<< 8 >> das Einzeltraining

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" Ah, da ist sie ja. Kira, wir haben über deinen Anzug für die Arena geredet.", fing Cornelia an zu erzählen ."Ja, hast du noch irgendwelche Wünsche? Noch ist er nicht ganz fertig.", bemerkte Benice. Ich zögerte. Dann holte ich einen silbernen Broschen aus der Tasche meines Trainingsanzugs. Darauf war das Wappen unseres Distrikts abgebildet. Für mich war es so etwas ähnliches wie ein Glücksbringer. " Könntest du das hier irgendwie reinschmuggeln? "
Mein Stylist begutachtete den schimmernden Gegenstand kurz, bevor er nickte. " Natürlich. Das sollte ich hinbekommen. " Ich überreichte ihm den Broschen und setzte mich auf meinen Lieblingsplatz. " Wo ist denn eigentlich Jonas? ", fragte mich unsere Mentorin. " Der müsste auch gleich kommen. ", gab ich ihr die Antwort. Ich deutete ihr kurz mit mir zu kommen. Im nächsten Raum angelangt, berichtete ich ihr, was mein Plan für das bevorstehende Einzeltraining war. Sie hörte die ganze Zeit über interessiert zu. " Das ist genial. Damit müsstest du allen in Erinnerung bleiben." Ich konnte nur hoffen, dass es so war.

" Fancy, Distrikt 8.", verkündete die männliche Stimme aus dem Lautsprecher. So langsam bekam ich Zweifel an meinem Plan und ein mulmiges Gefühl stieg in mir auf. Ungefähr zehn Minuten später war Jonas an der Reihe. " Viel Glück. ", flüsterte ich. Die Stille in dem kleinen Raum, in dem alle Tribute auf ihr Einzeltraining warteten, war unerträglich. " Kira, Distrikt 9."
Ich setzte mich langsam in Bewegung. Die Tür vor mir ging auf. An den zwei Enden des Raumes standen Friedenswächter. Die Spielemacher saßen abgeschirmt auf einem hohen Podest. Als ich in der Mitte des Raumes angekommen war, sprach einer von diesen zu mir. " Du hast zehn Minuten Zeit, uns deine besondere Fähigkeit zu präsentieren. Wenn man deiner Mentorin Glauben schenken will, muss es etwas Besonderes sein. " Ich blickte um mich. Hier gab es alles mögliche. Stoffpupen, Bögen, Messer und andere Waffen. Auch ein Tisch mit vielen Materialien für eine Falle oder ähnliches befand sich dort. Denk an deinen Plan!, erinnerte ich mich selbst. Neben mir stand eines der Avoxmädchen. Ich stellte drei Puppen in ein paar Meter Entfernung und legte zwei Speere bereit. " Kannst du mit Waffen umgehen?" Das Mädchen schüttelte den Kopf. Natürlich nicht. Die Spielemacher beobachteten mich gespannt. " Also, ", fing ich laut an zu reden. " Schau mir in die Augen. Konzentriere dich auf mich. Du spürst wie deine Glieder immer schwerer werden. Lass dich fallen. Dir kann nichts passieren. Der Schlaf überkommt dich. " Das Avoxmädchen befolgte meine Anweisungen und befand sich schon bald unter Hypnose. Ich erzählte ihr , dass vor ihr ein paar Speere liegen und sagte ihr leise, was sie tun sollte. "Die Zeit des Schlafes ist vorbei. Du spürst, wie Leben durch deinen Körper fließt. Du bist wieder vollkommen wach.", endete ich. Das Mädchen schlug die Augen auf und sah sich um. Dann schritt sie auf die Waffen zu. Die ' Zuschauer ' wirkten immernoch gespannt. Doch was dann passierte, war nicht geplant.

Das Avoxmädchen nahm sich einen Speer. Aber anstatt ihn auf die Ziele zu werfen. Stieß sie ihn sich in den Bauch. Sie sank zu Boden und blieb dort reglos liegen. Ich sah, dass der Fußboden langsam voll mit Blut war. Sie hatte sich selbst umgebracht! Und ich war daran Schuld! Ich versuchte meine Erschrockenheit zu verbergen und zu lächeln. Es sah so aus, als ob alles nach Plan verlaufen wäre. Danach schnappte ich mir noch den übrigen Speer und traf tatsächlich ins Schwarze. Ich verbäugte mich vor den Spielemachern, die sehr beeindruckt wirkten und schritt auf wackeligen Beinen zum Ausgang.

Auf dem Weg zum Fahrstuhl überkam mich ein ungewohntes Gefühl. Ich hatte gerade jemanden indirekt getötet! Erst jetzt realisierte ich, was vorhin geschehen war. Meine Hand bildete eine Faust. Das war nicht länger ich! Das Kapitol veränderte jeden hier zu Killermaschienen. Das konnte doch nicht wahr sein.

Pov. Jonas

Mit meiner Leistung war ich eigentlich sehr zufrieden. Ich hatte etwas geschleimt. Das gab ich natürlich zu. Aber was sollte ich denn bitte anderes tun? Ich hatte ungefähr zehn Ziele mit dem Speer abgeschossen. Jedes mit einem anderen Modell. Das letzte hatte ich verschont und mit roter Farbe ' Präsident Snow ' darauf geschrieben. Das alles erzählte ich unserem ganzen Team. Ich war wirklich gespannt, wie viele Punkte ich dafür bekommen würde. Doch noch gespannter war ich darauf, was Kira gemacht hatte. Sie hatte nur Desperia eingeweiht. Doch diese hüllte sich in Schweigen.

Gerade kam meine Mittributin in das Zimmer. Sie sah gar nicht gut aus. Sie hatte die Augen weit aufgerissen und zitterte am ganzen Körper. "Kleines, hat es nicht funktioniert?", fragte Cornelia besorgt. Nachdem Kira sich zu uns gesetzt hatte, nahm ich sie in den Arm. So lange, bis sie sich einigermaßen beruhigt hatte. " Erzähl mal. Ist was schief gegangen? ",war Desperias Frage. Unser Stylist schaute nur beunruhigt zwischen uns hin und her. "Ja, es ist alles daneben gegangen. Sie sollte doch nur einen verdammten Speer werfen...", fing sie leise an zu erzählen. " Jetzt ist dieses Avoxmädchen tot. "
"Was ist passiert? Was hat sie gemacht?" Desperia versuchte Klarheit zu schaffen. " Sie... S-sie hat den Speer genommen und sich umgebracht. Und i-ich bin daran schuld. ",stotterte sie. Und ich konnte sie so gut verstehen. Das Gefühl jemanden ' umgebracht 'zu haben musste echt schlimm sein. " Das ist doch gar nicht so schlimm. Wenn du das in den Spielen genauso machst, ist das doch genial. ",versuchte unsere Eskorte sie weiterhin zu beruhigen. "Jetzt kommt es nur noch auf die Punkte an.", murmelte unsere Mentorin vor sich hin.

Tribute von Panem - Die 60. HungerspieleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt