Capsulette Teil 3

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Ich ging im Zimmer auf und ab und blieb vor meinem Fenster stehen. Da kam mir eine grandiose Idee. Ich nahm meine Decke und zog den Bezug ab und knotete es an meine Tagesdecke. Ich band das nun als Fluchtleiter dienende Deckengewusel an mein Bett und schob es bis an mein Fenster. Von dort aus ließ ich die Deckenkette nach unten hängen. Es reichte bis 1,5 Meter über den Boden, eine Höhe, von der aus es sicher war auf die Füße zu springen. ,,Sammy!" rief meine Mutter erneut und für mich war das das Zeichen meinen Lederrucksack zu schnappen und mich an den Decken hinunterzuhängen. Als ich bei der Hälfte meiner Fluchtleiter ankam, konnte ich am Fenster meine Mutter sehen. ,,Nicht schon wieder Samantha! Du kannst doch nicht den ganzen Tag vor mir flüchten. Spätestens heute Abend beim Essen werden wir eh darüber reden müssen". Ich sprang von 3 Meter Höhe und landete wie eine Katze auf allen Vieren. In meiner Kindheit hatte ich Tage und Nächte in dem Wald, auf den Bäumen verbracht und dort hatte ich mir selbst beigebracht, wie ich am besten von den Bäumen abspringen konnte, ohne mich zu verletzen. ,,Ich weiß. Hab dich lieb Mama!", rief ich ihr zu, schnappte mein Fahrrad, welches noch von heute Morgen unter dem großen Baum vor unserem Haus stand und fuhr los. Wohin ich wollte wusste ich nicht, aber ganz weit weg von Zuhause, das war selbstverständlich. Auf dem Weg begegnete ich vielen bekannten Gesichtern, die mir mit großen Lächeln auf den Lippen zuwunken. Ich lächelte höflich zurück, aber eigentlich wollte ich keinem von denen wirklich begegnen. Ich hasste diesen Ort. Ich hasste diesen Ort so sehr. An einem der kleinen Supermärkte blieb ich stehen um mir einiges zu Essen und zu Trinken zu kaufen. Aus dem Kühlfach nahm ich eine 1,5 Liter Pflasche Pfirsischwasser und aus den Regalen nahm ich zwei Joghurtriegel und eine Packung Double-Chocolate-Cookies. An der Kasse bezahlte ich mit zwei Scheinen, packte alles in meinen Rucksack und fuhr wieder los. Endlich wusste ich, wohin ich wollte: in den Wald. An meinen Platz, unter meinem Baum, an dem ich seit über fünf Jahren nicht mehr war. Irgendetwas zog mich heute an den Ort aus meiner Kindheit. Den Ort, den ich seit meinem 12. Lebensjahr vermied, weil ich ihn als kindlich empfand.

Die MarionettenköniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt