Wie die meisten Tage in Dember, war auch dieser beinahe vollkommen ereignislos. Kaba und Kazue taten nichts weiter, als auf einer Wiese herumzuliegen und die Wolken zu beobachten. Später am Abend hörten sie vom Dorfplatz aus Rufe >>Die Händler kommen!<< und >>Die Händler sind endlich wieder zurück!<< Jedes Jahr zur Sommerzeit, kam eine kleine Gruppe fahrender Händler in das Dorf. Die Wanderer erzählten Geschichten von ihren Abenteuern, kauften und verkauften allerleih mehr oder weniger nützlicher Gegenstände und manchmal sogar Schätze von ihren Reisen. Der einzige Grund, warum Kaba und Kazue sich auf die Händler freuten war der, dass sie es schafften, selbst die erfahrensten Händler über den Tisch zu ziehen. Außerdem mochte Kaba ihre erfundenen Geschichten.
Als an diesem Abend das gesamte Dorf am Lagerfeuer versammelt war, erzählte einer der Händler, ein alter Mann mit langem, ungepflegtem Bart und grauen Haaren, eine Geschichte
>>Es war tiefster Winter, meine Kameraden und ich, wir mussten über den Arkinon-Pass wandern. Das ist ein Pass über einen der höchsten Berge unseres schönen Landes. Jedenfalls hatten wir nicht einmal den halben Weg geschafft, da brach auch schon die Nacht herein. Wir schlugen unser Lager in einer Höhle auf, leider erfuhren wir auf unangenehme Weise, dass sie schon besetzt war. Von Wölfen. Sie umringten unser Lager und warteten auf eine Gelegenheit um uns anzugreifen. Also nahm ich einen Ast aus dem Feuer und schlug damit nach jedem Wolf, der mich ansprang und die Anderen taten es mir gleich. Als diese räudigen Köter den Rückzug antraten, dachten wir, wir hätten sie verjagt. Doch wir sollten noch in derselben Nacht erfahren, dass dies nicht der Fall war.
Es war eine bewölkte Nacht, aber genau um Mitternacht, verzogen sich die Wolken und der Vollmond kam zum Vorschein. Dann ging alles ganz schnell; Drei Wölfe heulten genau zur selben Zeit, aber es hörte sich nicht an wie Wolfsgeheul, sondern eher wie das verzweifelte Jaulen einer wilden Bestie. Dann standen sie da, am Höhleneingang, 3 Augenpaare, höher als die der Wölfe, höher als die unseren blickten sie auf uns herab. Sie blicken uns an, wie Raubtiere die ihre Beute musterten, bevor sie zuschlugen. Sie kamen langsam näher und im Schein des Feuers, konnte ich sie erkennen. Es waren drei Wesen, größer als ein Mensch jemals werden würde, mit Klauen und Zähnen größer als die eines jeden Wolfes, und einem Fell, so weiß wie Schnee und doch sah es bedrohlicher aus als jedes andere Fell, dass mir in meinem Leben unter die Augen gekommen ist. >Werwölfe< schoss es uns allen durch den Kopf. Was sollten wir jetzt tun? Wir waren unbewaffnet, verängstigt. Diese Ungeheuer versperrten den Eingang warteten nur darauf, dass wir uns bewegten.
Irgendjemand musste etwas unternehmen, also nahm ich das brennende Holzstück, mit welchem ich auch die Wölfe bekämpft hatte, und stürmte auf die drei Monster zu. >Hagen, was zur Hölle tust du da?< schoss es mir durch den Kopf. Ohne zu zögern schlug ich der größten der drei Bestien das Holzstück in die Schnauze. Es hatte einen Zahn verloren und jaulte vor Schmerzen auf. Der Werwolf biss mir in den Arm und sie alle drei verschwanden wieder in die Dunkelheit.
Wir hatten überlebt. Wenigstens diese Nacht. Aber zu welchem Preis? Seit dieser Nacht, werde ich in jeder Vollmondnacht selber zu einem Monster. Ich muss mich anketten und verstecken um niemanden zu gefährden, aber das Leben meiner Gefährten ist diesen vergleichsweise geringen Preis wert.<<
>>Lügner!<< erschallte es aus dem Publikum >>Niemand kann den Biss eines Werwolfes überleben! Na los, zeige uns die Narbe, die du vom Biss zurückbehalten hast! Zeige uns den Zahn, den du der Bestie ausgeschlagen hast, oh großer Held!<<
Ohne ein Wort zu sagen, zog Hagen sein Wams aus und zeigte, für jeden gut sichtbar die riesige, halbmondförmige Narbe an seinem linken Unterarm. Sie sah aus wie ein Gebiss, aber an einer Stelle war die Narbe unterbrochen und in seiner Hand hielt er einen abnormal großen Fangzahn.
Die Menge jubelte und von irgendwo erschallte ein kaum mehr hörbares >>Entschuldigung!<< Sogar Kazue und Kaba waren beeindruckt.
Weitaus später, es war sicher schon nach Mitternacht, streiften die beiden Freunde ziellos durch das Zeltlager der Händler. Kabas Blick fiel plötzlich auf ein hübsch dekoriertes kleines Zeltchen ziemlich am Rande des Lagers. >>Ich habe euch schon erwartet.<< erschallte es aus dem Zelt. >>Kommt herein, bitte.<< >>Ich traue der Sache nicht. Lass uns besser abhauen!<< sagte Kazue, doch Kaba war einfach zu neugierig. >>Ah, hallo Kaba.<< sagte die alte Frau im Zelt. Ihr Rücken war gebeugt, ihre Nase lang und ihre Haare grau. >Die gäbe sicher eine gute Hexe ab<, dachte Kaba. >> Woher kennst du meinen Namen?<< fragte der Junge überrascht.>>Ich weiß alles über dich Kaba, deine Vergangenheit, deine Gegenwart und deine Zukunft. Ich weiß auch über deine Träume und ihre Bedeutung.<< >>Erzählt es mir, oh weise Hexe!<< sagte er mit einem sarkastischen Unterton in seiner Stimme. >>Wenn ich es dir erzählen würde, hätten diese Träume keine Bedeutung mehr! Du musst schon selber herausfinden, wer du bist! Dabei kann die niemand helfen.<< entgegnete die Hexe. Kaba verlies niedergeschlagen das Zelt der Hexe. Woher wusste sie überhaupt von alledem? fragte er sich und drehte um, um sie zu fragen. Das Zelt war leer.
In dieser Nacht, hatte Kaba einen neuen Traum; Er stand, völlig verwirrt und geblendet von einem ungewohnt hellen Licht, vor einem kleinem Lager mit einem Lagerfeuer in der Mitte. Es war Mitternacht und draußen stürmte es, aber er befand sich in einer Art Höhle. Alle Leute im Lager sahen ihn völlig verängstigt an. Als er auf sie zuging, schreckten sie alle zurück. Ein Mann mit ungepflegtem, zerzaustem Bart und einem brennenden Holzstück in der Hand stürmte auf Kaba zu schlug ihm mit dem Holz ins Gesicht. Kaba biss, ohne es zu wollen oder kontrollieren zu können, nach dem Mann und erwischte ihn am Arm…
Mit einem Schrei erwachte Kaba auch aus diesem Traum.
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Raven Tail
FantasyDer junge Kaba macht sich gemeinsam mit seiner etwas merkwürdigen Freundin Kazue auf in ein Abenteuer um die Bedeutung seiner geheimnisvollen Träume zu ergründen und den Mörder seiner Eltern zu richten. Auf ihrer Reise durch die Welt trifft das ungl...