Wer bin ich?

561 25 3
                                    

Das menschliche Dasein: Eine von Emotionen geprägte Suche nach dem Platz im Universum und der Existenzfrage:

Ich sitze da und starre einfach gerade aus. Ich sehe nichts außer dieser einen weißen Wand. Und so sitze ich jeden Tag wieder vor dieser Wand für mehrere Stunden, irgendwo unter der Erde und meditiere über so ziemlich alles, was mir gerade einfällt. Das sind so Fragen, wie

Wer bin ich?

Was mache ich hier?

Wo komme ich her und wo gehe ich hin?

Was macht das alles für einen Sinn?

Warum existiere ich?

Was ist mein Platz im Universum?

Wenn ich einen habe, was soll ich dann immer hier?

Und warum in aller Welt muss ich immer in diesen verdammten Psychopathen-Raum. Psychopathen-Raum: Ihr fragt euch jetzt sicherlich, was das ist. Ich rede von einem komplett weiß gestrichenen Raum, der unter der Erde liegt, ich habe diesen Raum als ich kleiner war mal so getauft, weil er mir Angst eingejagt hat. Und in gewisser Art und Weise tut er das immer noch!

Meine Eltern sind sehr früh gestorben und ich bin bei meiner Tante und meinem Onkel groß geworden, sie haben mich behandelt als wäre ich ihr eigenes Kind, aber sie haben mir nie gesagt, dass sie meine Eltern wären. Egal was kam, sie sind immer bei der Wahrheit geblieben. Die beiden waren tolle Menschen. Bis zu jenem Tag an dem ich ihren Tod mit eigenen Augen sehen musste.

Es war ein schöner Herbsttag und ich kam gerade von der Schule. Ich betrat das Haus und hörte nur noch einen Knall, wobei ein Knall nicht ganz richtig ist es waren mehrere Schüsse. Ich sah mich um. Alles was ich sah, war ein Mann mit einer Pistole und meine Tante, die vor dem Mann kniete und ihn anflehte sie und meinen Onkel zu verschonen. Doch der Mann lachte nur und drückte ab. Erster Schuss: Mein Onkel ging zu Boden. Zweiter Schuss: Meine Tante ging zu Boden. Und der dritte Schuss? Der zielte eigentlich auf mich, aber wie durch ein Wunder habe ich überlebt.

Seitdem lebe ich bei Pflegeeltern und mache eine sogenannte „Therapie". Auch wenn ich mir sicher bin, dass es keine Therapie, sondern eine Gehirnwäsche ist. Teil dieser Therapie ist es auf jeden Fall, jeden Tag mehrere Stunden in den Raum zu gehen und zu denken.

Eigentlich sollte ich über meine Vergangenheit nachdenken haben sie mir gesagt, aber das habe ich schon lange aufgegeben, warum sollte ich meine Gedanken auf die Vergangenheit beschränken ist es nicht viel besser alles mit einzubeziehen? Genügend Zeit habe ich ja.

Und auch heute sitze ich wieder in diesem Raum und denke nach, aber dieses Mal habe ich Papier und Stifte mitgeschmuggelt. Ich fange also an zu schreiben, der Stift bewegte sich über das Papier ohne, dass ich die Bewegungen vorher wusste.

Wer bin ich?

Ich bin, ja wer bin ich denn eigentlich? Egal, erstmal die Fakten!

Also, ich bin Noah und 16 Jahre alt. Ich bin etwa 1,85 Meter groß und habe braune Augen.

Soweit die Fakten, aber wer bin ich in meinem inneren?

Ich bin ein sehr nachdenklicher Mensch,

ich bin ein sehr ehrgeizig und eigentlich bin ich auch ein recht zuversichtlicher Mensch.

Das klingt irgendwie komisch, dachte ich mir und schmiss den Zettel in die Ecke. Von vorne vielleicht ein bisschen anders formulieren.

Wer bin ich?

Ich bin faktisch gesehen nichts Außergewöhnliches, dennoch bin ich in meinem Inneren irgendwie was Besonderes. Besonderheit meint nicht Genialität oder Überlegenheit, sondern Spezialität und Einzigartigkeit.

Ich bin der Ehrgeiz in Person, wenn ich etwas erreichen möchte, dann arbeite ich solange bis ich es erreicht habe.

Ich bin Perfektionismus im übertragenden Sinn, der Ehrgeiz ist die Grundlage für meinen Perfektionismus und der Perfektionismus ist der Feinschliff auf dem Weg zu meinem aus Ehrgeiz gesetzten Ziel.

Ich bin Kreativität, um zu meinem ehrgeizigen Ziel mit meinem Perfektionismus zu gelangen, lasse ich mir kreative Methoden einfallen um alle anderen menschlichen Bedürfnisse auszutricksen.

Ich bin Höflichkeit, das höflich sein, kann Steine auf meinem Weg legen, sodass ich nicht mehr über sie stolpern kann.

Das war doch eigentlich schon einiges. Und es hört sich wesentlich schlauer und abstrakter an, als mein vorheriger Versuch.

Plötzlich hörte ich etwas. Verdammt das Papier musste verschwinden, die Wächter kamen, um mich wieder nach oben zu bringen. Und kaum hatte ich das Papier unter meiner Jacke versteckt ging die Tür auf und die Wächter kamen herein. Ich wunderte mich: Normalerweise kamen zwei Wächter heute waren es drei, das hieß in meinem Umfeld gar nichts Gutes. Ich ging, wie jedes Mal mit ihnen nach oben, als ich an der Abzweigung zu meinem Zimmer oberhalb der Erde war und rechts abbiegen wollte, wie immer, sagte einer von ihnen: „Heute nicht, mitkommen!" Und er hatte dieses verdammte hinterhältige Grinsen auf den Lippen.

Was hatte das alles zu bedeuten und was hatten sie bloß mit mir vor?!

Vom Glauben und Wissen  Geschichten vom Leben und mit dem LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt