how to lose in a TV-Show

3 - Augen wie Ozeane

Selbst nach 4 Jahren erkannte ich diese Augen, die mich einst in dieser besoffenen Nacht in ihren Bann zogen. Diese Augen, die mich seit der Nacht im Traum verfolgten. Blau wie ein klarer Sommerhimmel, tief wie das weite Meer.

Ich sah mich selbst in ihnen, jung und leichtsinnig. Ich sah alles, spürte alles, fühlte alles. Alles, was ich um jeden Preis vergessen wollte. Mich überkam dieses Gefühl als ich ihn morgens schlafen sah. Mein Kopf schmerzte wie damals und als ich mich erinnerte, wie ich die Tür schloss und mir meinen Weg nach Hause bahnte, lief mir eine Träne über die Wange.

Und doch vergaß ich ihn schnell, wie alle Kerle vor und nach ihm auch.

Er war mein alles für diese Nacht, doch blieb nichts mehr als die Erinnerung und einem dumpfen Schmerz an der Schläfe.

Ich vergaß ihn, so schnell wie ich ihm begegnete. Und doch hätte ich diese Augen unter tausenden erkannt.

Sie spielten diese Nacht ab wie einen Film, jedes Detail blieb ihnen erhalten und ab dem Moment wusste ich, dass er es nicht vergessen hatte.

Und er wusste es auch.

So schnell wie meine Euphorie kam, ging sie auch wieder und hinterließ Platz für Sorgen.

Ich hätte mir denken können, dass ich einem der Jungs nochmals begegnen werde, doch habe ich bei Gott nicht an dieses Szenario gedacht.

Und auf einmal wusste ich wieder, warum mein damaliges Ich ihn ohne eine Nachricht verließ: sein Glanz schwand am Morgen.

"Stephanie..", flüsterte er, kaum hörbar, doch brannten sich diese Worte schmerzlich in meine Haut. Er sprach sie mit Bedacht aus, wie die Zeile eines wunderschönen Gedichtes. Ein Singsang der Gefühle.

Ich machte kehrt und flüchtete, ganz zur Freude der Konkurrenz, in das nächste Badezimmer.

Das war es also, dieser Eine, der mich zum Bleiben bringen sollte. Doch er war nie mein Anker und wird es nie sein. Das wusste ich damals und das wusste ich heute.

Ich schloss die Tür zu, ein Glück war dies kein öffentliches Klo, wo fünf Kabinen nebeneinander stehen und die Nutzer im Gestank der Sitzbachbarn ersticken.

Ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass ich etliche Nachrichten gekommen hatte, über die Hälfte waren von Simon, logisch.

Entnervt öffnete ich die App und klickte auf den am wenigsten nervenden Menschen, meine gute Freundin Isobel. Drei Nachrichten stammten von ihr, ich las sie nur oberflächlich.

[18:37] Isobel: Steph Girl, wie lief es bis jetzt? Sind süße Typen dabei? Wenn ja bring mir einen mit haha. Am liebsten mit Sixpack und blauen Augen
[18:39] Isobel: ich brauche deine Meinung zu meinem Outfit für die Party nächste Woche. Schade das du nicht dabei sein kannst
[19:40] Isobel: PS: ich hab dich unendlich doll lieb <3333

Was interessierte mich eine blöde Party, wo eh nur besoffene Kerle versuchen einen abzuschleppen und ihre hundeähnlichen Zungen in deinem Mund versenken wollen.

Und doch wusste ich, wie sehr sich Isobel auf diese Feier freute, da ihr Langzeitschwarm Calvin dort sein würde. Calvin war ein 0815 Badboy, doch hatte er Qualitäten, von denen wir bis da an nichts wussten. Meine Mission seit langem war, die beiden zusammen zu bringen und möge man mir die Brüste abschneiden, wenn mir das nicht gelingen würde.

Ich wünschte ihr viel Spaß und versprach, ihr gleich morgen bei der Kleiderwahl zu helfen.

Mein Herz schlug mittlerweile wieder im Takt und auch meine Atmung hatte sich soweit normalisiert.

Vorsichtig öffnete ich die Tür und gesellte mich wieder zu den anderen, die mich nicht vermisst hatten und mir giftige Blicke zuworfen, aber auch damit war ich bestens vertraut. Ein scharfer Blick von mir und ihre Blicke schellten Richtung Boden.

Ich suchte den Raum nach blauen Augen ab und fand seine, natürlich hatte er mich längst entdeckt. Er schien mich erwartet zu haben. Plötzlich schob sich etwas in mein Blickfeld, Marija. Und sie schien nicht zum netten Quatschen gekommen zu sein.

"Ich habe deinen Namen zwar vergessen, aber dein merkwürdiges Verhalten gibt mir zu denken. Was machst du eigentlich hier, Miss Eiskalt?"

Ich schwieg. Warum war ich hier?

"Aus dem selben Grund wie du, ich möchte sein Herz erobern", log ich.

Ich brauchte sein Herz nicht zu erobern, er warf es mir vor die Füße und nun habe ich es ihm zurück zu geben, ohne es in tausend Teile zu zerbrechen.

Marija bemerkte meine Abwesenheit und ließ mich alleine.

Die Kamerateams zogen durch den Saal und ich, bedacht ihnen so weit es geht aus dem Weg zu sehen, schlich mich in sämtliche Fluchtwinkel des Raumes. Ich bemerke den großen Mann erst, als er direkt vor mir stand und ich seinen Duft einatmete.

"Steph, nach all den Jahren..", begann er seine Rede, doch ich schnitt ihm das Wort ab.

"Hör zu, es war ein Fehler. Damals sowie heute", ich sah ihm so fest in die Augen wie ich nur konnte. Doch er kniff mir in den Arm und deutete auf die sich nähernden Kameramänner.

"Wir sollten dieses Gespräch vielleicht verschieben". Ja, das fand ich allerdings auch.

"Hey ihr, ein wenig interessierter bitte. Fragt euch aus, wir brauchen noch Filmmaterial.", befahl uns einer der Männer.

Ich schwieg angestrengt, doch mein Gegenüber, der Profi in allen Lagen, fand schnell einen Anfang.

"Es freut mich, dass du hier bist Stephanie. Verzeih mir, aber ich habe die dumme Angewohnheit, noch dümmere Fragen zu stellen. Also Steph, was ist dein dreckigstes Geheimnis?".

Ich lächelte nervös und fing an zu schwitzen, das war ein wenig zu vertraut. Das Team würde es merken, die Zuschauer würden es merken.

"Das war nur ein Scherz, schmutzig wird es erst ab dem dritten Date", er grinste und zwinkerte mir zu.

"Schneidet das raus", fügte er hinzu und verließ mit schnellen Schritten den Raum. Die Männer starrten mich verständnislos an, doch ich zuckte nur die Schultern und machte mich ebenfalls auf den Weg in mein Zimmer.

Karolina saß in sich zusammengesackt auf ihrem Bett, sie schluchzte leise. Sollte ich hingehen oder nicht?
Ich war nie gut im Trösten gewesen.

"Willst du reden?", fragte ich sie und nahm langsam neben ihr Platz. Doch sie schüttelte nur den Kopf und mit einem Schulterzucken stand ich auf und ging.

Wenn ich eines nicht war, dann gesellig.