Fairytales are dead

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Oliver

Als ich den Raum betrat, setzte Ilana sich gerade hin, während sie vom Rest der Klasse etwas perplex angestarrt wurde. Frag mich warum.

Eher unmotiviert schlurfte ich an meinen Platz, der übrigens direkt neben ihr war. Eigentlich war Biologie ja mein Lieblingsfach, aber Ilanas Reaktion auf mich hatte mir die Lust ein wenig zerstört.

Ich ließ mich neben ihr auf meinen Stuhl plumpsen, stützte meinen Kopf auf meine Hände und sah angestrengt aus dem Fenster. Die konnte mich mal.

Da wollte ich mich doch tatsächlich überwinden, sie zu fragen, ob sie zum Schulball mit mir gehen wollte und dann so etwas. Wer nicht will, der hat schon, dachte ich mir. Ihr Problem, wenn sie nicht mit dem coolsten Jungen der Stufe ausgehen wollte.

„Hey", wisperte Ilana neben mir. „Hast du die Hausaufgaben?"

Ich blieb kalt und ignorierte sie. Für ungefähr zwei Sekunden. Ich schob ihr meinen Block zu. „Kannst sie haben."

Sie grinste mich an. Dieses wunderschöne Ilana-Lächeln, an dem ihr ganzes Gesicht mitwirkt. Breiter Mund mit weißen Zähnen, hochgezogene Brauen, zusammengekniffene Augen und zuckende Nase. Echt niedlich. Ich biss mir auf die Lippe und sah weg, um nicht rot anzulaufen.

Unsere Lehrerin betrat den Raum und breitete ihre Unterlagen vorne am Pult vor.

Ilana saß neben mir. Eigentlich war jetzt noch einmal die perfekte Chance, sie zu fragen.

„Ilana", fing ich unsicher an.

Sofort sahen ihre blauen Augen mich direkt an. „Jaaa?", fragte sie und spielte mit einer Haarsträhne, die sich am Ansatz ihrer Frisur gelöst hatte und ihr nun vorwitzig ins Gesicht fiel.

„Was ich dich vorhin eigentlich fragen wollte, war...", bevor ich meine Frage jedoch beenden konnte, wurde die Tür unseres Klassenzimmers aufgerissen und ein Mädchen mit schulterlangen blonden Wellen rannte herein. Ilana und ich grinsten.

„Tut mir leid!", rief sie aus und zupfte sich ein wenig Gras aus den Haaren. „Ich war noch bei einer Demo für Weidenkühe! Und irgendwie bin ich falsch abgebogen und beim Ochsen gelandet! Ich bin noch nie in meinem Leben so gerannt, das können sie mir glauben!"

„Rosie..." Ilana schüttelte den Kopf und lächelte unsere Freundin, die ein aus alten Putzlappen selbstgenähtes Kleid trug, an. Warum war sie nur so süß?

Unsere Lehrerin, Mrs. Webster, war nicht sonderlich begeistert von Rosies plötzlichem Erscheinen. „Fräulein Woodruff, sie glauben doch nicht ernsthaft, dass ich ihnen das abkaufe? Setzen sie sich einfach."

Rosie widersprach nicht, sondern ließ schnurstracks auf uns zu, setzte sich zu uns und begann zu erzählen. „Das man so ein Tier überhaupt halten kann! Ich glaube, ich hatte noch nie so eine Angst! Woher hätte ich denn bitte wissen sollen, dass der dort wohnt? Ne Türklingel oder so hatte der ja nicht..."

„Fräulein Woodruff!", ertönte Mrs. Websters Stimme entnervt von vorne.

„Sie liebt dich wie immer", kicherte Ilana.

„Oh ja, seit du ihr einen Frosch an den Kopf geworfen hast und ihm befohlen hast, er soll sie sezieren, damit sie weiß, wie das ist, bist du ohne Zweifel ihre Lieblingsschülerin", ergänzte ich und wir fingen bei dem Gedanken daran an zu Lachen. Das endete, als Mrs. Webster uns wieder ihren bitterbösen ich-hatte-auch-mal-Kinder-die-haben-gut-geschmeckt-Blick zu.

Während unsere reizende Lehrerin irgendwelche seltsamen Dinge an die Tafel kritzelte und dabei darauf achtete, dass sie auch die Kreide benutzte, die am ohrenbetäubendsten quietschte, um uns ja zu quälen, wandte Rosie sich mehrmals aufgeregt an mich.

Fuck off, CinderellaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt