Die Letzten Worte

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Wie versteinert stand er vor dem Denkarium und starrte in die Ferne. Dass, was er gerade gesehen hatte, schon fast selbst miterlebt hatte, brachte ihn merklich aus seiner Fassung. Seine Gedanken kreisten nur noch um eine Sache- und diese war: Snape retten!

Er hatte den Waffenstillstand Voldemorts mitbekommen, was sich jetzt als sehr nützlich erwies. Jetzt konnte er, ohne weitere Verluste zu erleiden, zu Snape zurück kehren und versuchen ihn zu retten. Wie konnte er nur dessen Leid einfach so übersehen? Oder besser gefragt: Wie konnte dieser sein Leid verstecken? Er fühlte sich durch die Taten seines Lehrers geschmeichelt, während ein winzigster Teil seines Herzes zerriss. Trotz all sein Leid hatte er ihn beschützt- und das nur, weil er in seine Mutter verliebt war! Damals... oder war er auch noch kurz vor Naginis Angriff in sie verliebt gewesen? Konnte man es eigentlich so lange aushalten? Wenn man seine am meisten geliebte Person tot vor sich liegen sieht- konnte man dann wirklich noch weiter leben? Die Antwort schoss ihm sofort durch den Kopf: „Ja,solange man ein Ziel hat!"

Wie von derTarantel gestochen rannte Harry aus dem Schloss, nahm direkten Kurs auf die peitschende Weide. Unweigerlich musste er an sein drittes Schuljahr denken. Snape hatte sie vor Remus beschützen wollen, als dieser zum Werwolf wurde. Damals dachte er, dass er es tat, weil er es musste- war Snape immerhin ihr Lehrer gewesen. Doch jetzt bildete sich ein anderer Gedanke. Zwar war das Wort „musste" immer noch dabei, aber der Grund war persönlicher. „Er hatte es ihr versprochen", dachte er nur, während er schon die peitschende Weide sah, „bitte lass ihn noch leben!" Er flehte Merlin an, dass der Tränkemeister noch lebte und wusste doch, dass er sich etwas vorspielte. Niemand konnte so etwas überleben, hatte Nagini bestimmt seine Hauptschlagader erwischt! Mit einem schnellen Satz war Harry unter dem Baum verschwunden und raste den Gang entlang.

Schwer keuchend stand er in dem Raum. Vor ihm lag sein Professor. Die Augen waren immer noch leicht geöffnet, zeigten schwarze Augen, die wie Glas aussahen. Die schwarzen Haare verdeckten die tödliche Bisswunde an seinem Hals. Schnell lief er zu ihm, schnappte sich den linken Arm und überprüfte den Puls. Da war nichts! Das durfte nicht sein, er musste doch leben! In seinen Augen sammelten sich schon die Tränen, welche er nicht zu unterdrücken versuchte. Sein Griff wurde immer lockerer, war bereit das Handgelenk los zu lassen. Doch dann hörte er es. Nur ganz leise, ganz schwach, aber er war vorhanden! Die Tränen traten ihm aus den Augen. Hatten sie sich wegen Trauer gesammelt, so zeigten sie sich wegen Glück. Würde Voldemort jetzt ganz Hogwarts zerstören, wäre es dem Schwarzhaarigen egal. Snape lebte noch- und das war das einzige was zählte. Er stand auf und mit einem Schwebezauber verließ er mit Snape die heulende Hütte. Der Weg zum Schloss erschien Harry auf einmal viel länger als gerade eben noch. Er durfte keine Zeit verlieren! Er musste sich beeilen.

Hektisch rannte er in die große Halle, suchte sofort die Umgebung nach Madam Pomfrey ab. Als sich ihre Blicke trafen, eilte diese sofort zu ihm. Anscheinend hatte sie seine Panik gesehen. „Harry, was... oh mein Merlin! Schnell, komm mit!" Kaum hatte sie den verletzten Severus gesehen, rannte sie fast in einen kleinen Raum, damit sie ungestört war. Harry ließ den Slytherin auf den kleinen Tisch fliegen undsetzte sich, fertig mit den Nerven, auf einen Stuhl. Er beobachtete ganz genau, was Poppy tat. Jede Bewegung prägte er sich ein.

„Harry...es...", fing sie an, stockte allerdings. Waren die grünen Augenvor kurzem noch mit Hoffnung versehen, so wurden sie jetzt mit bodenloser Trauer getränkt. Immer wenn ein Arzt oder Heiler so mit seinem Satz zögerte, war sein Patient tot oder er konnte nichts mehr machen. „Ich kann nichts für ihn tun, Harry." Mit diesen Wortenlegte sie dem Gryffindor eine Hand auf seine Schulter ehe sie den Raum verließ. Sie wusste, dass Harry noch bei dem bald toten Professor bleiben wollte und sie konnte es ihm nicht verübeln.

In Harrys inneren schien alles zu zerreißen. Er machte sich die übelsten Vorwürfe, schämte sich für seinen Vater. Er dachte immer sein Vater wäre ein Held gewesen. Ein mutiger, kluger junger Mann, der sich für seine Freunde einsetzte und Frieden wollte. Doch er hatte sich getäuscht. Seinen Vater konnte er mit Draco gleichsetzen, auch wenn das auch nur ein minimaler Vergleich war.

Ein hässliches Ächzen ließ den jungen Potter zusammenzucken und zu Snape schauen. Eben dessen Brustkorb hob und senkte sich plötzlich und ein husten ertönte im Raum. Träumte er etwa schon? Snape war doch so gut wie Tod, wie konnte er da dann noch einmal „zurückkehren"? Mit einem Satz stand er neben dem Tisch, schaute seinem Professor in die nun geschlossenen Augen. „P-professor?" Seine Stimme zitterte, hatte er doch so eine unendliche Angst, dass es nur ein Traum war. Doch wenn es ein Traum wäre... er möchte nie wiederaufwachen. Die Tränen rannen an seinen Wangen runter, war er doch überglücklich, dass dieser lebte. Eben jener konzentrierte sich nur auf das Atmen, fiel es ihm verdammt schwer. Eine weitere Träne rann Harry über die Wange, tropfte auf das blasse Gesicht des Tränkeprofessors.

Dieser riss durch die plötzliche Nässe seine Augen auf und fixierte den Gryffindor. Was würde er jetzt tun? Würde er ihn anfauchen, aus demZimmer werfen oder ignorieren? Alles war dem Jüngeren egal, warenalles eine Bestätigung, dass es seinem Gegenüber besser ging.

„Lily?",die brüchige Stimme des Schwarzhaarigen Mannes ertönte, war nicht mehr als ein Flüstern, „... hab ich e-es... geschafft?"Fassungslos starrten grüne Augen in schwarze. Was war jetzt Schrott? In seinem Blick hing Besorgnis, als er seinen Gegenüber musterte. Doch dann sah er es. Die schwarzen Augen waren immer noch glasig, wenn nicht sogar noch glasiger. Auch schienen sie ihn nicht ganz zu fixieren, sondern nur halbwegs. Wieder wurde sein Herz mit einem Dolch durchstoßen. Er konnte jetzt entweder die Wahrheit sagen oder Snape zumindest einen glücklichen Moment in seinem noch sehr kurzen Leben verschaffen.

„Ja, Severus, du hast es geschafft. Und Harry liebt dich deswegen aus ganzem Herzen", sprach er leise, sanft. Er log nicht, denn er liebte ihn wirklich; aber über sich zu reden und gleichzeitig zu tun als wäre man jemand anderes ist verwirrend. Er spürte immer noch die Tränen, die wie ein Bach über seine Wangen flossen. Seine Sicht verschwamm immer öfters, aber er wollte ihn noch sehen. Die Reaktion wollte er sehen.

Auf Snapes Gesicht breitete sich ein fröhliches, aus Herzen kommendes Lächeln aus. „Da-das... ist sch-ön. I-ch... habe ih-n auch... geliebt."Die Wörter kamen aus dem Herzen, dass wusste Harry. Nach den Worten schloss Severus wieder die Augen- und dieses Mal wusste Harry, dasser sie für immer geschlossen hatte. Heulend brach er zusammen, war einfach alles zu fiel für ihn. Ja, er hatte es geschafft, dass Snape seinen glücklichsten Moment hatte, seinen letzten. Das sah man an dem seeligen Lächeln des Schwarzhaarigen, dessen Brustkorb in sich fiel, sich nicht mehr bewegte. Harry entkam ein Schrei, der so mit Trauer, Verzweiflung und Verletztheit(1) getränkt war, dass sogar Voldemort Schuldgefühle bekommen hätte - hätte er ihn gehört.

Harry hatte einen Entschluss gefasst. Er würde seinen Geliebten rächen, würde Voldemort töten! Und danach... danach würde er Snape folgen- egalwohin.

Der letzte Satz Severus' hallte immer wieder in seinem Kopf wieder...

Da-das...ist sch-ön. I-ch... habe ih-n auch... geliebt."

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(1) Gibt es das Wort überhaupt owo?

*hinter derTür hervor schau*

Und wie wares?

... Ich glaube nicht, dass es nötig ist, aber... *Taschentücher verteil* ...sicher ist sicher^^

Der zweite - und letzte - Teil wird besser - versprochen :D

Wenn Kriege großes fordernWo Geschichten leben. Entdecke jetzt