Kapitel 7

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10. Mai 2008

Seit paar Tagen war ich hier in der Stadt bei meiner Mamas Familie.
Erst jetzt merkte ich, was für nette Menschen sie waren.

Hilfsbereit, fürsorglich, respektvoll und strahlten sehr viel Liebe aus.

Ich wollte gar nicht mehr weg von dort.
Sie waren anders.
Anders als die im Dorf.
Eher moderner und unternahmen viel mehr etwas miteinander als die von Papas Seite.

Meine Tanten waren für mich wie eine 2-te Mutter geworden.
Alle drei Tanten sahen meiner Mam sehr ähnlich.
Bis auf die Zweite Tante.
Sie war nämlich schwanger, im achten Monat.
Sie sah aus als würde sie bald aufplatzten.
Natürlich platzt er nicht, aber für eine 10-Jährige, war das eben eine solche Einbildung.
Das kleine Ding ihn ihrem Bauch verließ kleine süße Fußabdrücke auf ihren Bauch.
Ich war fasziniert wie ein kleines Ding im Bauch einer Frau landen kann.
Ich hatte schon bei meiner Mam gesehen, wie eine Schwangerschaft abläuft und Hut ab für diese Frauen.

Gestern Abend waren wir alle im Wohnzimmer und schauten mal wieder „Mehmet Kosova" an, während Mam im Nebenzimmer schlief.
Eine Türkische Serie, die damals im Albanischen Sender lief.

Wir hatten sie allein gelassen, da der Arzt meinte sie brauche noch viel Ruhe, obwohl sie auf dem Weg der Verbesserung war.

Alle waren auf dem Fernseher fixiert, bis wir merkten, dass die Wohnzimmertür aufging.
Mam stand einfach da und betrachtete uns mit einem bösen Blick betrachte.

„Mashallah, Mashallah kush kuka qu lumet na" (Wer aufgestanden ist, glück sei mit uns)!

Alle waren erstaunt.
Keiner hatte mitgerechnet, dass sie wieder auf ihren eigenen Beinen stehen wird.
Seit Monate war sie nicht mehr aufgestanden und jetzt ganz plötzlich steht sie vor uns.

Ich rieb mir die Augen.
Es war kein Traum.

„Qysh um kini lan vet" (Wie habt ihr mich allein lassen können)?

Schon war mein Herz in Tausend Stücken zerbrochen.

Wie konnten wir sie nur allein lassen?
Wenigstens ich hätte bei ihr bleiben sollen!
Was bin ich nur für eine schreckliche Tochter.

„Thirra, thirra und keiner ist gekommen und musste dann selbst aufstehen" (Hab gerufen und gerufen).

„Wir schwören auf dieses Licht was brennt, wir haben dich nicht gehört. Komm setzt dich bleib nicht stehen".

„Ja, nachdem ich jetzt schon aufgestanden bin und ihr alle mit den Fernsehen beschäftigt seid, mach ich euch noch einen Kaffee", sagte sie lachend und ging Richtung Küche, gefolgt von einer meiner Tanten.

Ich sah zur Oma.
Man sah ihr an das sie überwältigt, traurig, geschockt und gleichzeitig glücklich war.
Ihre Tochter, meine Mam und deren Schwerster stand nach so langem wieder auf ihren eigenen Beinen.
Mein Gefühl hat mich nicht enttäuscht.
Ich wusste sie wird wieder gesund und dass es ihr besser geht.

Sie machte allen einen Kaffee und uns Kinder jeweils einen Kakao.
Alle tranken genüsslich ihr Getränk.

Danach machten wir noch ein paar Bilder mit Mam und lachten über jede Kleinlichkeit, die Oma und Mam erzählten, als Mam noch klein war.

Irgendwann war ich eingeschlafen und irgendwer hatte mich ins Schlafzimmer meiner Großeltern getragen.
Ich sah auf die Wanduhr es war gerade mal 5 Uhr morgens.
Ich beschloss weiter zu schlafen, da es noch viel zu früh war, um aufzustehen.

-BOOM-

Ein Lautes krachen weckte mich von meinem schönen Schlaf auf.
Wir waren gestern lange aufgeblieben und ich war sehr erschöpft.
Ich war es nicht gewohnt bis 12 Uhr nachts wach zu bleiben.
Ich sah wieder auf die Uhr.
Es war schon 12 Uhr mittags?
Wie habe ich so lange schlafen können?
Mit einem leichten Schwung stand ich auf und wollte ins Badezimmer gehen, doch irgendwas stimmte nicht.
Es war still.
Zu still.

Wahrscheinlich waren alle auf der Terrasse oder im Garten bei diesem schönen warmen Sommerwetter.
Es hatte gefühlte 35°C draußen.

Ich ging ins Badezimmer, ohne irgendetwas zu vermuten, putzte meine Zähne und zog mich danach an.

Ich hatte immer noch dieses komische Gefühl.
Noch immer dieses leichte Ziehen in meiner Brust.
Wieso war es noch nicht weg?

„Ich geh mal nach Mam sehen.", sagte ich eher zu mir selbst und trat aus dem Zimmer raus.

Alle saßen da und unterhielten sich leise, da Mam noch am Schlafen war.
Heute sah sie gar nicht gut aus, was mich wieder zum Nachdenken brachte.

„Auror a u qove a" (Aurora bist du munter geworden)? „Komm Essen, weil du noch nichts gegessen hast", sagte einer meiner Tante zu mir.

Ich nickte leicht mit dem Kopf, doch meine Blicke waren immer noch auf Mam gerichtet.
Was war nur los?
Was war passiert?

„Iss und geh raus spielen. Ein paar Mädels haben nach dir gerufen, meinte meine Tante und nahm von der Mikrowelle einen Teller mit Suçuk und Spiegeleier raus.

„Ani tet." (Oki Tante), gab ich von mir.

Wenn ich ehrlich sein darf, wollte ich nicht raus.
Ich wollte bei meiner Mam bleiben.
Es wird etwas passieren ich weiß es.
Nur bin ich mir jetzt unsicher, ob es gut oder schlecht sein sollte.

Inshallah nur gutes, dachte ich mir.

Nachdem ich gegessen hatte, zwang mich meine Tante förmlich nach draußen zu gehen und irgendwann schaffte sie es auch, mich zum Überreden und ging zu den Nachbarn.
Dort angekommen wartete schon einige Mädchen auf, mich mit denen ich mich auch vor ein paar Tagen angefreundet hatte, um zu spielen.

Sie waren auch anders als die vom Dorf.
Wir spielten mitten auf der Straße.
Zwar war das nur eine enge Einbahn-Straße, jedoch dachten wir nicht an den folgen nach, was uns passieren könnte, wenn ein Auto, aus dem Nichts kommt.

Nach langen spielen beschloss ich mich wieder nach Mam zu sehen, nur um sicher zu gehen.

„Mos shko, hajde lujm edhe pak" (Geh nicht, komm spielen wir noch ein bisschen), rief mir einer von den Mädels hinterher.

„Miniren kthena" (Komme sofort), schrie ich zurück und war schon bei der Eingangstür angekommen.

Ich lief rauf in den 3-ten Stock und übersprang dabei immer eine 2-te Stufe.

Oben angekommen ging ich erstmal in die Küche, um Wasser zu trinken und danach ins Mamas Zimmer.

Ich hoppelte wie ein Hase zu ihrem Zimmer und riss die Tür auf.

Es war still.
Alle Augen waren auf sie gerichtet.
Draußen zieht schon langsam und leise die Nacht herbei.
Sie sieht sehr blass aus.
Ihre Perücke hängt runter und man kann ihre nackte Kopfhaut erkennen.

Vor 2 Jahren, teilten die Ärzte die schlechte Nachricht mit.
Es war nur eine Frage der Zeit aber bitte nicht jetzt.

„Qika Mamit, afrohu te un" (Mamas Mädchen, nähere dich zu mir).
„Mam bitte".

Sie nannte mich immer 'Qika Mamit'.

Meine Seele stirbt, um nur noch einmal, dass von ihrem Mund zu hören.

Ihre Stimme ist Heilmittel für all meine Sorgen.
Jetzt klingt sie gebrochen und leise.

Das kannte ich von ihr nicht.
Sie war der fröhlichste Mensch.
Ohne Kummer und Sorgen.
Nie habe ich sie weinend vorgefunden.
Immer lachend.

Ich näherte mich an sie ran.
Sie bekam kaum ihren Mund auf und ihre Augen waren zu einem leichten schlitz geöffnet.
Mit der Zunge befeuchtete sie leicht ihren Mund und fing an zu reden.

„Oh. qika jeme ma e mira. Oh, mein aller bestes Mädchen. Weißt du wie sehr ich dich liebe? Mein Mädchen, Mama ist sehr müde und ich kann nicht mehr.
Du bist groß geworden und musst immer wissen, dass Papa nur das Beste für dich will."

Ich will es nicht wahrhaben.
Es wird sicher wieder alles gut werden, ist nur eine Phase.
Morgen steht sie wieder auf Beinen, wie sie gestern es gemacht hatte.

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