"Mamma!" "Ja ich weiß, Biscotto. Aber ich finde meinen blöden Bikini nicht!" "Mamma! Beeil dich! Der Flieger wartet nicht extra auf dich! Und dein neuer Chef schon gar nicht!" "Da!" ruft meine Mutter triumphierend und zieht einen sehr knappen goldenen Bikini aus einer dunklen Kiste. "Va bene, wir können.(Okay)"
Im Laufen zog ich meine abgewetzte Ledertasche keuchend hinter mir her, während der Taxifahrer unsere Taschen und Koffer immer noch aus dem Taxi zog und Mamma half, sie abzugeben. Zum Dank grinste Mamma einmal verführerisch und stöckelte dann zu mir. Ich packte sie an der Hand, reichte der Stewardess unsere Karten und wir rannten ins Flugzeug wo wir uns in die Sitze fallen liesen. Schnaufend schaute ich nach rechts, wo ein ziemlich hübscher Junge am Schlafen war. Er hatte gebräunte Haut, volle Lippen und blond braune Wuschelhaare. Den Körper konnte man unter den Klamotten natürlich nicht genau definieren aber er war eindeutig gut gebaut. Müde lies ich mich zurück in den Sessel fallen und betrachtete gelangweilt meine langen Fingernägel. Meine Mutter hatte sie mir gestern in weiß gestrichen, so dass sie einen schönen Kontrast zu meiner gebräunten Haut an den langen Fingern bildete. Zärtlich strich ich über den kleinen tätowierten Vogel an der Innenseite meines Handgelenks. Mein Vater. Er hatte meine Mutter aus unbegründeten Gründen verlassen, aber meinte, es sei zu ihrem und meinem Besten. Ich war damals sieben Jahre alt gewesen, aber ich hatte meinen Vater geliebt. Er hatte mir das Fußball spielen beigebracht. Wenn wir spätnachmittags in den trockenen Ländern in Italien den Ball durch die Gegend schossen, bis er sich jedesmal im trockenem Gestrüpp verhing, dass wir als Tor benutzten, dann war ich glücklich. Und wenn wir dann mit verdreckten Gesichtern und zerkratzten Knien in unser weißes Haus in der Pampa zurückkehrten, wartete Mamma mit Salzbroten oder Spaghetti. Das waren schöne Tage. Meine Mamma hatte geputzt, bis sie von einer Agentur in New York einen Job angeboten bekam. Als Sekretärin. Und deshalb mussten wir Italien nun verlassen und waren auf den Weg nach Amerika in die US Staaten. Die können sich schon mal auf mich und Mamma gefasst machen. Seid bereit, Amerikaner! Die Vanzettis gehen auf Raubzug!
"Hey. Aufwachen. Wir landen gleich." meint eine dunkle Stimme und jemand rüttelt an meinem Arm. Müde reibe ich mir die Augen und suche meinen persönlichen Wecker. Es ist der Kerl der neben mir gesessen hat. "Danke. Oder auch nicht." gähne ich und strecke mich. Dann spähe ich zu meiner Mamma rüber, die ebenfalls schläft. "Wie heißt du?" frage ich den Typ dann. "Rider." "Camilla" lächle ich mal freundlich. "Wo wollt ihr hin?" fragt er und deutet auf mich und meine Mum. "New York. Isn Jobangebot. Du?" Er grinst breit:"Auch. Isn Jobangebot." Er ahmt mich nach. Ich strecke ihm die Zunge raus, strecke mich kurz und ziehe mein weites schwarzes T-Shirt zurecht. Ich merke, dass er mich beobachtet." "Ehi, bello (hübscher) ich weiß dass ich gut aussehe." Er grinst anzüglich und meint: "Meinen Glückwunsch." Ich lächle und in diesem Moment kommt eine Durchsage vom Cockpit. Wir sollen uns anschnallen, der Flieger würde gleich landen. Ich rüttle meine Mutter grob an der Schulter, bis sie, mindestens 7 Ewigkeiten später müde die Augen aufschlägt. "Oh Biscotto, wir sind bald da. Los wach auf!" Augenverdrehend knurre ich gespielt: "Mamma? Buon giorno (guten Morgen) ich bin vor dir wach gewesen." "Jaja rede es dir nur ein." Sie rappelt sich hoch um wieder Haltung einzunehmen. "Ah ja, bella Italia." Meint dieser Rider. Wir landen. Als ich aufspringe um endlich aus diesem Flugzeug zu kommen grinse ich dem Kerl noch verführerisch zu:"nicht nur la Italia ist bella (schön) Schätzchen." Ich kreise mit den Hüften und auf seinen Starrblick hin, lache ich auf und steige, die fette Ledertasche hinter mir her ziehend, aus dem Flugzeug. New York!
"Öhm...sekunde..."murmelt meine Mutter dem Taxifahrer undeutlich zu, der sie anglotzt, wie das 8. Weltwunder. Okay ich erzähle die ganze Zeit dass alle meine Mamma schön finden, sage aber nie, wie sie aussieht. Das wird jetzt nachgeholt: Also sie ist knappe 1.75 groß, sehr schlank und braungebrannt (italien eben) hat aber auch ziemlich schöne und große Rundungen. Die schwarzen brustlangen glatten Haare umrahmen ein Medien Gesicht: Große schwarze Augen, schmale Nase und volle Lippen. Sie trägt meist weite bunte Kleider, die ihr luftig um den Körper schweben. Ich bin nicht so neidisch auf das Aussehen meiner Mutter, weil ich beinahe alle Schönheitsmerkmale habe, die sie auch hat. Ich bin nur etwas kleiner, ca 1.65, und habe schwarze Wellen, die mir bis zur Taille gehen. Und statt der Prinzessinennase habe ich eine typische Latino-Baby-Nase. Jop, richtig geraten, mein Babbo, mein Dad, war Lateinamerikaner.
In diesem Moment zieht meine Mutter triumphierend einen kleinen zerknitterten Zettel aus den Tiefen der Tasche, streicht ihn notdürftig glatt und reicht ihn dem Taxifahrer. Auf dem Zettel steht unsere neue Adresse. Doch weil die Fahrt bei New Yorks Verkehr eine Weile dauern kann, ziehe ich Dennis, meinen allerallerliebsten Teddy, der nur noch ein Knopfauge besitzt, aus meiner Ledertasche und ziehe die Knie an. Müde (ja, ich weiß, ich hab den Flug verpennt und will schon wieder schlafen?! Zeitumstellung vielleicht...?) Lehne ich meine Wange an die kühle Fensterscheibe und kurz darauf bin ich auch schon weggedöst."Biscottino?" Von irgendwo her klingt die sanfte Stimme meiner Mamma auf mich ein. "Biscottino" Sie hat eine wirklich schöne sanfte Stimme, aber ich lasse meine Augen trotzdem geschlossen.
"Camilla Malea Vanzetti! Sperr die Augen auf und schwing deinen Hinter aus dem Taxi! ADESSO! (Jetzt)" Oh. Doch nicht sanft und wunderschön. Müde öffne ich die Augen und strecke mich ausgiebig. Dann werde ich auch schon aus dem Taxi gezerrt. Ich stolpere auf den Asphalt und hätte beinahe sehr unelegant den Boden geknutscht, wäre ich nicht auf meiner Ledertasche gelandet. "Währenddessen ging meine Mamma anmutig zum Taxi zurück um zu bezahlen. Und aufgepasst! Genau da liegt der Unterschied zwischen uns. Während sie elegant durchs Leben schreitet, stolpere ich die halbe Zeit, finde die auswegslosesten Situationen, mit denen ich mich dann zurecht finden muss odere stolpere in Fettnäpfchen. Nur auf den Mund bin ich nicht gefallen. Äh...also... zu wörtlich genommen schon, aber ich glaube ihr wisst, was ich meine. Ich reise mein Maul gewaltig auf. Ich nehme kein Blatt vor den Mund.
Und manchmal rege ich mich furchtbar schnell auf.Erst jetzt nahm ich mir die Zeit, anzuschauen, wo wir gelandet waren. Es war ein schlichtes großes Haus mit vielen Stockwerken. Der hellgraue Putz rieselte schon von den Kanten und eine der unteren Fensterscheiben war eingebrochen. Alle Fenster waren staubig und der Garten war vertrocknet und von Unkraut überwuchert. Hinter mir hörte ich, wie das Taxi mit quitschenden Reifen losfuhr. Meine Mamma kam zu mir und folgte meinem Blick zu dem herruntergekommenem Haus. Ich hörte, dass sie seufzte und schließlich sagte: "unsere Wohnung ist im vierten Stock."
Müde lies ich mich ins Bett fallen, dass sich geräuschvoll nach unten bog. Ohne die abgenutzte Decke aus den Schränken zu beachten holte ich eine bunte Patchwork familien Decke hervor und kuschelte mich in den weichen Stoff. Die Decke hatte meinem Vater gehört. Ich schloss die Augen und versuchte nicht an die Spinnen an den Wänden oder die ekelhaften Ratten, die wir im Keller entdeckt hatten, zu denken. Mamma hatte uns noch Pizza Pomodori herbeigezaubert. Die Pizza war das einzig gute gewesen, dass mich hier in der neuen Heimat erwartet hatte. Ich habe mich nicht beklagt, da ich weiß, dass Mamma sich nicht mehr leisten konnte, aber diese Bruchbudenwohnung war viel schlimmer als erwartet. Ich hörte das Trippeln von kleinen Pfoten unter meinem Bett, ehe ich in einen unruhigen Schlaf sank. Italien, ich vermisse dich jetzt schon.
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So! Bis hier hin, danke fürs Lesen! Kommentieren oder Ideen wie ich es besser machen kann? Kleine RS-Fehler können vorkommen, da ich auf dem Handy schreibe.
Lüb euch
Bellybeen <3
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Spaghetti Bolognese
Teen FictionWas ist, wenn du deine Heimat verlässt, weil deine Mutter ein Jobangebot auf der anderen Seite der Welt erhält? Was ist, wenn das Jobangebot ein Fake war? Und wenn dann Tochter und Mutter in einem schrottreifen Camper durch ganz Amerika fahren und d...