Entscheidung (Teil 1)

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 „Wird er's überstehen?" Colonel Sheppard hatte die letzten drei Stunden damit verbracht in den Isolationsraum hinunter zu starren, ohne auch ein einziges Wort zu sagen. „Ich weiß es nicht, das Medikament scheint zwar zu wirken, aber in seinem geschwächten Zustand ist es unmöglich zu sagen, ob er überleben wird." „Kann man da nicht irgendwie nachhelfen?" Er schien sich wirklich Sorgen zu machen, was, in Anbetracht dessen, dass es sich um einen Wraith handelte, schon ziemlich merkwürdig war. „Leider nein, wir können nur abwarten bis das Medikament seine volle Wirkung entfaltet hat. Dann können wir ihm intravenös Nahrung zuführen, aber das wird noch einige Stunden dauern." „Doktor Keller, Colonel Sheppard, gut, dass ich sie beide hier antreffe. Wie steht es um ihn?" Richard Woolsey betrat gerade die Krankenstation, die Tatsache, dass er sie beide sprechen wollte, verhieß nichts Gutes. Jennifer sah hinunter in den hohen Raum und blickte wie gebannt auf ihren Patienten, während sie antwortete. „Wir wissen nicht, ob er es schaffen wird. Obwohl das Medikament wirkt, ist er noch sehr schwach und vermutlich dauert es auch noch ein paar Stunden, bis wir ihm normale Nahrung zuführen können." Nun warf auch Woolsey einen Blick auf den Wraith, dessen Leben sie entweder beendet oder für immer verändert hatten. „Und wenn er überleben sollte?" „Wie meinen sie das, Doktor?" „Was haben sie mit ihm vor, für den Fall dass er es schafft? Sperren sie ihn für den Rest seines Lebens in einer Zelle ein?" Er sah Jennifer ein wenig geschockt an, als hätte sie etwas Falsches gesagt. „Das hängt ganz von ihm ab, aber ich denke es ist wohl selbstverständlich, dass wir keinen Wraith mit so viel Wissen über Atlantis frei herum laufen lassen können." Jetzt schaltete sich auch Colonel Sheppard ein. „Sie wissen schon, dass er ein sehr wichtiger Verbündeter sein könnte?" „Sowie eine potentielle Bedrohung. Es hat mich schon größte Mühe gekostet, das Komitee davon zu überzeugen dieses Experiment zu genehmigen." „Darüber wird sich Todd wohl nicht so sonderlich freuen." „Das mag zwar sein Colonel, aber der potentielle Nutzen ist zu groß, als dass wir darauf Rücksicht nehmen können. Wenn dieser Versuch gelingen sollte, was ich hoffe, dann hätten wir eine Option die Wraith ohne große Verluste zu besiegen, sollte er kooperieren. Und wenn nicht, haben wir noch immer einen lebenden, nicht so sehr gefährlichen Wraith, der uns Informationen über seine Art liefern kann. So oder so ein Gewinn." John machte kein sonderlich glückliches Gesicht, aber er widersprach Woolsey auch nicht.
„Und ich hatte schon Hoffnungen, dass er dabei draufgeht." „Ich weiß sie sind nicht wirklich ein großer Fan von Todd, aber er wird uns wohl noch eine ganze Weile Gesellschaft leisten." „Dann sorgen sie dafür, dass ich ihn niemals zu Gesicht bekomme, sonst kann ich für nichts garantieren." Die Aggression in Ronons Stimme war nicht zu überhören, er hasste die Wraith mehr als jeder andere, bei seiner Vergangenheit war das auch kein Wunder. „Er könnte noch immer ein sehr wichtiger Verbündeter sein, wenn er uns hilft dieses Medikament an die anderen Wraith zu verteilen, dann könnten sie sich nicht mehr an Menschen nähren." „Und was wenn er uns wieder hintergeht? Was wenn er bei der erstbesten Gelegenheit abhaut?" John versuchte zwar mit allen Mitteln, Ronon zu überzeugen, aber sonderlich erfolgreich war er dabei nicht. „Das wird er nicht, dafür werde ich sorgen." „Selbst wenn, nehmen wir mal an alles würde nach Plan laufen und die anderen Wraith würden sich nicht mehr nähren können, denken sie wirklich, dass die vom einen Tag auf den anderen freundlich werden? Was wenn sie die Menschen nicht mehr als Nahrung sehen, sondern sie zwingen für sie zu arbeiten? Das haben sie mal gesagt, John wissen sie noch? Und sie hatten absolut recht. Wenn sie sich jetzt schon mit den Wraith verbünden, anstatt einen Weg zu suchen sie ein für allemal auszulöschen, dann frage ich mich ernsthaft, was ich hier noch zu suchen habe." „Ronon, das ist doch nicht ihr Ernst oder?" Ronon sah John mit seinem Ausdruckslosen Blick an und blieb wie angewurzelt vor ihm stehen. „Wenn sie glauben, dass man einem Wraith vertrauen kann, dann ja, es ist mein Ernst." „Ich sage nicht, dass ich ihm vertraue. Er könnte nur ziemlich hilfreich sein. Außerdem hat er meinen Planeten gerettet, zwar indirekt, aber ohne seine ZPMs..." „Hätte das verdammte Basisschiff die Botschaft niemals aufgefangen und es wäre nie soweit gekommen! Der benutzt sie nur, sie alle! Aber anscheinend sind sie zu blind, um das zu erkennen!" Der Colonel hatte gar keine Chance mehr, ihm zu antworten, da war er schon im nächsten Gang verschwunden.
„Bitte sagen sie mir, dass es kein Fehler war." Die Kantine war wie leer gefegt, um drei Uhr morgens war das auch nicht verwunderlich. „Das war es nicht, John. Sie haben vollkommen richtig entschieden, es wäre unklug von uns gewesen, diese Gelegenheit nicht zu nutzen. Allein sein Wissen über die Wraith ist es wert, das Risiko einzugehen. Auch wenn ich zugeben muss, dass es beunruhigend ist ständig die Gegenwart eines Wraith zu fühlen." Teylas Stimme hatte etwas Beruhigendes an sich, aber wirklich beruhigen konnte es den Colonel nicht. „Hoffentlich haben sie recht. Ronon meinte sogar, dass er Atlantis verlassen würde, wenn wir mit Todd zusammenarbeiten." „In gewisser Weise kann ich ihn verstehen, die Wraith haben ihm alles genommen, das ihm etwas bedeutet hat und jetzt soll er einem von ihnen vertrauen." „Vermutlich wird es Todd genauso wenig gefallen, ich mein ich wäre schon etwas sauer, wenn man einfach so meine DNS auf den Kopf gestellt hätte." „Über was reden sie?" Rodneys Stimme hallte durch den sonst menschenleeren Raum. „Über unseren Gast, Gefangenen, oder was auch immer er jetzt ist. Wollen sie sich dazu setzen?" Ohne eine Antwort zu geben, setzte Rodney sich neben John. „Also ich weiß ja nicht wie es ihnen geht, aber ich finde es ziemlich seltsam, dass wir einem Wraith das Leben retten." „Das wäre nicht das erste Mal." „Für sie vielleicht. Sie sind ja auch zusammen mit Todd aus einem Genii-Gefängnis geflohen." „Wenn man es genau nimmt Rodney, haben sie ihn auch schon einmal gerettet." Rodney verschränkte seine Arme und blickte John wie ein besserwisserisches, kleines Kind, mit etwas schräg geneigtem Kopf an. „Wann soll das denn bitteschön gewesen sein?" „In diesem Klonlabor der Wraith. Wir haben ihn aus der Zelle geholt, also auch gerettet." „Das zählt nicht! Sie haben ihn da raus geholt, ich war nicht daran beteiligt." Teyla hörte sich die Diskussion stillschweigend an, wirkte aber dennoch etwas belustigt. „Ist ja auch egal, jedenfalls haben wir uns schon einige Male gegenseitig geholfen." „Gegenseitig? Er hat uns die meiste Zeit hinters Licht geführt und letztendlich hatte er mehr von unseren Deals, als wir!" „Aber nicht unbedingt bei dem Retro-Virus, oder? Ich mein er wäre fast selber drauf gegangen und hat ein Basisschiff verloren." „Das war doch kein Deal, er hat uns um Hilfe gebeten und wir hätten ihn samt seinem Schiff in die Luft gejagt, wenn die Schiffssysteme nicht verrückt gespielt hätten." „Ich denke im Großen und Ganzen kann man sagen, dass er uns immer etwas Wichtiges verschwiegen hat." Teyla hatte das Gespräch damit zu Ende gebracht, eine Zeit lang blieb es vollkommen still. „Denken sie Ronon würde Atlantis wirklich verlassen?" Johns Frage blieb einige Minuten unbeantwortet, jeder schien seinen eigenen Überlegungen nachzugehen. Teyla war schließlich die Einzige, die antwortete. „Ich bin nicht sicher, mir gegenüber hat er erwähnt, dass das Alles ihm ziemlich missfällt, aber ob er die Stadt wirklich verlassen würde..."

Stargate Atlantis - Die andere Seite der GalaxieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt