbe, weil ich Ricks Beerdigung ja irgendwie doch nicht miterleben wollte. Diesen Schmerz wollte ich mir nicht antun.
Oh Gott, ich bin so verrückt. Ich kann mich nicht entscheiden. Im einen Moment will ich, dass du mich holst, im anderen Moment will ich es nicht.
Aber danke, dass du mir diesen heutigen Tag doch noch gelassen hast. Ich hätte nämlich ansonsten solche Schuldgefühle gehabt, weil ich nicht auf seiner Beerdigung war.
Irgendwie finde ich, dass es ziemlich lange gedauert hat, bis Ricks Beerdigungstermin feststand. Wir waren alle zu verletzt, um irgendetwas zu machen, und Jenny wollte ihren Eltern bei der Planung unbedingt helfen, weil die zwei einfach dumme Kotzbrocken sind. Und Jenny war zu labil, um irgendetwas zu machen, also hat es offenbar so lange gedauert.
Ich kann mich nicht entscheiden, ob die Beerdigung schön oder grauenhaft war. Wie immer, oder? Du raufst dir vielleicht schon die Haare, weil du nicht weißt, ob du mich töten sollst oder nicht. Weil ich mich nie entscheiden kann.
Ich will dir nicht von der Beerdigung erzählen, sonst kann ich nicht aufhören zu weinen.
Ich werde nie aufhören zu weinen, wenn ich nicht zu Rick darf.
Niemals.
Cassie
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Lieber Tod ...
Short Story"Sie wird ihr einziges Kind verlieren, und jeden Tag muss sie darum bangen, dass ich sterben werde. Ich will nicht mehr, dass sie bangen muss. Ich will Gewissheit. Also sag mir, Tod, wann ist „bald"?" Cassie denkt in letzter Zeit sehr oft an den Tod...