Papiervögel

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Kapitel 3

Mitte Oktober 1996

Gelangweilt ließ Graham ein kleines Papiervögelchen durch die Klasse schweben welches dann nach wenigen Momenten des Fliegens zu einem Sturzflug ansetzte. Das Ziel war – wie nicht anders zu erwarten – Andrews Kopf. Genervt boxte sein bester Freund dem jungen Montague in die Seite. Bei den ersten paar Malen war es ja noch lustig gewesen aber nach 72 mal – Grey hat höchstpersönlich mitgezählt – war es auch nicht mehr das Wahre. Binns' – der Lehrer für Geschichte der Zauberei – bekam von dem ganzen Spektakel rein gar nichts mit. Er hatte seine Nase viel zu weit in einem seiner Trillion Geschichtsbüchern – auch von Graham gezählt – gesteckt und konnte gar nicht mehr aufhören aus ihnen heraus zu lesen. Wollte man zumindest meinen.

Nach weiteren drei Papiervögeln – jetzt waren es 75 – räusperte sich Binns' und verkündete das die Schüler nun zusammen packen durften. Wie aus dem Tiefschlaf erwachten alle wieder zum Leben und stürmten aus dem Klassenraum – immerhin gab es jetzt Abendessen. „Grey, mach schneller. Ich halt es hier keine Sekunde länger mehr aus.", sagte Andrew an Graham gerichtet der immer noch an Papiervögelchen bastelte. „Danke Mr. Kirke. Mir hat der Unterricht mit Ihnen auch sehr gut gefallen. Ich hoffe doch, dass Sie sich freiwillig zur nächsten Stundenwiederholung melden werden. Einen schönen Abend noch und viel Freude am lernen", sagte Binns' plötzlich. Vor Lachen viel Grey fast vom Stuhl, konnte sich aber gerade noch in letzter Sekunde retten. „Danke, Grey. Und jetzt hör endlich mit diesen scheiß Vögeln auf.", sagte Andrew dieses Mal etwas leiser und fuchtelte dabei mit seinen Händen herum. Grund dafür war das letzte Vögelchen – 76 –, dass gerade auf Andrew landen wollte. Es starb aber an einem tragischen Tod als der junge Gryffindor es auf den Boden schlug – rest in peace.

Immer noch mit Tränen in den Augen stand Grey auf, nahm seine Tasche und wollte gehen. Doch davor hörte er eine altbekannte Stimme. Bloß war sie diesmal viel ruhiger und unsicherer. „Ähmm schöne Vögel, Montague" „Willamina?", fragte Graham und sah sie verwirrt an. Könnten wir vielleicht kurz reden?", fragte sie, „Allein?" „Geh schon mal vor, Andrew", sagte Grey an Andrew gerichtet. „Ja ja. Viel Spaß, oder so.", sagte Andrew lachend und fügte dann eher zu sich selber hinzu, „Phönixkacke, ich will es gar nicht wissen" Augen verdrehend sah der Slytherin wieder zu Willamina. Was sie wohl wollte?
„Also ähm wegen...ich wollte...also." Grahams Mundwinkel zuckte leicht als er Mina stottern hörte. Es war ihr anscheinend wirklich unangenehm mit ihm zu reden. „Ich denke wir sollten reden, über das...du weißt schon. Ich will wissen warum du mich geküsst hattest? Wolltest du einfach, dass ich aufhöre zu reden und dachtest dann ‚Mir ist sowieso gerade langweilig, also warum nicht?'? Oder wolltest du mir beweisen, dass ich nicht stärker bin. Das ich genauso schwach werden kann? Dass du mich sehr wohl in der Hand hältst? Ich probiere nämlich die ganze Zeit herauszufinden was er dir bedeutet hat, aber jedes Mal komm ich zu dem gleichen Ergebnis: Ich verstehe es nicht!" Langsam rannte eine Träne Willas Wange hinunter und Graham hatte wieder das gleiche Gefühl wie in der Besenkammer als Mina schon weg war. Er hatte ihr wehgetan. Am liebsten würde er sie wieder Küssen. In der Hoffnung es würde diesmal ihre Tränen stoppen. Aber Mina würde es falsch auffassen. Sie würde glauben es ginge ihm wieder nur um Sex. „Wieso wollte ich es so sehr? Und wieso hat es sich danach so falsch angefühlt?" Mit einem ausdrucklosen Blick sah er ihr direkt in die Augen. „Du bist nicht schwach, Willamina. Genau so wenig wie ich stark bin. Ich habe Sex weder aus Liebe noch um ein Machtgefühl zu haben. Ich habe Sex um den Kopf frei zu bekommen. Und eigentlich schlafe ich auch nur mit Mädchen die in etwa die gleiche Vorstellung haben. Warum ich dich geküsst habe? Keine Ahnung! Woher sollte ich wissen, dass du mich zurück küsst. Du hasst mich! Ich dachte du schupst mich weg oder schlägst mich. Aber das hast du nicht getan. Du hast ihn erwidert. Du bist genauso beteiligt daran wie ich. Es ist nicht nur meine Schuld. Du hättest immer sagen können ‚Nein'. Ich dachte dir hätte es gefallen, auch wenn es wehgetan hat. Aber du hast danach geweint. Und dann, kurz nach dem letzten Kuss sahst du mich an als hätte ich dich ausgenutzt. Als hätte ich dich zerstört." Erst jetzt bemerkte er wie laut er wurde und schnell richtete er seinen Blick auf den Boden. Er konnte ihre Augen nicht mehr ertragen. Ach, hätte er sich an diesem Tag bloß zusammen gerissen. „Warum ich dich geküsst habe? Ja, vermutlich aus Langweile. Und warum wir Sex hatten? Ich hatte Sex mit dir, weil es mir an dem Tag scheiße ging. Warum du mit mir Sex hattest musst du selber wissen.", sagte er fast flüsternd. "Ich mochte es. Ich mochte die Gefühle die du in mir auslösen konntest", erklärte sie leise. „Deshalb habe ich mit dir geschlafen. Es machte mir nur Angst..." Langsam ging Mina auf Grey zu und nahm dabei seine Hand. Diese platzierte sie auf ihre eigene Hüfte und sah ihn auffordernd an. Nun drückte sie ihre Lippen auf seine. Wieder ein Kuss. Dieses Mal von ihr, aber nein. Er konnte nicht. Nicht nach diesem Gespräch. Sanft drückte er sie an der Hüfte von sich und mit leerem Blick sah er sie an. „Und warum hat es sich danach so falsch für dich angefühlt?", fragte er kalt. Mina senkte den Blick. „Es hatte sich falsch angefühlt weil ich Angst hatte. Es war nicht unbedingt die Vorstellung, die ich von meinem ersten Mal hatte. Und es hat mir Angst gemacht, dass es sich trotzdem gut angefühlt hatte. Dass es sich mit dir gut angefühlt hatte. Ich sollte dich doch eigentlich hassen... Ich sollte wohl besser gehen. Andrew wartet schon auf dich", sagte sie und drehte sich um, um zu gehen. Schnell griff Grey nach ihrer Hand und zog sie wieder an sich, sodass sie leicht auf ihn flog. „Ach, Phönixkacke" raunte Grey leise und presste seine Lippen auf ihre. Seine Hände platzierte er wieder an ihre Hüften. Mit der Zeit berührten sich ihre Zungen.

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